Dcr böhmische Landtag 1790.
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dung ihres Ansehens und ihrcs Einflusses der Wiederkehr Josephinischer
Zeiten vorzubeugen. Selbstverständlich wurden die Landesausschüsse wie-
der in Wirksamkeit gesetzt und allgemeine ständische Versammlungen außer
den üblichen Postulatlandtagen abermals ausgeschrieben.
Als der böhmische Landtag am 20. März 1790 *) die alt-
gewohnten Räume zum erstenmale wieder betrat, konnte man aus dem
Andrange der Herren, Sitz und Stimme in der Versammlung zu erlan-
gen, aus den vielen Gesucheu um EinführuNg in den Landtag die gestei-
gerte Bedeutung des ständischen Jnslitutes ahnen, wie man auch aus dem
Tone der an den neuen Herrscher gerichteten Adresse den lange unter-
drückten Grimm und Haß gegen das, wie Viele zuversichtlich meinten, sür
immer gestürzte Shstem errieth. Nicht ein Wort der Trauer über den
Tod des Kaisers, nicht eine einzige Aeußerung, welche als Anerkennung
seiner Regierungsweise hätte gedeutet werden können, fand in der Adresse
Raum. Desto lauter sprach man von der Nothwendigkeit, Kaiser Leopold
die Beschwerden der Stände und des Landes zur schleunigen Abhilfe vor-
zulegen. Mit der Aufzählung, Sammlung und Redaction dieser Beschwer-
den beschäftigte sich der Landtag bis zum Schlusse der Sitzungen (29. Ja-
nuar 1791). Am ausführlichsten wurde natürlich das von Kaiser Joseph
verschobene Verhältniß zwischen Unterthanen und Grundherren behandelt,
die verhängnißvollen Folgen des „Robotpatentes" mit grellen Farben
ausgemalt. Es sei, so klagen die meisten Stände in der Sitzung vom
13. Juli, ihr Wirthschaftsbetrieb und dadurch auch ihre Steuersähigkeit
in eine gefährliche Stockung gerathen, indem die Unterthanen frech und
ungestraft sowohl die Naturalsrohnen wie die Reduction in Gelde ver-
weigern. Nicht genug daran, daß die Obrigkeiten, was ihnen gebührt,
nicht empsangen, müssen sie noch von ihrem Eigenthum an die Untertha-
nen abgeben. Dieselben, gestützt auf die Hofdecrete vom 19. nnd 29. März
1788, verlangen von den Grundherren das Saatkorn vorgestreckt, obgleich
sie selbst Ueberfluß daran Lesitzen. Jn dem Auftreten der Kreisämter
liege eine förmliche Aufforderung an die Bauern zur Widerspenstigkeit,
sie würden durch die zahllosen Fragen, welche bei Kreisbereisungen an sie
gestellt werdeu, gegen die Obrigkeiten mißtrauisch gemacht, würden von
den landesfürstlichen Beamten übermäßig zart behandelt, gingen beinahe
regelmäßig, wenn Klage gegen sie gesührt werde, straflos aus, was freilich
nicht wundern könne, da die Vorsteher der Kreisämter mit den Unterthanen
häufig versippt und befreundet seien. Der Bauer müsse durch die Regie-
rung belehrt werden, daß der Frohndienst für ihn Pflicht sei und die
Geldablösung einzig und allein von der Gnade der Obrigkeiten abhänge.
Auch von der Kanzel herab müsse öfter die ruhige Robotleistung als eine
*) Sitzungsprotokollc des böhmischen LandtageS 1790/l im ständischen Archive zu
Prag.
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dung ihres Ansehens und ihrcs Einflusses der Wiederkehr Josephinischer
Zeiten vorzubeugen. Selbstverständlich wurden die Landesausschüsse wie-
der in Wirksamkeit gesetzt und allgemeine ständische Versammlungen außer
den üblichen Postulatlandtagen abermals ausgeschrieben.
Als der böhmische Landtag am 20. März 1790 *) die alt-
gewohnten Räume zum erstenmale wieder betrat, konnte man aus dem
Andrange der Herren, Sitz und Stimme in der Versammlung zu erlan-
gen, aus den vielen Gesucheu um EinführuNg in den Landtag die gestei-
gerte Bedeutung des ständischen Jnslitutes ahnen, wie man auch aus dem
Tone der an den neuen Herrscher gerichteten Adresse den lange unter-
drückten Grimm und Haß gegen das, wie Viele zuversichtlich meinten, sür
immer gestürzte Shstem errieth. Nicht ein Wort der Trauer über den
Tod des Kaisers, nicht eine einzige Aeußerung, welche als Anerkennung
seiner Regierungsweise hätte gedeutet werden können, fand in der Adresse
Raum. Desto lauter sprach man von der Nothwendigkeit, Kaiser Leopold
die Beschwerden der Stände und des Landes zur schleunigen Abhilfe vor-
zulegen. Mit der Aufzählung, Sammlung und Redaction dieser Beschwer-
den beschäftigte sich der Landtag bis zum Schlusse der Sitzungen (29. Ja-
nuar 1791). Am ausführlichsten wurde natürlich das von Kaiser Joseph
verschobene Verhältniß zwischen Unterthanen und Grundherren behandelt,
die verhängnißvollen Folgen des „Robotpatentes" mit grellen Farben
ausgemalt. Es sei, so klagen die meisten Stände in der Sitzung vom
13. Juli, ihr Wirthschaftsbetrieb und dadurch auch ihre Steuersähigkeit
in eine gefährliche Stockung gerathen, indem die Unterthanen frech und
ungestraft sowohl die Naturalsrohnen wie die Reduction in Gelde ver-
weigern. Nicht genug daran, daß die Obrigkeiten, was ihnen gebührt,
nicht empsangen, müssen sie noch von ihrem Eigenthum an die Untertha-
nen abgeben. Dieselben, gestützt auf die Hofdecrete vom 19. nnd 29. März
1788, verlangen von den Grundherren das Saatkorn vorgestreckt, obgleich
sie selbst Ueberfluß daran Lesitzen. Jn dem Auftreten der Kreisämter
liege eine förmliche Aufforderung an die Bauern zur Widerspenstigkeit,
sie würden durch die zahllosen Fragen, welche bei Kreisbereisungen an sie
gestellt werdeu, gegen die Obrigkeiten mißtrauisch gemacht, würden von
den landesfürstlichen Beamten übermäßig zart behandelt, gingen beinahe
regelmäßig, wenn Klage gegen sie gesührt werde, straflos aus, was freilich
nicht wundern könne, da die Vorsteher der Kreisämter mit den Unterthanen
häufig versippt und befreundet seien. Der Bauer müsse durch die Regie-
rung belehrt werden, daß der Frohndienst für ihn Pflicht sei und die
Geldablösung einzig und allein von der Gnade der Obrigkeiten abhänge.
Auch von der Kanzel herab müsse öfter die ruhige Robotleistung als eine
*) Sitzungsprotokollc des böhmischen LandtageS 1790/l im ständischen Archive zu
Prag.