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II.

Das Juliusdenkmal.

ie Tragödie seines Lebens nannte Michelangelo das Julius-
denkmal. Er hatte seine Jugend an dem Werke verdorben
und fühlte es zuletzt nur als eine Kette, an welcher er
vierzig Jahre lang hatte schleppen müssen. Die entschei-
denden Wendungen in diesem Lebensdrama sind uns be-
kannt ; alle einzelnen Scenen aber zu erzählen, sind wir ausser Stande,
obschon ein beträchtliches Material zur Geschichte des Denkmales vor-
liegt. Ausser den leider weit zerslreuten Fragmenten des Werkes besitzen
wir noch die Urkunden mehrerer Verträge, welche Michelangelo zu
verschiedenen Zeiten über das Denkmal abgeschlossen. und, den Verträgen
einverleibt oder ihnen angehängt, Beschreibungen desselben. Eine andere
Schilderung des Grabmales lesen wir bei Condivi, und endlich haben
sich Wachsmodelle und mehrere Handzeichnungen, unter den letzteren
sogar ein Entwurf zur unteren Hälfte des Monuments (Florenz Br. 181)
erhalten. Diese Skizze freilich, um gleich mit der Kritik der Quellen,
aus welchen wir schöpfen, zu beginnen, darf keineswegs als eine eigen-
händige Arbeit Michelangelos genommen werden. So schablonenmässig
und marklos hat der Meisler der Anatomie niemals gezeichnet. Sie
kann nicht einmal als eine getreue Copie einer Originalzeichnung gelten.
Denn sie giebt einzelne Gewalten bekleidet, welche Michelangelo selbsl
nackt entworfen und ausgeführt hat. Dass derselbe ersl nachträglich
seine Figuren die Gewandung abwerfen liess, widerspricht gröblich dem
wohlbekannten Kunstcharakter des Mannes. Ganz werthlos darf man
aber dennoch nicht das Blatt (Fig. 2) erachten. Es macht den Versuch,
MichelangelosComposition anschaulich zu gestalten und rührt offenbar von
einem Künstler her, welchem mehrere Zeichnungen des Meillers bekannt
waren. Nur ssüchtig zwar hatte er sie angesehen, aber doch einzelne
Situationen, wie der Vergleich mit unzweifelhaft echten Detailskizzen
Michelangelos lehrt, richtig wiedergegeben.
Den sicheren Ausgangspunkt der Beschreibung bilden daher die
 
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