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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0041

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16

Ich schleuderte den Wagen gegen das Geländer; er flog
aber nicht in die Tiefe; zerschmettert fiel er auf das Pflaster.
Zwei Tage später wurde ich verkauft. . .
Das alte Pferd schwieg und senkte den Kopf. Drüben
wurde es lauf im Theater. — Die Menge kam brausend in
dichten Schaaren herunter, und flutete zu den breiten Thoren
hinaus. „Hochstraße 161" rief eine Stimme. Der Kutscher stieg
auf den Bock, und langsam trabte die Droschke in die kalte
Nacht hinein.

Sagen der Kadern.
Von dem Großen Fischflusse nordwärts längs der Küste
des Indischen Oceans und tief in das Innere Afrika's bis an
den Aequafor sich erstreckend, wohnt die große Völkerfamilie
der Bantu, von den Europäern gewöhnlich Kaffem genannt,
nach dem Vorbilde der Araber, die zuerst mit ihnen in Be-
rührung kamen und sie mit dem Ausdrucke Käfir (Anders-
gläubige) bezeichnefen. Ihre ursprünglichen Wohnsitze lagen
im Herzen Afrika's, und erst im Anfänge des 16. Jahrhunderts
unserer Zeitrechnung wurden sie durch die große Völker-
wanderung, die, von den Wajimba ausgehend, hundert Jahre
lang ganz Mitfelafrika in Verwirrung setzte, nach Süden ver-
schlagen. In Familiensfämme eingefheilf, ihre großen Heerden
vor sich herfreibend, drangen sie langsam, friedlich vor und
verdrängten die Hottentotten, die damals ganz Südafrika bis
zur Delagoa-Bav bewohnten B
Die Bantu-Familie umfaßt viele Stämme, die selbst wieder
in unzählige Clans zersplittert sind, und im Laufe der Jahr-
hunderte viele Eigenthürnhchkeifen in Lebensweise und Sitten
angenommen haben, die sie scharf von einander trennen; aber
unverwischbare Spuren ihres gemeinsamen Ursprunges haben
sich erhalten in der AehnÜchkeif ihrer physischen Beschaffen-
heit und der innigen Verwandtschaft ihrer Sprachen.
Am weitesten nach Süden vorgedrungen sind die Zulu und
die Xosa oder eigentlichen Kaffem, die, wie es scheint, am
frühesten ihre Heimafh im Norden verlassen haben. Wenig
Ackerbau treibend, von Viehzucht und Rauhzügen lebend, von
angeborener Abneigung gegen Wissen und Kunst, allen materi-
ellen Genüssen fröhnend, dabei von kräftiger Körperbildung
und guten Geistesanlagen, sind sie auf einer ungemein tiefen
Culturstufe geblieben, so daß sie mehr als andere Völker-
schaften dem Forscher der Urgeschichte der Menschheit rei-
ches Material hätten bieten können. Leider aber waren die
J Merensky, lieber die afrikanische Völkerwanderung des 16. Jahrhun-
derts. (Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. XVIII. 1. S. 67.)
 
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