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Springer, Anton
Geschichte Österreichs seit dem Wiener Frieden 1809: in zwei Theilen (Band 1): Der Verfall des alten Reiches — Leipzig, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.29905#0036
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l. 2. Die Reaetion gcgen Josephs II Rcformen.

hLilige Christenpflicht gepredigt werden. Eine große Wirkung haben sich
aber die Stände von diesen Mitteln nicht versprochen, da sie gleichzeitig
verlangten, es möge eine größere Trnppenmasse in das Land gezogen, die
Frohndienste mit Militärgewalt erzwungen werden. Die Widerspenstigen
nnd Aufwiegler seien unter das Militür zn stecken, wo sie aber noth-
wendig so lange bleiben müßten, bis ihre Grundherren die Erlaubniß zu
ihrer Entlassung gegeben.

Die Nückkehr zn den alten Unterthansverhältnissen war wohl der
nächste nnd dringendste, aber keineswegs der einzige Wunsch der Stände.
Jn der Sitzung vom 27. Jnli wurde mit der Einsammlung der Beschwer-
den, wie sie die einzelnen Ständemitglieder vorbrachten, begonnen. Sie
sollten dnrch die Verhandlung gesichtet und dann im Namen des Landes-
ausschnsses von dem eigentlichen Geschäftsmanne der Stände, einem her-
abgekommenen Adelichen, Baron Macneven, in einer Denkschrift bearbeitet
werden. Da zeigte es sich, daß die Stände so ziemlich akle Gegenstände der Ber-
waltnng und Verfassung abgeändert wissen wollten. Jn einzelnen Pnnkten
begnügten sie sich mit der einfachen Wiederherstellnng der alten Zustände.
Die Zünfte, der Bierzwang und der Mühlzwang sollten wieder gelten,
das Schnlgeld und die weltlichen Schulaufseher aufhören. Sie verlangten
die Unterdrückung der kirchenfeindlichen Cchriften, die Wiederbelebnng der
geistlichen Censur nnd die Uebergabe der theologischen Anstalten an den
Episkopat. Da die Lehrer an den Volksschnlen wesentkich auf den Ertrag
des Schulgeldes angewiesen waren, eine Gehaltserhöhung derselben aus
dem obrigkeitlichen Säckel hätte fließen müssen, so wnrde nachträglich
(6. Nov.) der Bann vom Schulgelde genommen, desto eindringlicher aber
die Anstellung gntkatholischer Universitätslehrer und die Wiedergestattung
der znr Ehre Gottes bestandenen, vom Kaiser Joseph leider abgeschasften
Andachten, Wallfahrten n. s. w. empsohlen. Jm ständischen Jnteresse lag
ferner die Wiederherstellung der aufgehobenen Klöster. Die Stimmen der
geistlichen Bank hatten sich in bedenklichem Grade vermindert, in der
geistlichen Bank war aber die Liebe zum Alten nnd Hergebrachten, die
wahre Grnndlage einer gedeihlichen ständischen Wirksamkeit am krästigsten
vertreten. Wenn dafür nnd für das Verlangen, daß die geistlichen Güter
nicht mehr von der Regiernng-werwaltet würden, wektliche Motive mit-
sprachen, so zeigten doch die Stände in anderen Beziehungen, daß es
ihnen anch an rein kirchlichem Eiser keineswegs gebreche. Jn den Bera-
thnngen über das Toleranzpatent (Sitz. v. 19. Januar 1791) wurde eine
lange Reihe Josephinischer Verfügungeu als schimpstich und fnr die allein-
herrschende katholische Kirche bekeidigend dargestellt. Hierher gehörte die
Gemeinsamkeit der Friedhöfe mit den „Akatholiken", die Auslassung des
Namens Mariä und aller Heiligen in der Eidesforinek, der Gebrauch im
Auslande gedruckter protestantischer Gebetbücher, das Verbot, Juden im
unmündigen Alter zur Tauf^ zu zwingen und für jeden zum kathokischen
 
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