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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0271

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Miniatoren geschmückt In einer Handschriftengruppe finden
wir vor jedem Gesänge einen freien Raum für Illustrationen,
der aber in den seltesten Fällen von Anfang bis zu Ende aus-
gefüllt wurde. Die ersten Seiten der drei Abtheilungen des
Gedichtes wurden gewöhnlich mit einem Rankenwerke und
einer figurirten Initiale verziert. „Für die Figuren, welche man
in diese Initialen hineinmalte, hatte man geradezu ein festes
Schema herausgebildet; das N des Inferno enthält fast stets
ein Bildnis Danfe's, am Schreibtisch sitzend oder mit der
Commedia in der Hand".*) Die gedruckten Danteausgaben
des fünfzehnten Jahrhunderts schließen sich eng an diese Vor-
bilder an. Auch in unserem Exemplar ist das von Volkmann
erwähnte Schema angewandt. In den nicht sehr großen Raum
für das N des ersten Verses des Inferno ist ein kleines Brust-
bild des Dichters gemalt. Nach links gewandt, in rothem
Kleide und rother Mütze liest Dante in einem Buche, das er
mit beiden Händen hält. Ein Rankenornament in Farben und
Gold läuft um den rechten Rand und den oberen Teil der
Seite. Für den Kupferstich zum ersten Gesänge ist auf dieser
Seife kein Raum gelassen und er ist auf dem unteren weißen
Rande abgedruckt worden. Hierdurch wird die Harmonie des
Flächenbildes in einer Weise gestört, wie man es kaum in
irgend einem andern Buche jener Periode findet. Man weiß,
mit welcher Sorgfalt in der Inkunabelnzeif, welche noch keine
Titelblätter kannte, die erste Textseite eingerichtet wurde. Ist
es denkbar, daß Nicolo di Lorenzo vergessen hätte, Raum für
das Kupfer des ersten Gesanges auf der ersten Seife zu lassen,
wenn er die Absicht gehabt hätte, ein Kupfer einzufügen?
Drängt sich nicht vielmehr der Gedanke auf, daß es beim Be-
ginn des Druckes noch gar nicht an das Anbringen von Kupfer-
stichen dachte und daß diese erst nachträglich hinzugefügt
worden sind? Die ganze Ausstattung des Buches weist auf
Handschriften zurück, und wie der kleine Raum auf der ersten
Texfseife für ein N mit Dantes Portrait in Handzeichnung be-
stimmt war, so sollten die größeren Flächen vor den späteren
Gesängen Miniaturen aufnehmen. Man darf dabei nicht an
künstlerische kleine Gemälde denken, sondern nur an ein-
fache Federzeichnungen, die vielleicht mit Wasserfarben leicht
ausgemalt wurden. Eine ganze Grupne von Handschriften, die
Volkmann anführt, ist mit solchen Zeichnungen in den ersten
Gesängen versehen, und ebenso führt Batines^) eine Anzahl
von Exemplaren unserer Ausgabe an, die einige Zeichnungen
enthaltend)

1) Volkmann 1. c S. 22.
2) Batines, BibliograRa Dantesca. I pag. 44 sqq.
3) Ein Exemplar, das in späterer Zeit Michelangelo von Anfang bis Ende
illustriert hatte, soll bei einem Schiifbruche untergegangen sein. Audiffredi 1. c.
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