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rl. Der Oricnt. 1. Aegypten.
storbenen gezeigt hätten. So knm die Porträtrichtung nicht durch den innern Drang des Künst-
lers, sondern durch äußere zwingende Grüude in die alte äghptische Knnst.
Die ersten, gewiß mühsamen Versuche naturwnhrer Schilderuitg haben sich nicht erhalten.
Die nltesten statunrischen Werke, von denen wir eine anschauliche Kunde besitzen, zeigen bereits
das Maß nußerer Naturtreue vollauf gefüllt. Mannigfache Mittel stnnden bereit, diese zu erhöhen.
Die Statuen werden gefärbt, die Holzstatuen mit feiner Leinwand überklebt und mit einer dünnen
Gypsschicht überzogen, wodurch alle Fiächen eine größere Rundung gewiunen. Den bekannten
Beispielen dieses ältesten plastischen Stiles, dem schon erwühnten Dorfschülzen (Fig. 11) und dem
Schreiber, stellen sich zahlreiche Grabstatuen iiy Museum zu Giseh, König Chephren (Fig. 16),
Prinz Rahotep und dessen Schwester (?), die schöne Nefert (Fig. 17), der knieende Schreiber (Fig. 18),
der Teigkneter (Fig. 19), ebenbürtig zur Seite. Nicht nur die Köpfe osfenbaren entschieden
individuelle Züge, nuch in der Behandlung des Rumpfes und der Glieder entdeckt man das
Streben nach lebendiger Anffassung. Bei sitzenden Figuren werden die Beine nnseinander gehalten,
bei stehenden ein Fuß vor den andern gesetzt, die Arnie hängen nicht am Leibe herab, sondern
zeigen mannigfache Beweguug. Gegen die nnckten, höchstens mit einem Schurze bekleideten
Gestalten treten die Gewandfiguren wie an Zahl so auch an künstlerischer Durchbildung zurück.
Der scharf naturtreue Zug in der ültestcn ägyptischen Kunst befremdet nnr, weil uns ihre ohne
Zweifel unendlich lange Vorgeschichte nicht mehr bekannt ist. Rätselhafter erscheint, daß
diese Richtung nicht weitergebildet und ausgebaut wird; in der späteren Kunst wird weder der
Naturalismus bis zur feinsten Einzelheit durchgeführt, noch auf seiner Grundlnge wie bei den
Hellenen ein idealer Typus geschnffen. Das Rätsel löst die Erinneruug, daß die Statuen denn doch
nicht ein frisches Leben verherrlichen, sondern nur Abgestorbene wiedergeben. Sie lassen sich am
besten mit Totenmasken vergleichen. Gemeinhin fehlt ihnen die Beseelung, die tiefere Stim-
mung. Sind sie bewegt, fo liegt der Grund dazu nicht in innerer Leidenschaft, in einem ener-
gischen Wollen; sie äußern eine Thätigkeit, zu der Muskelkraft genügt, bei deren Vollbringen
die Empfindung sich kaum regt. Jn der Negel beharren sie in vollkommener Ruhe. Daher
drohte die Gefahr der Erstarrung. Diese wurde durch äußere Gründe beschleunigt. An die
Stelle des gefügigen Holzes und Kalksteines traten spröde nnd hnrte Stoffe, wie Basalt und
rl. Der Oricnt. 1. Aegypten.
storbenen gezeigt hätten. So knm die Porträtrichtung nicht durch den innern Drang des Künst-
lers, sondern durch äußere zwingende Grüude in die alte äghptische Knnst.
Die ersten, gewiß mühsamen Versuche naturwnhrer Schilderuitg haben sich nicht erhalten.
Die nltesten statunrischen Werke, von denen wir eine anschauliche Kunde besitzen, zeigen bereits
das Maß nußerer Naturtreue vollauf gefüllt. Mannigfache Mittel stnnden bereit, diese zu erhöhen.
Die Statuen werden gefärbt, die Holzstatuen mit feiner Leinwand überklebt und mit einer dünnen
Gypsschicht überzogen, wodurch alle Fiächen eine größere Rundung gewiunen. Den bekannten
Beispielen dieses ältesten plastischen Stiles, dem schon erwühnten Dorfschülzen (Fig. 11) und dem
Schreiber, stellen sich zahlreiche Grabstatuen iiy Museum zu Giseh, König Chephren (Fig. 16),
Prinz Rahotep und dessen Schwester (?), die schöne Nefert (Fig. 17), der knieende Schreiber (Fig. 18),
der Teigkneter (Fig. 19), ebenbürtig zur Seite. Nicht nur die Köpfe osfenbaren entschieden
individuelle Züge, nuch in der Behandlung des Rumpfes und der Glieder entdeckt man das
Streben nach lebendiger Anffassung. Bei sitzenden Figuren werden die Beine nnseinander gehalten,
bei stehenden ein Fuß vor den andern gesetzt, die Arnie hängen nicht am Leibe herab, sondern
zeigen mannigfache Beweguug. Gegen die nnckten, höchstens mit einem Schurze bekleideten
Gestalten treten die Gewandfiguren wie an Zahl so auch an künstlerischer Durchbildung zurück.
Der scharf naturtreue Zug in der ültestcn ägyptischen Kunst befremdet nnr, weil uns ihre ohne
Zweifel unendlich lange Vorgeschichte nicht mehr bekannt ist. Rätselhafter erscheint, daß
diese Richtung nicht weitergebildet und ausgebaut wird; in der späteren Kunst wird weder der
Naturalismus bis zur feinsten Einzelheit durchgeführt, noch auf seiner Grundlnge wie bei den
Hellenen ein idealer Typus geschnffen. Das Rätsel löst die Erinneruug, daß die Statuen denn doch
nicht ein frisches Leben verherrlichen, sondern nur Abgestorbene wiedergeben. Sie lassen sich am
besten mit Totenmasken vergleichen. Gemeinhin fehlt ihnen die Beseelung, die tiefere Stim-
mung. Sind sie bewegt, fo liegt der Grund dazu nicht in innerer Leidenschaft, in einem ener-
gischen Wollen; sie äußern eine Thätigkeit, zu der Muskelkraft genügt, bei deren Vollbringen
die Empfindung sich kaum regt. Jn der Negel beharren sie in vollkommener Ruhe. Daher
drohte die Gefahr der Erstarrung. Diese wurde durch äußere Gründe beschleunigt. An die
Stelle des gefügigen Holzes und Kalksteines traten spröde nnd hnrte Stoffe, wie Basalt und