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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0272

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244 —

Demnach wären als die ersten Drucke jene wenigen Exem-
plare zu betrachten, die ganz ohne Kupfer sind. Sie waren
offenbar schon versandt, als man mit dem Druck der Kupfer
begann. Zu ihnen sind auch die zwei Exemplare auf Pergament
zu zählen, welche van Praet beschreibt, darunter das Exem-
plar, *) welches Landino der Signoria überreichte, und das jetzt
in der Biblioteca Nazionale zu Florenz aufbewahrt wird. Diese
Pergamentexemplare, die sicher zu den ersten Drucken ge-
hören, enthalten keine Kupfer.2)
Ist unsere Annahme richtig, so ist die Hypothese beseitigt,
daß Botticellis Abreise von Florenz die Herstellung der Kupfer-
platten unterbrach. Denn als der Druck am 30. August 1481
beendet wurde, war Botticelli, wie aus E. Steinmanns neuesten
Forschungen hervorgeht, seit vielen Monaten in Rom, wo er
bis Ende 1482 blieb.s) Wir würden hiermit denjenigen einen
Beweisgrund liefern, welche die Ansicht vertreten, daß unsere
Kupfer nicht die von Vasari erwähnten Blätter sind und mit
den Botticellischen Zeichnungen des Berliner Kupferstich-
kabinets und der Vaticana eine nur auf das Typische sich be-
schränkende Aehnlichkeit haben. Die Richtigkeit der An-
nahme, daß der Verleger die Stiche zu schlecht fand und des-
halb sein Unternehmen aufgab, möchten wir ebenfalls bezwei-
feln. Die Illustrationen zu Dante sind nicht schlechter als die
zahlreichen anderen Kupfer desselben Florentiner Stechers,
und sie erfüllen vollständig ihren Zweck. Denn derartige Illu-
strationen wollten damals nicht im heutigen Sinne Buch-
schmuck sein, sondern belehren. In wenigen Strichen geben
unsere Kupfer den Inhalt eines Abschnittes, sie sind weniger
Kunstwerke als praktische Inhaltsverzeichnisse zum schnellen
Auffinden eines Gesanges. Und so bliebe denn allein die An-
nahme übrig, daß technische oder pecuniäre Gründe das be-
gonnene Werk vereitelt haben. Als erster hatte Nicolo di Lo-
renzo es unternommen, in Bücher Kupfer einzudrucken. Im
Jahre 1477 war ihm Bettinis Monte Sancto di Dio mit drei
Kupfern geglückt. Die große Aufgabe, die er sich nachträglich
im Dante gestellt hat, ist für seine Kräfte zu schwer gewesen.
Nikolaus von Frankfurt
In den Jahren 1473 bis 1524 lebte in Venedig ein Deutscher
Buchhändler und Drucker namens Nikolaus von Frankfurt
0 Catalogue des livres impr. s. velin de Ia Bibi, du Roi IV pag. 120.
-) Dieser Fall, daß ein Drucker ein fertiges Buch später mit Abbildungen ver-
sah, steht nicht vereinzelt da; H. Bradshaw hat nachgewiesen, daß Colard Mansion
in Brügge in den Boccaccio von 1476 nachträglich Kupferstiche eingeklebt hat.
Um Platz für sie zu gewinnen, druckte er die betreffenden Blätter um, indem
er den Text um soviel Zeilen kürzte, als es die Größe der Bilder erforderte.
Siehe S. Colvin, Le maltre des sujefs tires de Boccace (L'Art 1878 II p. 181).
s) E. Steinmann, Die Sixtinische Kapelle. Band I S. 368 ff.
 
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