Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0369
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3% —

Seitenleisten verwendet, während Baff Murner überall, wo es
der Raum gestattet, die Blätter ganz umrahmt und geschlossene
ornamentierte Flächen schafft, wie wir sie aus den Büchern
eines Pigouchet, eines Du Pre, eines Pierre Le Rouge, eines An-
toine Verard in Paris kennend) Seine Umrahmungen, Ranken-
werk zum Teil mit Tiergestalten, in den breiten Leisten auch
mit Menschen belebt, sind grobe Nachahmungen französischen
Buchschmuckes. Er verwendet sie gleichmäßig in der Schel-
menzunft und in der S c h i ff a r t, nur die breitere Bordüre
auf Bk B4 der Schiffart kommt in der Schelmenzunft
nicht vor. Die schmalen Leisten sind stark abgenutzt, ihre
Lucken füllt er mit Buchstaben aus, M, N, MA, das vielleicht
zu Maria ergänzt werden kann. Der leere Raum am Schlüsse der
Einleitung enthält die Buchstaben BM, was wohl Batt Murner
bedeuten soll. Das Wort „Schiffart'* auf dem Titelblatt ist in
Holz geschnitten.
Unter den Bildern ragt das Marienbild auf Bl. B1 durch
künstlerischen Wert hervor. Es ist die gegenseitige Kopie eines
Kupferstichs von Israel von Meckenem, der selbst eine Kopie
der Madonna auf der Schlange des Meisters ES ist.*) Der
Holzschnitt ist unten verstümmelt, von der Schlange ist links
nur noch der obere Teil des Kopfes und rechts das Schwanz,-
ende geblieben. Ein Abdruck des unversehrten Holzstockes
(111:76 mm) befindet sich in Thomas Murners Ärma pa-
tientie von 1511. Die vier andern Holzschnitte der Schiff-
fart sind Originale. Sie sind von derselben Hand, die alle
übrigen Drucke Batt Murners mit Bildern geschmückt hat.
An einer andern Stelle habe ich nachgewiesen, daß alle
diese Zeichnungen von Thomas Murner herrührcn.s) Aus-
gehend von einer stilkritischen Untersuchung der Federzeich-
nungen, mit denen Thomas seine ungedruckt gebliebene Ueber-
setzung der Enneaden des Sabellicus verziert hat, habe ich ge-
zeigt, daß alle bei Batt Murner erschienenen Schriften des
Thomas, ebenso wie die Badenfart 1514, die Mülle von
Schwyndelsheym 1515, die Gäuchmatt 1519 und der
Lutherische Narr 1522 von Thomas selbst illustriert sind.
Auch die Originalholzschnitte der Schiffart gehören zu die-
ser Gruppe, auch sie zeigen alle Merkmale, die für die Ar-
beiten Thomas Murners charakteristisch sind. Sie lehnen sich
*) Gutes Vergleichsmaterial bei Claudin 1. c.
2) Max Geisberg, Verzeichnis der Kupferstiche Israhels von Meckenem.
Straßburg 1905. Noi 165. — Max Lehrs, Geschichte des Kupferstidis des 15.
Jahrh. Wien 1912. Bd. 11 S. 132, 71 d.
s) M. Sondheim, Thomas Murner als Illustrator. (Frankfurter Bücherfreund
Bd. IX 1911, S. 78 ff. und Bd. X 1912, S. 307 ff.) Vgl. S. 313 ff. — Thomas Murner,
Ambrosius Holbein und der Monogrammist C A. (Ebenda Bd. XII S. 316 ff.) Vgl.
S. 323 f. — Dazu Paul Merker in der Einleitung zu Murners Von dem großen
Lutherisdien Narren (Th. Murners Schriften hrsg. von Franz Schultz. Bd. IX),
Straßburg 1918. S. 72 ff.
 
Annotationen