Der Friedcn von Adrianopel.
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Schwert gezogen, traten die freundschaftlichen Beziehungen der beiden nor-
dischen Höse, die Wasfenbrüderschaft zwischen der rnssischen und preußi-
schen Armee wieder in ihr Recht. So lange der Streit nnr Diplomaten
in Bewegnng setzte, durste der österreichische Staatskanzler seine AutoritäL
geltend machen; als aber die Entscheidung in die Hände der Soldaten
gelegt wurde, drängte sich die Shmpathie des Berliner Hofes für russisches
Wesen gewaltig vor. Wenn in Wien der beharrliche Widerstand Silistria's
Freude erregte, so jubelte man in.Berlin über den endlichen Fall Varna's;
übertrieb der österreichische Beobachter die Erfolge des türkischen Heeres,
so nahm die prenßische Staatszeitnng einseitig Partei sür die russischen
Wafsen. Die Verhältnisse lagen für Metternichs Pläne günstiger als in
srüheren Jahren, ließen sich aber dennoch nicht vollständig von ihm be-
herrschen. Jhm mußte zunächst Alles daran liegen, die griechische Frage
zu beseitigen, welche das Band zwischen Nußland und den Westmächten
bildete und die letzteren mit der Pforte entzweit hielt; dann aber galt es,
die vier Großmächte zu vereinigen, um den Frieden zu vermitteln, im
Nothfalle von Nußland zu erzwingen. Der gemeinsamen Einsprache der
Hauptmächte müsse sich, so hosste man, das Petersburger Cabinet wohl
fügen, die diplomatische Vermittlung würde genügen, ihre Unterstützung
durch Rüstungen, wozu sich Oesterreich nicht verstehen wollte, nicht ver-
stehen konnte, nickt verlangt werden. Da zeigte es sich aber deutlich,
wie schlimm die österreichische Regierung durch die bisher eingeschlagene
Politik die Jnteressen des eigenen Staates berathen hatte. Sie hatte sich
selbst um atlen Einfluß auf die Regelung der griechischen Angelegenheiten
gebracht, ihr Ansehen bei der Pforte, alles Vertrauen bei den Westmächten
verloren; die Jsolirung, in welche sie so gern Rußland gebracht hätte, wich
nicht von ihr, und von allen ihren Wünschen erreichte sie nur so viel, als
Vorsicht und Rücksicht auf die eigene Wohlfahrt den einzelnen Mächten gebot.
Rußland eröffnete den zweiten Feldzug zwar gteichfalls mit einem
lauernden Seitenblicke auf die erkalteten Bundesgenossen und die geheimen
Gegner in Europa, aber es eröffnete ihn dennoch und ficherte sich allein
dadurch der ubelberathenen und desorganisirten Pforte gegenüber den
Sieg. Was der russischen Armee 1828 nnter der persönlichen Führung
des Kaisers trotz seiner prächtigen Haltung zu Pferde nicht gelungen war,
den Balkan zu überschreiten, das vollführte sie jetzt nnter dem unansehn-
lichen, wie fast alle russischen Helden aus Deutschland stammenden
Diebitsch. Am 20. August standen die Russen in Adrianopel und jagten
dadurch der Pforte einen so gewaltigen Schrecken ein, daß sie auf jeden
ferneren Widerstand, so leicht ihr derselbe auch gewesen wäre, verzichtete,
die Vermittlung des von Rußland gewonnenen Generals Müffling
annahm, und am 14. September den Frieden schloß, welcher die Fürsten-
thümer Rußland wehrlos überlieferte, die Donaumündungen und den
Donauhandel von der nordischen Macht abhängig stellte.
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Schwert gezogen, traten die freundschaftlichen Beziehungen der beiden nor-
dischen Höse, die Wasfenbrüderschaft zwischen der rnssischen und preußi-
schen Armee wieder in ihr Recht. So lange der Streit nnr Diplomaten
in Bewegnng setzte, durste der österreichische Staatskanzler seine AutoritäL
geltend machen; als aber die Entscheidung in die Hände der Soldaten
gelegt wurde, drängte sich die Shmpathie des Berliner Hofes für russisches
Wesen gewaltig vor. Wenn in Wien der beharrliche Widerstand Silistria's
Freude erregte, so jubelte man in.Berlin über den endlichen Fall Varna's;
übertrieb der österreichische Beobachter die Erfolge des türkischen Heeres,
so nahm die prenßische Staatszeitnng einseitig Partei sür die russischen
Wafsen. Die Verhältnisse lagen für Metternichs Pläne günstiger als in
srüheren Jahren, ließen sich aber dennoch nicht vollständig von ihm be-
herrschen. Jhm mußte zunächst Alles daran liegen, die griechische Frage
zu beseitigen, welche das Band zwischen Nußland und den Westmächten
bildete und die letzteren mit der Pforte entzweit hielt; dann aber galt es,
die vier Großmächte zu vereinigen, um den Frieden zu vermitteln, im
Nothfalle von Nußland zu erzwingen. Der gemeinsamen Einsprache der
Hauptmächte müsse sich, so hosste man, das Petersburger Cabinet wohl
fügen, die diplomatische Vermittlung würde genügen, ihre Unterstützung
durch Rüstungen, wozu sich Oesterreich nicht verstehen wollte, nicht ver-
stehen konnte, nickt verlangt werden. Da zeigte es sich aber deutlich,
wie schlimm die österreichische Regierung durch die bisher eingeschlagene
Politik die Jnteressen des eigenen Staates berathen hatte. Sie hatte sich
selbst um atlen Einfluß auf die Regelung der griechischen Angelegenheiten
gebracht, ihr Ansehen bei der Pforte, alles Vertrauen bei den Westmächten
verloren; die Jsolirung, in welche sie so gern Rußland gebracht hätte, wich
nicht von ihr, und von allen ihren Wünschen erreichte sie nur so viel, als
Vorsicht und Rücksicht auf die eigene Wohlfahrt den einzelnen Mächten gebot.
Rußland eröffnete den zweiten Feldzug zwar gteichfalls mit einem
lauernden Seitenblicke auf die erkalteten Bundesgenossen und die geheimen
Gegner in Europa, aber es eröffnete ihn dennoch und ficherte sich allein
dadurch der ubelberathenen und desorganisirten Pforte gegenüber den
Sieg. Was der russischen Armee 1828 nnter der persönlichen Führung
des Kaisers trotz seiner prächtigen Haltung zu Pferde nicht gelungen war,
den Balkan zu überschreiten, das vollführte sie jetzt nnter dem unansehn-
lichen, wie fast alle russischen Helden aus Deutschland stammenden
Diebitsch. Am 20. August standen die Russen in Adrianopel und jagten
dadurch der Pforte einen so gewaltigen Schrecken ein, daß sie auf jeden
ferneren Widerstand, so leicht ihr derselbe auch gewesen wäre, verzichtete,
die Vermittlung des von Rußland gewonnenen Generals Müffling
annahm, und am 14. September den Frieden schloß, welcher die Fürsten-
thümer Rußland wehrlos überlieferte, die Donaumündungen und den
Donauhandel von der nordischen Macht abhängig stellte.