Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0358

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
327 —

dessen Einzelheiten alle kristallklar vor seinem geistigen Auge
standen und dessen Nomenklatur mit tausenden von Namen
und Daten jederzeit seinem Gedächtnis zu Gebote stand. Dabei
eine natürliche, vom Herzen kommende und zum Herzen ge-
hende Liebenswürdigkeit; nie wurde er müde, sein bibliogra-
phisches Wissen den Forschern und Sammlern zur Verfügung
zu stellen, und manche Verbindung, die geschäftlich begonnen
hatte, wurde zu dauernder Freundschaft. Als es für ihn Abend
wurde, erlebte er das Glück, seine beiden Söhne, in denen der
Geist ihrer Väter fortlebt, als Gesellschafter in die Firma ein-
treten zu sehen, wo sie an dem Bau, den er auf ererbten Funda-
menten errichtet hat, mit frischen Kräften weiter arbeiten. 1911
feierte er in Jugendfrische sein 50jähriges Geschäftsjubiläum,
ganz im Stillen, wie es dem bescheidenen, jeder Eitelkeit baren
Manne entsprach. Damals wurde für ihn eine Plakette geprägt
mit seinem ausdrucksvollen Gelehrtenkopfe und einem Spruche
aus dem Buche des Predigers, der auf ihn wie auf keinen an-
deren paßt, dem Spruche: „Darum sah ich, daß nichts besseres
ist, denn daß ein Mensch fröhlich sei in seiner Arbeit, denn das
ist sein Teil." Ja wahrlich, meine Freunde, das ist sein Teil, und
wenn ihm auch als Erdgeborenen schwere Schicksalsschläge
nicht erspart geblieben sind, dieses Teil an irdischem Glück ist
ihm voll geworden. Sein ganzes Leben lang hat er gern getan
und freudig getan, was er tun mußte; er war fröhlich in seiner
Arbeit und das war sein Teil.
1915 trat er 70 Jahre alt aus der Firma aus, aber dies hat in
seinem Leben nichts geändert. Bis zu seinem letzten Tage
hat er für die Firma weiter gewirkt, ihr seine Liebe, sein
Wissen, seine Erfahrung und seine Arbeitskraft gewidmet. Da-
für und für Alles, was er in einem langen Leben, einem geseg-
neten und Segen bringenden Leben ihr getan, dankt ihm seine
Firma in dieser feierlichen, schmerzlichen Abschiedsstunde.
Was an dem Entschlafenen vergänglich war, geben wir der Erde
zurück, sein Geist lebt fort in dem Bücherhaus, das er gebaut
und das er beseelt hat.

Morgensterns malerische Wanderung auf
den Altkönig.
Der Maler Johann Friedrich Morgenstern (1777—1844) hat
in der Ebene bei Frankfurt und im Taunus Zeichnungen nach
der Natur ausgeführt und in Kupfer gestochen, die er 1803
in einem kleinen Buche abgedruckt hat, dem er den Titel gab:
Malerische Wanderung auf den Altkönig. Der von ihm verfaßte
Text beschreibt den bei der Wanderung zurückgelegten Weg
und erklärt die Kupfer in einer schlichten, von Frankfurter
 
Annotationen