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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0243

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sehen ein Schriftstück aufsetzt. Auf dem Papier, das er be-
schreibt, steht: „B. Pinelli fece 1807'*.
Pinelh starb den 1. April 1835. In seinem Nachlasse fan-
den sich autobiographische Notizen mit dem Verse: „Pinelli
e morto, e la sua tomba e il mondo". Sein Leben beschrieben
F. Gerardi (Rom 1835), O. Raggi, u. C. Falconieri (Napoli 1835).

Fusf und Faust
In der „Frankfurter Zeitung" v. 12. ds. wird daran erinnert,
daß noch im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts eine der an-
gesehensten Berliner Zeitungen es sich bieten konnte, Fusf
für den Erfinder der Buchdruckerkunst zu halten. Der Tadel,
den Ihr Herr Korrespondent dieser Ignoranz erfheilt, ist nicht
ganz gerechtfertigt. Die Behauptung, Fust sei der Erfinder
der Typographie, wurde schon früh von seinen Nachkommen
verbreitet und fand noch in unserem Jahrhundert vielfach
Glauben. Im Jahre 1515 druckte der Enkel Fust's in Mainz
das „Breviarium historiae Francorum" des Trifhemius; in
der lateinischen Schlußschrift erklärt er, er sei ein Nach-
komme des Johannes Fusf, welcher die Druckerkunsf im
Jahre 1450 aus eigener Geisteskraft zu erdenken angefangen,
(qui imprimendi artem proprio ingenio exeogifare coepif anno
1450). Mitglieder der Familie Faust von Aschaffenburg
sorgten für Ausbildung dieser Legende, die man in Lersners
„Frankfurter Chronik" (1706) nachlesen kann. Den Original-
bericht, welchen Joh. Friedr. Faust „aus den Familienpapieren"
zusammengestellf, hat Wetter in seiner „Geschichte der Buch-
druckerkunsf" (1836) aus der Handschrift der Frankfurter
Sfadtbibliofhek abgedruckf. Als Goethe die Aufmerksam-
keit auf die Faustsage zurücklenkfe, wurde vielfach der
Zauberer Faust mit dem Drucker Fusf identificirt und die
Erfindung der geheimnißvollen Buchdruckerkunst durch Fust
für den Ursprung der Faustsage gehalten. K 1 i n g e r in „Fausts
Leben, Thafen und Höllenfahrt" (1791) schreibt diese Erfindung
„der Tradition folgend" seinem Helden zu. K. Rosenkranz
(„Geschichte der deutschen Poesie^' 1830 S. 426) nennt den
Mainzer Faust den Erfinder des Buchdrucks. „Das ist eben
der Faust, der die Buchdruckerei erfunden," sagt Heine („Ro-
mantische Schule" 1836 S. 101). Solche Beispiele ließen sich
noch zahlreich anführen. Daß die Spenersche Zeitung im Jahre
1823 ebensfalls dieser Ansicht huldigte, ist daher durchaus
nicht merkwürdig, wenn man den damaligen Stand der wissen-
schaftlichen Forschungen auf diesem Gebiete berücksichtigt.
 
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