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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0336

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506

die Bezeichnung „Ausgabe für Bibliophilen" einen schlimmen
Beigeschmack bekommen haben. Schon vor einem Jahr hat
daher die Gesellschaft der deutschen Bibliophilen
in ihrer Generalversammlung in Frankfurt a. M. einen energi-
schen Protest gegen die Spekulationen einiger Uebersetzer und
Verleger erhoben, die unter der Maske erheuchelter Biblio-
philie ihre schlechte und teure Ware an den Mann zu bringen
suchen. Ich glaube aber, daß der Herr Einsender weit übet
das Ziel schießt, wenn er annimmt, daß dieser Umstand im
allgemeinen, „die Bildungsstufe und geistige Nahrung der wohl-
habenden Klassen unseres Volkes berührt." Er scheint nicht
zu wissen, daß Deutschland mit jedem Jahre zahlreichere
Druckwerke erzeugt, die den Vergleich mit den von ihm ge-
rühmten englischen guten Privatpressen gestatten. Die große
Ausgabe des Nibelungenliedes mit den Illustrationen von Satt-
ler, die unsere Reichsdruckerei herausgegeben hat, darf sich
getrost neben dem großen Chaucer der Kelmscott-Presse sehen
lassen. Neudrucke wertvoller Literatur-Denkmale, wie der
„Simplicissimus" des Grimmelshausen, Bürgers „Münchhausen",
der „römische Karneval" von Goethe, finden zu teuren Preisen
bei uns ein großes Publikum. Die Faustausgabe, die in England
herauskam und die der Herr Einsender für uns demütigend fin-
det, ist zum großen Teil nach Deutschland verkauft worden.
Schreiber dieses weiß von zwei Exemplaren allein in seinem
Bekanntenkreise in Frankfurt, und sicherlich dürften noch mehr
Exemplare nach unserer Stadt gekommen sein. Eine englische
Ausgabe des „Hamlet" zu 65 Mark respektive 255 Mark per
Exemplar würde auch bei uns bald vergriffen sein. Wenn ich
noch zum Schlüsse darauf hinweise, daß für Originalausgaben
unserer Klassiker von Jahr zu Jahr höhere Preise bezahlt
werden, so glaube ich, daß man mit dem Herrn Einsender die
Verbreitung schlechter Literatur in gewissen Kreisen beklagen,
dabei aber konstatieren muß, daß in den wohlhabenden Klassen
unseres Volkes eine große von Jahr zu Jahr sich vermehrende
Gemeinde existiert, die jene schmutzigen Dinge ignoriert und
eine schöne und gesunde Bibliophilie pflegt, die durchaus auf
der Höhe unserer heutigen Kultur steht.

Besprechung von
Wendland, Hans, Martin Schongauer als Kupfer-
stecher. Mit 32 Abbildungen. Berlin, Edmund Meyer, 1907.
— Die vorliegende Arbeit ist keine erschöpfende Monographie.
Sie beschäftigt sich nur mit der Chronologie und der Datierung
der Kupferstiche Schongauers und läßt alle anderen Fragen,
soweit sie nicht zur Lösung dieser Aufgabe beitragen, prinzi-
 
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