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EINLEITUNG

In der älteren und mittleren Steinzeit erstrecken sich die Kulturkreise auf sehr
ausgedehnte Gebiete, die nicht nur weite Strecken Europas umfassen, sondern mit-
unter auch große Landschaften darüber hinaus in ihren Bereich einbeziehen. Die
reiche Gliederung der europäischen Jungsteinzeit steht dazu in auffallendem Gegen-
satz. Das Verhältnis ist fast wie mit einem Schlage anders geworden. An Stelle der
großräumigen, urweltlich erhaben wirkenden Unermeßlichkeit der Kulturkreise tritt
eine mosaikartige Fülle von Gruppen, die vielfach eine auffallende landschaftliche
Enge zeigen. Den Ablauf der älteren und mittleren Steinzeit kann man ganz natur-
gemäß von einem weltumspannenden Gesichtspunkt betrachten. Die Mannigfaltig-
keit der jüngeren Steinzeit behindert nicht nur eine solche großzügige Schau, sondern
macht sie vielfach unmöglich. Jetzt tritt an die Stelle der überkontinentalen Welt-
geschichte die Geschichte von Erdteilen, ja mehr noch die Geschichte von abge-
schlossenen Ländern und einzelnen Landschaften. Eine Gegenüberstellung des Faust-
keilkulturkreises und etwa der Walternienburger Kultur zeigt klar die Tiefe des
Gegensatzes und die Schärfe der äußeren Wandlung.
Obwohl wir seit langem wissen, daß sich die neolithische Kultur schrittweise aus
der mesolithischen entwickelt hat, fehlt uns trotzdem noch die rechte Vorstellung
davon, wie auf deutschem Boden aus Mesolithikum Neolithikum wird, oder wirt-
schaftlich aufgefaßt, wie sich die umherschweifenden Jäger und Fischer der mitt-
leren Steinzeit zu den seßhaften Bauern der jüngeren Steinzeit wandeln. Die jung-
steinzeitlichen Kulturkreise stehen mehr oder weniger unvermittelt mit ihrem ganzen
Inhalt geschlossen vor uns, ohne daß wir die Wurzeln ihrer einzelnen Erscheinungs-
formen in ähnlicher Weise aufzuzeigen vermöchten, wie es etwa für den Übergang von
der Stein- zur Bronzezeit oder gar für das Eintreten in die Eisenzeit möglich ist.
Es sind nicht weniger als vier bis fünf Kulturkreise, die vom Anbeginn der jün-
geren Steinzeit in Deutschland grundlegend die Geschichte auf dem Boden unseres
Vaterlandes bestimmt haben. Die beiden bedeutendsten sind der nordische und der
donauländische, nicht nur wegen der Größe des Raumes, den sie in Deutschland be-
herrschen, sondern mehr noch, weil damit zwei Pole zum ersten Male in Erscheinung
treten, die seitdem in der Vorgeschichte unseres Volkes niemals mehr verschwunden
sind, und deren immer wiederholtes Gegenspiel unter wechselnder Gestalt um einen
Ausgleich auf deutschem Boden sich durch alle Zeit hindurch verfolgen läßt.
Hinter der großen Bedeutung des nordischen und des donauländischen Kultur-
kreises treten der westeuropäische und der osteuropäische in ihrerWirkung auf die j ung-
steinzeitliche Kultur Deutschlands zurück. Wie es neuerdings scheint, bestand außer
den genannten vier Kulturkreisen noch ein fünfter, der besonders stark in Mittel-
deutschland vertreten ist, wo er unter dem Namen Baalberger Kultur bekannt ist.
Der nordische Kreis erstreckt sich auf ein Gebiet, dessen Kern Dänemark bildet,
und das von deutschem Boden Schleswig-Holstein, Teile von Hannover, Oldenburg,
Mecklenburg und die Odermündung umfaßt. Außerdem gehören ihm Südschweden
und kleine Teile Norwegens an. Er umfaßt also nicht Nordeuropa schlechthin, sondern
Sprockhof f, Megalithkultur.

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