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Stackelberg, Otto Magnus von
Der Apollotempel zu Bassae in Arcadien und die daselbst ausgegrabenen Bildwerke — Rom, 1826

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https://doi.org/10.11588/diglit.1037#0009
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samkeit zurück, als dieser Anblick. Selten wird die Stille liier oben unterbrochen und geschieht es
einmal, so ist es entweder die grofse Natur, die sich in mächtigen Lauten hören läfst, oder es ist
ein aufgescheuchtes Wild oder das Rufen eines Schäfers, der seine Heerde vorübertreibt. Auch sind
die Laubhürden, fiarS/jat, (mandrae) herumziehender Arcadischer Schäfer und ihre braunen Zelte,
die von Zeit zu Zeit hier aufgeschlagen werden, die einzigen Zeichen menschlicher Bewohnung. Die
Einsamkeit vermehren selbst die Wolken, die manchmal unterhalb des Tempels sich bildend die
Gegend in Dunkel hüllen, diesen Ort, dem sie allein den Schein der Sonne lassen, gleich einer
Insel mit einem Nebelmeer umschliefsen, und dem Auge den Anblick alles übrigen Landes ent-
ziehen, das sich ringsumher in die Ferne breitet.

Denn der Tempel beherrscht nach allen Seiten weite romantische Aussichten, welche die
Phantasie auf mannigfaltige Weise beschäftigen, indem selbst die Gegend durch heilige und ge-
schichtliche Ueberlieferung und durch Dichtung lebt und zu uns spricht. Nur auf der Nordseite
wird die Ferne zum Schutze des Tempels von den höchsten Gipfeln des Cotylius verdeckt, wo ein
Tempel der Aphrodite stand. Wie alle Gebirge der Gegend sind auch diese Höhen mit verschie-
denen Arten Eichen") bewachsen, vorzugsweise Bäume Arcadiens, die den alten Bewohnern des
Landes, diesem Urvolke des Peloponnes, die erste Nahrung darboten, daher sie Balanophagen hiefsen
und unter den Bäumen die Escheneiche (pr/yos von (fä-ja, ich esse) mit efsbaren Eicheln, ßö.Xaroi,
insbesondre dem Zeus, als der Bedingung des Lebens, dem Odem der Natur, geweiht war. Jenseits
der tiefen Bergschluchten erstreckt sich im Halbkreise vor dem Tempel eine Kette von Bergen.
In Osten erblickt man den Lycäischen Berg, die heilige Höhe oder den Arcadischen Olympus, die
Wiege des Zeus, das in Wolken ruhende, durch Quellen und Bäume nährende, vergötterte Bild
des Zeus selbst 3) nach dem uralten Glauben, den der Pelasgische Naturdienst bey diesem Bergvolke
begründet hatte. Auf jenem Berge unterscheidet sich neben dem ehemals befestigten Engpafs
Diaforti die Cerausische Höhe, an welcher, der Bedeutung des Namens gemäfs, sich oft die gesam-
melten Gewitterwolken in Blitze entladen, und der höchste, allübcrschauende Gipfel der ganzen
Gebirgsgegend mit dem Altar des Höhengottes Zeus Lycäus, in Form eines abgeschnittenen Kegels
aus Asche der Opfer errichtet, zu welchen in der wilden Urzeit und auch wohl in späteren Zeiten
Menschen gewählt wurden4). Lycaon, des Pelasgus Sohn, sollte hier zuerst ein Rind geopfert haben.
Der Lycäische Berg, (s. die Beilage I.) der Hauptknoten, von dem die Gebirgsverzweigungen aus-
gehen, war einer der ersten Niederlassungen der allmählig in Griechenland sich verbreitenden Völker,
der Ursilz der Bewohner des Peloponnes; Lycosura auf demselben, nach der Arcadier Bericht, die
erste Stadt, welche die Sonne geschaut, und Cretca der Landstrich, wo Zeus erzogen ward. An
dieses Gebirge schiiefsen sich die Nomischen, die Lieder- oder Weideberge des Pan, die noch wegen
ihrer Weiden berühmt, zuerst von den Melodien dieses in Arcadien einheimisch geglaubten und vor-
züglich verehrten Gottes der Heerden und Jagd erklangen; daher ein Ort auf denselben Melpea, der
Singort, genannt wurde, wo er die Syrinx erfand, die als Abzeichen auf den Münzen der musik-
treibenden Arcadier steht. In der Ferne ragen zwischen den Gipfeln dieser Berge die meistens mit

s) Pausan. Till., 12. erwähnt nur drey Arten: die breitblättrigte, die Eschen- und Kork-Eiche; aber man findet mehrere und besonders
in der Form der Blätter zeigt sich eine grofse Mannigfaltiglicit.

3) S. Creuzers Symbolik und Mythologie zw. Ausg. 2 Th. S. 53s ff., wo gezeigt wird, dafs ursprünglich die Griechen den Olympus und
demnach verschiedene Berge, die diesen Namen trugen, ajs Gottheit, als Zeus selbst angeschaut haben.

4) Noch jetzt hat sich die Sage hievon im Volke erhalten, welches diesen Altar nach der Form des Platzes auf demselben und -wegen
der Zerstückelung der unter der Asche vermengten Knochen Moni (Heim) die Dreschtenne, nennt und hiebey ein Märchen von gedroschenen
Menschen erzählt.


 
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