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L.. Der Orient. 2. Chaldäa und Assyrien.

in der Zeit nach Alexander dem Großen, besaß im Nillande einen wichtigen Schauplatz und atmete
mit der ägyptischen Luft auch einzelne ägyptische Nnschauungen ein. Jn der römischen Kaiserzeit
fanden seutimentaler Genußsinn und Entsaguug, wclke Blüten des antiken und Keime christlichen
Lebens, hier eine heimische Stätte. So berührt Aegypten seiner abgeschlossenen Fremdartigkeit
zum Trotze doch auch unsere Welt.

2. Chaldüa und Slssyrien.

Wie die ägyptische Kunst vom Nil, so nimmt die Kunst der Völker Mesopotamiens vom
Euphrat und Tigris den Ausgangspuukt. Der DoPPelstrom lieferte den Anwohnern die wichtigsten
Bedingungen und Regeln des Lebens, übte auch auf das Material und die Form der Bauten
wesentlichen Einfluß. Ju dem Tieflande war man auf getrocknete und gebrannte Ziegel
angewiesen, Erdwälle traten an die Stelle der Steinmaueru, auf Terrassen erhoben sich die
architektonischen Werke, Stufenpyramiden wurden bei gottesdienstlicheu Anlagen verwendet, vielleicht
iu der Weise, daß auf der obersten Stufe das Heiligtum stand. Das ärmliche schmucklose und
zum Teil nicht wetterbeständige Material führte zu dem System der Wandverkleiduug. Die
inneren und äußeren Wände wurden entweder mit Gips oder Asphalt überzogen und mosaikartig
dekoriert, oder mit Steinplatten belegt. Die Erinnerung an ursprünglich aufgehängte und aus-
gespannte Teppiche liegt dabei uahe.

Die künstlerische Thätigkeit der Völker Mesopotamiens war lange Zeit iu ein vollständiges
Duukel gehüllt und nur aus sagenhaften Berichten bekannt, bis in uusereu Tagen französische
und englische Forscher (zuerst Botta und Layard) durch Ausgrabungen unter den alten Schutt-
hügeln unsere Kunde erhellt und auf Denkmäler begründet haben. Die Zeit der Entdeckungen
auf deni assyrischen und namentlich auf dem viel älteren chaldäischen Kulturboden ist noch lange
nicht abgeschlossen. Erst seit wenigeu Jahreu hat man begonuen, die Schutthügel im unteren
Mesopotamien gründlicher zu untersucheu und hören die Namen der chaldäischeu Hauptorte:
Ur (El Mugheir), Uruk (Warka), Larsa (Senkereh) u. s. w. allmählich auf, bloße Worte zu
bedeuten, mit deuen kein anschaulisches Bild verknüpst werden kann. Die reichsten Ergebnisse
lieferten bisher die Nachgrabungeu in Telloh (dem alten Sirburla), an einem den Tigris mit
dem Euphrat vor der Vereiniguug beider Flüsse verbindenden Kanale gelegen. Die Völkerschichten,
die im südlichen Mesopotamien über einander lagerten, zuerst die Akkadier und Sumerier, dann
die Chaldäer, kuustgeschichtlich zu treiineu, ist bisher nicht gelungen. So wenig wie in Aegypten
sind wir in Chaldäa bis zu den Kunstanfängen vorgedrungen, obschon die Denkmäler bis hoch in
das 3. Jahrtausend v. Chr. reichen. Das Baumaterial, getrocknete und gebrannte Lehmziegel, hat
die Zerstörung der architektonischen Werke uatürlich beschleuuigt; doch lassen die erhaltenen Reste
die Gestalt der Tempel und den Gruudriß der Paläste erkennen. Für den in Chaldäa heimischen
Sterndieust genügten vierseitige abgestufte, in einer Plattform endigende Terrassen, deren
Stufen mittelst Treppen zugänglich waren. Die chaldäischen Paläste bestanden, die assyrischen
Königsbauten vorbildend, aus einer größeren Zahl von Höfen, um die sich mannigfache gedeckte
Räume reihten. Als architektonischer Schmuck dienten farbige glasierte Ziegel. Das in Warka
gefundene Wandstück (Fig. 40), dicht aneinander gereihte Halbcylinder zu beiden Seiten eines
vorspringenden Niauerpfeilers, belehrt uns über den technischen Vorgang wie über die künstlerische
Wirkung. Beides erinnert an die spätere Mosaikdekoration und ist jedenfalls ihr Vorläuser gewesen.

Wie der Thon das Material für die Bauten Chaldäas lieferte, so bot er auch für die Plastik
den am häufigsten benützten Stoff. Erhalten haben sich freilich die Thonarbeiten nur in geringer
 
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