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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0011
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- VI

allen Ländern Europas und in Nordamerika im Verkehr mit
Gelehrten und feinsinnigen Büchersammlern aller Nationen die
Interessen der Firma vertreten; und trotzdem ist er nie ein Ge-
schäftsmann im eigentlichen Sinne des Wortes geworden, er
war immer ein ausgesprochener Gelehrter von Bestimmung,
und er wäre sicher zu keiner anderen geschäftlichen Tätigkeit
berufen gewesen als zu der des Buchantiquars, die durch ihre
innere Struktur aufs Engste mit der des Gelehrten verbunden
ist Es war wohl auch ein besonderer Glückszufall für ihn, daß
sein Lehrherr, späterer Mitteilhaber und Freund Simon Leo-
pold Baer, selbst ein Autodidakt, ein Mann gewesen ist, der
stets durch seine außerordentlichen Kenntnisse auf allen Wis-
sensgebieten Fachgelehrte, mit denen er zusammentraf, in Stau-
nen setzte. Freilich war Sondheim auch nie ein ausgesprochener
zünftiger Fachgelehrter, sondern eher ein Polyhistor, geistig
verwandt dem jüngst verstorbenen Frankfurter Pädagogen Ju-
lius Ziehen, der stets eine aufrichtige Verehrung für ihn bezeugte
und oft, wenn seine eigenen unglaublich umfassenden Kennt-
nisse ihn im Stich ließen, Rats bei ihm erholte. Der weite
Blick, das Interesse für einen großen Bereich des wissenschaft-
lichen Lebens verleitete ihn jedoch keineswegs zu dilettantischer
Oberflächlichkeit, vielmehr zeugt seine Arbeitsweise von jener
peinlichen philologischen Akribie, wie sie immer von jedem
Antiquar als Vorbedingung zu einer erfolgreichen Tätigkeit
verlangt werden muß. Jeder seiner Studien gingen eine Un-
menge von Vorarbeiten voraus, von denen nur ein Extrakt in
die endgültige Fassung aufgenommen wurde. Das vorliegende
Sammelwerk, in dem seine Schriften in chronologischer Reihen-
folge vereinigt sind, zeigt, wie diese Nebenstudien oft später zu
umfangreichen Aufsätzen ausgearbeitet wurden.
Einer geborenen Gelehrtennatur wie Sondheim konnte die
geschäftliche Tätigkeit, wenn sie auch in der liebevollen Be-
arbeitung vieler schöner und interessanter Dinge bestand, nicht
genügen, und so hat er die Freizeit und besonders die Abend-
stunden ausgenutzt, um sich durch Lektüre in fast allen Wis-
sensgebieten weiter zu bilden, und auch zu selbständigen
Forschungen. Schon als Neunzehnjähriger begann er mit
schriftstellerischen Arbeiten, zunächst mit Rezensionen, lite-
rarischen Forschungen, wobei Goethe immer im Mittelpunkte
seiner Interessen stand und es ihm außerdem besonders am Her-
zen lag, eine Annäherung seines Vaterlandes Deutschland und sei-
nes Geburtslandes Frankreich durch unparteiische Würdigung
ihrer nationalen Literaturen herbeizuführen, ferner mit folk-
loristischen Studien und auch mit kleinen Erzählungen, die in
den Fliegenden Blättern erschienen. Bald jedoch verlegte er
das Schwergewicht seiner wissenschaftlichen Arbeit auf die Ge-
biete, die mehr mit seiner Berufstätigkeit verknüpft waren, die
Buchkunde und die Geschichte der Bibliophilie. Besondere Liebe
 
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