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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0370

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sich an keine Vorbilder an und lassen sich in keine uns be-
bekannte Werkstätte oder Schule einreihen. Thomas arbeitet
an der Hand des Textes nach eigener Phantasie, er komponiert
nicht nach künstlerischen Gesichtspunkten, er geht nur darauf
aus, unter Weglassung alles unnötigen Beiwerkes mit den ein-
fachsten Mitteln das Darzustellende zu skizzieren. Seine Ge-
stalten sind so groß ausgeführt, wie es der Raum gestattet, sie
sind untersetzt; Individualisierung der Köpfe, Ausdruck in den
Gesichtern fehlen gänzlich. Der allgemeine Eindruck ist der
eines naiven Dilettantismus, dem in seinen Grenzen ein ge-
wisses Talent nicht abzusprechen ist.
Der Titelholzschnitt zeigt einen Engel, der einen Menschen
vom Lande in ein Schiff zur Fahrt ins Himmelsreich aufnimmt.
Das Schiff nimmt die ganze Breite des Bildes ein, der Engel
füllt mit seinen Flügeln den ganzen oberen Teil aus. Das Land
ist nur mit wenigen Strichen angedeutet.
Auf dem zweiten Bilde kniet König David vor dem Herrn,
der in den Wolken erscheint. Seine Harfe liegt neben ihm auf
dem Boden. König und Harfe füllen den ganzen Vordergrund
aus. Im Hintergrund eine gebirgige Landschaft mit Gebäuden.
Hinter dem König ein Baum, der genau wie der Baum in der
Schelmenzunft Bl. B2 gezeichnet ist.
Auf dem dritten Holzschnitt die h. Barbara mit Turm und
Kelch neben einem an einen Baum gefesselten h. Märtyrer, der
ein h. Sebastian sein könnte, wenn nicht die Pfeile fehlten. Die
zwei Gestalten sind ohne Beiwerk nebeneinander aufgestellt
und füllen die ganze Fläche aus.
Für die beiden letzten Abschnitte ist zweimal derselbe
Holzschnitt verwendet. In einem Zimmer, das in der Zeich-
nung stark an Schelmenzunft Bl. a 3 erinnert, sitzt ein
Priester auf einem Sessel und legt segnend die Rechte auf das
Haupt eines vor ihm Krieenden. Durch die offene Tür sieht
man eine Kirche, deren Dach und Turm in derselben Weise
gezeichnet sind wie bei der Kirche in der Mühle von
Schwindelsheim Bl. a7. (Faksimiledruck Zwickau 1910).

Die Schiffart von dissem eilenden iamertal ist
die Reise von dieser Erde nach dem besseren lenseits. Das
Jammertal ist die vallis lacrimarum der Vulgata (Psalm 84,7.). ^)
Das Gedicht wendet sich an den gemeinen Mann und will ihm
eine Anleitung zu einem seligen Ende geben. Es besteht aus
452 Versen, die in eine Einleitung, fünf Abschnitte und ein
kurzes Schlußwort eingeteilt sind, und ist drei Quartbogen
stark. Das letzte Blatt ist weiß.
J Das Wort wird in Grimms Wörterbuch schon bei Hugo von Trimberg
22*
 
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