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Beschreibung des Panorama'*.
Blatt Nro. I.
„— Von der Akropolis auf das bunte Gemische herunter
mer das Parthenon
Honig Ludwig.
Sieht das Schönste der Welt, immer das Parthenon noch."
Wir bemerken zuvörderst, dass alle theils südlich tlieils östlich an und um die Burg
gelegenen merkwürdigen Punkte und Gegenstände, ihre Erwähnung bei näherer Beschrei-
bung des Supplementblattes (Nro. IL), welches diesen Theil Athens und seiner Umgebun-
gen darstellt, finden werden.
Auf dem Blatte I zeigt sich der Felsen des Ares, der Areopag (I); hinter ihm erhebt
sich die Akropolis (II), und jenseits dieser, die ganze Breite des Blattes einnehmend, der
Hymettos (III).
Die Akropolis begreift einen ziemlich senkrecht stehenden 150 englische Fuss hohen
Felsen, dessen Oberfläche über Q00 Fuss lang und gegen 500 breit ist. Die vor uns ganz
sichtbare nach dem Peiraeeus gerichtete Westseite ist die allein bequem zugängliche. Die
linke, im Schatten stehende, ist die nördliche, das Pelasgikon. Das Supplementblatt zeigt
die gegenüber befindliche südliche, das Kimonion, so wie die östliche Seite. Das Thor zur
Akropolis liegt bei 51.
Von den Pelasgern in uralter Zeit, im zweitausendsten Jahrhundert vor Christi, für
die Athenienser zur Vertheidigung eingerichtet, und später von Kimon vollends zur Festung
umgewandelt, enthielt die Burg die vornehmsten Heiligthümer und Schätze Athens, und bil-
dete gewissermassen „ein einziges Weihgeschenk für die Götter".
Ihre grösste Zierde war und ist noch der Parthenon (1), ein von Iktinos mit Hülfe
des Kallikrates und des Karpion um 444 v. C. unter Perikles erbauter Tempel der Pallas
Athene, von der Bulver sagt:
„Dass sie, die stattliche jungfräuliche Göttin, unter allen griechischen Gottheiten die
„majestätischste war, indem sie in einer einzigen Gestalt den wahren vielfältigen wenn
„gleich individuellen Genius der Griechen in sich fasste, und indem sie unter allen Gott-
heiten des heidnischen Himmels das ward, was das von ihr beschützte Athen auf Erden war."
Der Parthenon ist im dorischen Styl aus pentelischem Marmor erbaut. Geschmückt
mit den Werken der berühmtesten Künstler, war, und ist er noch gegenwärtig in seinen
Ueberresten, anerkannt und bewundert als das Vortrefflichste, was die Baukunst je her-
vorgebracht hat.
Er enthielt die berühmte 37 Fuss hohe Pracht-Bildsäule der Göttin, aus Gold und
Elfenbein, von Phidias, in einem Werth von nahe anderthalb Millionen Gulden, nebst
vielen anderen erzenen und steinernen Statuen, und war das Depositorium des von Delos
nach Athen gebrachten Staatsschatzes und der heiligen Gelder, der Weihgeschenke, sowie
auch der Summen und Kostbarkeiten, welche Privaten der grösseren Sicherheit wegen
hier niederlegten.
Er steht auf der höheren Platform der Akropolis, so dass die Kapitaler der Säulen
der Propylaeen im Niveau sind mit dem Pflaster in seinem Perystile, hat 8 Säulen in jeder
der Fronten und 17 auf jeder Seite. Ihr Durchmesser an der Basis ist 6 Fuss 2 Zoll
engl., ihre Höhe 34 Fuss; seine ganze Höhe bis an die Spitzen der Giebel ÜÖ Fuss. Im
Vorder- und Hinter-Gebäude stand vor dem Eingange noch eine zweite Reihe etwas klei-
nerer Säulen, 5 Vi Fuss im Diameter haltend. Die Länge des ganzen Tempels ist 228 Fuss,
seine Breite 102. Jene theilte sich in zwei innere Räume, von denen der östliche den
Naos, der westliche das Postikum, von 4 Säulen — 4 Fuss im Durchmesser haltend —
getragen, bildeten. Der Naos enthielt 10 Säulen, circa 3 Fuss dick und 30 Fuss hoch, —
also wahrscheinlich eine doppelte Säulenstellung, und war Ö2'/2 Fuss breit.
Von den Gruppen in den beiden Giebelfeldern stellte die westliche, am Opisthodomos,
den Sieg der Pallas in dem Kampfe mit Poseidon wegen des Besitzes von Athen, die öst-
liche die Geburt der Göttin dar. Hier befand sich auch der herrliche von vier Pferden
gezogene Siegeswagen, auf welchem die Göttin sass. Morosini liess den Versuch machen,
die Gruppe fortzuführen; allein er misslang, sie fiel herab und brach in Stücken.
Die Q2 Metopen am äusseren Karnies mit den schönen Basreliefs, zeigten Scenen aus
den mythischen Kämpfen der Athenienser, und der 520 Fuss lange Fries an der Cella und
den beiden Vestibüles den mystischen Zug der Panathenaeen, sämmtlich Meisterwerke von
der Hand des Phidias und seiner Gehülfen.
Bei der ausserordentlichen Genauigkeit und Festigkeit der Construction, konnten weder
die Zeit noch kriegerische oder elementarische Unbilden ihm viel anhaben, und obgleich
nach und nach fast aller seiner beweglichen und zum Theil unbeweglichen Zierden beraubt,
erhielt er sich in der Hauptsache ziemlich vollständig, bis im Herbste 1Ö82 durch venetia-
nisches Geschütz das von den Türken darin angelegte Pulvermagazin entzündet, und durch
die Explosion nicht nur der ganze mittlere Theil seines Innern zerstört und die östliche
Fronte sehr beschädiget wurde, sondern auch in der nördlichen Säulenreihe eine auf un-
serem Blatte sichtbare grosse Lücke entstand. Wie alle grösseren Tempel Athens wurde
auch der Parthenon zu einer christlichen Kirche gemacht und der Panaghia, als Nach-
folgerin der Pallas, geweiht. Später stand in dem innern Räume eine kleine Moschee,
welche in neuerer Zeit zur Aufbewahrung gefundener Alterthümer diente.
Zu ihm und überhaupt zur Platform der Akropolis führten die Propylaeen (2), ein
wie der bürgerlichen so der Kriegsbaukunst mit gleichem Rechte angehörendes Prachtthor
von ausgezeichneter Schönheit, mit Seitenflügeln, in denen links die Pinakothek (5), rechts
wahrscheinlich die Wacht sich befanden. Der hier sichtbare Aufbau (4), bis herab zu der
sehr kennbaren Reihe von Triglyphen (5), ist aus neuerer Zeit und gegenwärtig ganz ab-
getragen. Auf den zwei Eckpfeilern beider Flügel-Unterbauten standen, nach Dr. Ross, zwei
Reiterbildsäulen. Auch die Propylaeen sind ein Werk aus den Zeiten des Perikles, der sie zu
Schutz und Zier, von Mnesikles, 457 v. C., aus pentelischem Marmor im dorischen Styl
erbauen liess. Man schreibt den Entwurf dazu dem Phidias zu, wenn gleich ihr allge-
meiner Plan wohl weit üher die Zeiten des Perikles hinausreichen mochte. Sie wetteiferten
mit dem Parthenon in Vortrefflichkeit der Anlage wie der Ausführung.
Die Vorsorge Seiner Majestät des Königs Otto hat den Propylaeen ihr altes Recht,
den Haupt-Eingang zur Burg zu bilden, wieder eingeräumt. Ihre, wie die Umgebungen
des Parthenons und der übrigen Baudenkmäler, sind nach den Angaben des Herrn geheimen
Raths, Ritter von Klenze, anfangs unter dessen persönlicher Leitung, später unter jener der
Herren: Professor Dr. Ludwig Ross und der Architekten Ministerialrath Schaubert und
Hansen aufgegraben und gereiniget worden, so dass der König bereits am 10. September
1834 durch das wiedergeöfFnete Mittelthor (6), wo noch Spuren der alten Wagengeleise
sich zeigen, zur Akropolis einziehen konnte, um die Fortschritte der Ausgrabungen zu be-
sichtigen, welche auch durch manchen wichtigen Fund , darunter Reliefplatten des Phidias
von der Nordseite des Frieses des Parthenon, mehrere Inschriften u. a. m. belohnt wurden.
Das dritte, zugleich das ehrwürdigste, der bedeutenderen Gebäude auf der Burg, war
das Erechtheion, (7) ein ziemlich unsymetrischer Bau. Die Erklärung der Eintheilung
dieses Heiligthumes bleibt, so lange nicht seine völlige Aufgrabung erfolgt ist, noch immer
einigermaassen eine unsichere. Wir verweisen deshalb auf Dr. Forchhammers Abhandlung
darüber, *) aus welcher das Folgende entnommen ist.
Das Gebäude hatte nach diesem Autor untere Gemächer, Hypogaeen, die wegen der
Unebenheit des Bodens nur zum Theil zu Tage standen. Die südlich liegende, oben offene
Karyatidenhalle (8), mit dem von der Athene geschaffenen heiligen Oelbaume und dem
Altare des Zeus Herkeios, und die nördlich befindliche sechssäulige Stoa (9), mit dem Al-
tare dss Thyekoos, führten in die Vorhalle, zum Pandroseion. Unter diesem war die Erech-
theis mit dem Brunnen, der Salzquelle des Poseidon, und das Kekropeion, die Grab-
kammern des Erechtheus und des Kekrops. Jene hatte eine herrliche aber blinde Thüre
zur Stoa hin, dieses eine Verbindung mit der Karyatidenhalle, von deren 6 Karyatiden
(Cistophoren?) nur mehr 3 stehen, da die vierte umgestürzt, die fünfte in Rom ist, die
sechste aber von Lord Elgin. entführt wurde. Im Pandroseion, das nach Osten eine durch-
brochene Wand mit 4 Säulen besass, zwischen welche man zum Tempel der Athene
Polias gelangte, während es nach Westen, wo sonst das Opisthodom ist, von einer Fenster-
wand geschlossen war, standen die Bildsäulen der Pandrosos, dann wahrscheinlich jene der
Thallo und der Auxo. Der Tempel der Athene-Polias enthielt die angeblich vom Himmel
gefallene Statue der die Akropolis schützenden Göttin, die haushütende heilige Schlange, ein
hölzernes von Kekrops geschenktes Schnitzbld des Hermes, die berühmte goldene Lampe
und den damit in Verbindung gebrachten bronzenen Palmbaum, das Meisterstück des Er-
finders der korinthischen Säulenordnung — Kallimachos, ferner den Stuhl des Daedalos
und die persische Beute.
Aus ihm gelangte man in den Pronaos des Erechtheions, gegen Osten, worin die Al-
täre des Poseidon-Erechtheus, des Butes und des Hephaestos und nahe bei dem Ersteren
eine zu dem Hypogaeon hinabführende Treppe sich befanden. Vor dem Erechtheion gegen
Osten, stand abermals eine sechssäulige Stoa (10) und ausserhalb derselben der Altar des
Zeus Hypates
Das Ganze wurde zu Anfang des fünften Jahrhunderts v. C. gebaut, litt bald darauf
durch Feuer und wurde wahrscheinlich erst gegen Ende des vierten ganz vollendet. Es
ist im jonischen Styl mit einem grossen Aufwände der feinsten Verzierungen ausgeführt,
die noch gegenwärtig eine Reinheit und Schärfe besitzen, welche man von Arbeiten in Marmor
früher kaum hätte möglich halten sollen, die jedoch an den neueren Bauten in München,
besonders an der Glyptothek, wenn auch nicht ühertroffen, doch mit gleicher Vollendung
wieder zu finden sind. Zu den drei bekannten Künstlern, die daran gearbeitet: Phyromachos,
Praxias und Antiphanes sind uns seit kurzem erst aus einem Bruchstücke der Baurechnung
des Erechtheions, welches man bei dem Abwerfen der türkischen Batterien auf der Akro-
polis gefunden, noch drei weitere bekannt geworden. Sie hiessen Mynnion, Sokles und
Jasos.
Im Mittelpunkte zwischen den drei Hauptgebäuden auf der Akropolis (11), stand die
kolossale Bildsäule der Athene Promachos. Sie, nebst andern ehernen Statuen, war nach
dem Abzüge Alarichs, bis gegen den Schluss des vierten Jahrhunderts n. C., noch an ihrer
Stelle. Ihr Helmbusch wie die Spitze ihrer Lanze glänzten den Schiffern auf dem Wege
von Sunion her entgegen. Sie war umgeben von einem Wald von Bildsäulen und Gruppen
in Marmor wie in Erz, die einzeln anzuführen den Zweck dieser Zeilen übersteigen würde.
Die Akropolis enthielt ausser den vorbezeichneten grösseren Heiligthümern noch einen
Tempel des Zeus Polieus, des Pandion, der Aphrodite Hippolyteia, der Artemis Brauronia
u. a. Es finden sich jedoch, mindestens für jetzt, noch nicht genug erkennbare Spuren
ihrer ehemaligen Standpunkte.
Rechts am südlichen Flügel der Propylaeen zeigt sich ein hoher viereckigter Thurm
(12), wahrscheinlich aus der Zeit der fränkischen Fürsten in Athen und wohl zu Signalen
bestimmt; in unserer Zeit zu trauriger Berühmtheit gelangt durch den Tod des neuhelle-
nischen Helden Odysseus.
Unmittelbar vor ihm, auf der mit 13 bezeichneten Stelle, stand bis zum Jahre 1Ö87,
wo ihn Spon und Wheler noch sahen, der kleine jonische Tempel der Nyke Apteros, der
ungeflügelten Siegesgöttin, welcher zu Ehren des Sieges am Eurymedon von Kimon, etwa
um die 78ste Olympiade, gebaut wurde; neben ihm des Alkamenes dreileibige Bildsäule
der Hekate, Epipyrgidia genannt. Nach dem Ausbruche des letzten venetianischen Krieges
von den Türken zerstört, wurden seine Trümmer grösstentheils zu den zunächst befindli-
chen modernen Festungsmauern verwendet, aus welchen sie bei dem Abbruche durch die
oben genannten mit der Reinigung der Akropolis beauftragten Herren gesammelt und nach einigen
Ergänzungen theils von pentelischem Marmor, woraus er ursprünglich bestand, theils aus
Porosstein, im Jahre 1830 auf der alten Stelle, diese deutlich erkennbar an den Eindrücken
der Säulen auf dem marmornen Boden, wieder aufgebaut wurden.
„— Die verschwund'nen Tempel sie erstehen,--------"
König Ludwig.
So ist der wiederhergestellte Tempel nun ein Zeuge mehr von der ordnenden Sorgfalt,
welche die Regierung des königlichen Sprossen aus Wittelsbach's erlauchtem Stamme be-
zeichnet. Möge die dankbare Siegesgöttin für alle Zeiten den hellenischen Fahnen den Weg
zu neuem ewigen Ruhm bahnen!
Die Vermuthung Leake's über des Tempels ehemalige Lage, ist durch diese Aufstellung
auf das Vollkommenste gerechtfertiget. Lord Elgin führte, nebst vielen andern Werken
der Sculptur vom Parthenon u. a., 4 Stücke des Frieses vom Nyketempel nach England.
Diese wie die neuerlich dazu gefundenen Theile desselben enthalten kriegerische Scenen,
wohl zwischen Persern und Griechen, auf der Südseite vorzugsweise Reiterkämpfe. Sie
sind mitunter sehr beschädiget.
Wir entnehmen dem ausgezeichneten Werke des Dr. Ross und seiner Mitarbeiter**)
die nachstehende Vignette,
ft) Ilellenikn, Heft I. Berlin i837 bei Nikolai.
##) Die Akropolis von Athen nach den neuesten Ausgrabungen. Erste Abtheilung: Der Tempel der Nyke Apteros.
Merlin 1839 bei Schenk und Gerstiieker.
um die durch Aufstellung des Tempels (a) veränderte Ansicht der Akropolis zu zeigen,
womit zugleich die heutige Front der Propylaeen (b), nach ihrer Befreiung von den späteren
An- und Zwischenbauten, so wie die zwei nischenarligen Vertiefungen (c) in dem Posta-
mente des Nyketempels anschaulich werden, welche die Heiligthümer der jugendnähren-
den Erde, der Ge, und der Demeter Chloe enthielten. In der Gegend, wo dieser Tempel
steht, ist auch die Stelle (14) zu suchen, an welcher Aegeus der Ankunft des Schiffes des
Theseus von Kreta harrte und sich herabstürzte, als er das aus Unachtsamkeit des Piloten
unausgewechselte schwarze statt des weissen Segels erblickte, welches letztere ihm ein Zei-
chen des gelungenen Zuges seyn sollte.
Unfern der südwestlichen Ecke des nördlichen Flügels der Propylaeen (15), zeigt sich
ein ansehnliches Postament, 27 engl. Fuss hoch, mit einer 15 ü Fuss grossen Oberfläche,
auf welcher, nach einer daran sich erhaltenen Inschrift, die Athenienser ihrem Wohlthä-
ter, dem Markus Agrippa, im dritten Jahre seines Consulats (726 Jahre nach Erbauung
Roms) eine Statue errichtet hatten. Auf der Akropolis befand sich auch ein von Lykur-
gos, dem Sohne des Lykophron, errichtetes grosses Waffenmagazin.
Wir kehren noch einmal zu den auf diesem Blatte sichtbaren Theil der Mauern der
Akropolis zurück und bemerken zuvörderst, dass im Mittelpunkte der nördlichen Mauer,
der pelasgischen (10), auch die langen Mauern genannt, die Spuren der Eile ihrer Wieder-
herstellung nach dem persischen Einfalle sich zeigen, in den cannelirten Säulentrommeln von
sehr bedeutendem Umfange, und in Architravstücken und Triglyphen mit Metopen dori-
scher Ordnung (17), die als Trümmer zerstörter Prachtbauwerke zur Ausbesserung von
Themistokles benutzt wurden. An diesem Theil der nördlichen Mauer war es, wo die
stürmenden Perser zur Burg hinaufdrangen.
Etwas weiter links, bei 18, sieht man eine kleine Höhle. In ihr und in einer zwei-
ten Vertiefung am Fusse der Felsen, die langrn genannt, hier jedoch nicht sichtbar, aber
etwa bei IQ, möchte das Agrauleion zu suchen seyn, das dem Andenken an die agrari-
schen Jungfrauen Herse und Aglauros (Agraulos), den Töchtern des Kekrops, geweihte Hei-
ligthum, welche ungehorsam dem Befehle der Pallas das ihnen und der dritten Schwester,
Pandrosos, anvertraute mysteriöse Pfand, die Kiste mit dem kleinen Erichthonios, öffneten
und im Wahnsinn über den Anblick der Drachengeburt, an dieser Stelle von der Akro-
polis sich herabstürzten, während Pandrosos allein die geheimnissvolle Wiege treu bewahrt
hatte. Einige versetzen das Agrauleion in die mit 20 bezeichnete mehr westlich gelegene Grotte.
Die atheniensische Jugend legte in diesem Heiligthume, ganz bewaffnet, den Krieger-Eid ab.
Aus der Grotte der Aglauros führte ein, wahrscheinlich jetzt schon wieder gangbar
gemachter unterirdischer Weg, zum Plateau der Akropolis zwischen dein Erechtheion und
den Propylaeen.
In dieser Gegend lag auch nach Pausanias das Prytaneion (21), welches die Gesetze
Solons enthielt und in welchem die Gesandten und sonstigen geehrten Gäste bewirthet wur-
den. Hier stand die Hestia des Staates, der Heerd mit dem ewigen Feuer, von welchem
die Kleruchen die heilige Flamme des Mutterstaates entlehnten. Hinter ihm'das sogenannte
Hungerfeld, ein dem Apollo geweihter Grund. Die Strasse der Tripoden nahm hier ihren
Anfang. Etwas tiefer und vermuthlich an der Stelle 22, wo jetzt die Kirche der Panaghia
Vlastiki oder Viastini steht, mögen das Sarapeion und der Bundesaltar des Theseus und
des Peinthoos gestanden haben, unweit welchem der Tempel der Jlithya (Lucina) sich befand.
Ferner war in dieser Gegend, und zwar unmittelbar unter dem Agrauleion, ungefähr
bei 23, das Anakeion, der Tempel der Dioscuren; aber mehr am nordwestlichen Abhänge
des Burgfelsens (24) lagen die zum neun thorigen Pelasgikon gehörenden vor jedem An-
bau geheiligten Gründe. Gleich oberhalb dieser Region, bei den Ziffern 25 und 2(3, sind
zwei Höhlen, eigentlicher Grotten, von geringer Tiefe, welche dem Apollo und dem Pan
heilig waren. In ihnen soll, bevor sie zu ihren Heiligthümern erhoben wurden Apollo
Zusammenkünfte mit der Tochter Erechtheus II, der Kreusa, gehabt, diese den Jon'geboren
haben und Erechtheus von der Erde verschlungen worden seyn. Sie enthalten die erkenn-
baren Stellen für die Altäre und Statuen der Gottheiten und Nischen zu Weihgeschenken.
Nahe dabei ist die Quelle Klepsydra, (welche sich zum Theil in der Gegend des tür-
kischen Begräbnissplatzes, wo einst das Askleipion •— der Tempel des Aeskulap __ stand
(27), als Brakwasser wieder zeigt, zum Theil aber mag sie in die Stadt, dem Bazar zu,
geleitet worden seyn), und die ziemlich schmale Treppe, die von der Nordseite zu den
Propylaeen führte und hier (28) noch durch die von Odysseus 1825 erbaute Batterie um-
schlossen ist, aber nunmehr bereits frei gemacht seyn wird.
Die mit 2Q bezeichnete Linie der modernen Befestigungsmauer dürfte so ziemlich die
wahre Richtung angeben, in welcher die Procession der Panathenaeen nach der Rückkehr
vom Eleusinion am Jlyssos*) zur Akropolis zog.
Die Mauer rechts (30) begränzte das Odeion des atheniensischen Eponymos, Herodes
Attikus, nach seiner Gemahlin auch das der Regula genannt, von welchem am südwestli-
chen Ende (31) noch bedeutende Reste stehen. Es war, vielleicht nur theilweise, mit Ke-
drosbalken gedeckt, fasste gegen 8000 Menschen und wurde etwa 150 Jahre v. C gebaut.
Die Kirche 32 ist dem Hagios Soteros geweiht.
„Stille herrschet auf dem nahe gelegenen Arenpagos,
Wo die Richter bei Nacht hielten die Sitzungen nur."
König Ludwig.
Der Areiopag (Areios pagos hat seinen Namen von dem Gerichte, das hier über
Ares wegen der Ermordung des Hahrrhotius gehalten, und wodurch der spätere so be-
rühmte Gerichtshof an dieser Stelle gegründet wurde.
Er wird bei 33 durch eine tiele Einsenkung von der Akropolis getrennt. Schon
die Amazonen, spater die Perser, hatten ihn als ihren Aufstellungs- und Lagerpunkt zum
Angriff gegen die Akropolis gemacht. Der Gerichtshof selbst, mit einem von Orestes ge-
weihten Altar der Athene Areia, (als er der Strafe wegen Ermordung seiner Mutter ent-
gangen war), und den zwei rohen Steinen für Kläger und Geklagten, befand sich, ohne
Dach, auf dem höchsten östlichen Punkte (3+); unweit von ihm der Tempel der Furien
(Eumemden), und m der Nähe von diesem wieder das Heroon des Hesychos, des Stamm-
vaters der attischen Familie, die den Cultus der Eumeniden erblich besorgte. Hades, Her-
mes und die Erde besassen hier gleichfalls Altäre. Am westlichen Abhänge des Areiopags
(35), mag das Hephaesteion gelegen haben; nahe daran (36) der Tempel der Aphrodite Ura-
nia, zu welchem vielleicht die noch heute sichtbaren Stufen an der Nordseite (37) führten
während jene an der Südostseite (38) für den Aufgang zum Gerichtshofe bestimmt waren!
Bei dem Hephaesteion stand wohl das Eurysakeion, zu Ehren des Sohnes des Ajax, Eury-
sakes. So möchte bei 3g auch die Lage des Anfangs vom Markthügel, des Kolonnos Agoraeos
zu suchen seyn. Bei 40 ist eine wilde, durch scharfe Vorsprünge mehrmals bis zu ihrer stets
mit etwas Wasser angefüllten Tiefe unterbrochene, Felsenkluft; etwa das Barathron? oder
wäre dieser zur Vollziehung der Verurtheilungen bestimmte Ort die Höhle gewesen, welche
der bei 41 überhängende Felsen birgt? Innerhalb des Bereiches des Areiopaeos war auch das
Grab des Oedipos. r &
, .. 1In„.derJ]Xäne dieses mit Heiligthümern und Denkmälern übersäeten Hügels stand das Ge-
bäude für die Bewahrung des heiligen Schiffes, das in dem Zuge der Panathenaeen erschien,
#) Wenn Leakes Annahme ,1er Lage des Kleusinions richtig ist.
Beschreibung des Panorama'*.
Blatt Nro. I.
„— Von der Akropolis auf das bunte Gemische herunter
mer das Parthenon
Honig Ludwig.
Sieht das Schönste der Welt, immer das Parthenon noch."
Wir bemerken zuvörderst, dass alle theils südlich tlieils östlich an und um die Burg
gelegenen merkwürdigen Punkte und Gegenstände, ihre Erwähnung bei näherer Beschrei-
bung des Supplementblattes (Nro. IL), welches diesen Theil Athens und seiner Umgebun-
gen darstellt, finden werden.
Auf dem Blatte I zeigt sich der Felsen des Ares, der Areopag (I); hinter ihm erhebt
sich die Akropolis (II), und jenseits dieser, die ganze Breite des Blattes einnehmend, der
Hymettos (III).
Die Akropolis begreift einen ziemlich senkrecht stehenden 150 englische Fuss hohen
Felsen, dessen Oberfläche über Q00 Fuss lang und gegen 500 breit ist. Die vor uns ganz
sichtbare nach dem Peiraeeus gerichtete Westseite ist die allein bequem zugängliche. Die
linke, im Schatten stehende, ist die nördliche, das Pelasgikon. Das Supplementblatt zeigt
die gegenüber befindliche südliche, das Kimonion, so wie die östliche Seite. Das Thor zur
Akropolis liegt bei 51.
Von den Pelasgern in uralter Zeit, im zweitausendsten Jahrhundert vor Christi, für
die Athenienser zur Vertheidigung eingerichtet, und später von Kimon vollends zur Festung
umgewandelt, enthielt die Burg die vornehmsten Heiligthümer und Schätze Athens, und bil-
dete gewissermassen „ein einziges Weihgeschenk für die Götter".
Ihre grösste Zierde war und ist noch der Parthenon (1), ein von Iktinos mit Hülfe
des Kallikrates und des Karpion um 444 v. C. unter Perikles erbauter Tempel der Pallas
Athene, von der Bulver sagt:
„Dass sie, die stattliche jungfräuliche Göttin, unter allen griechischen Gottheiten die
„majestätischste war, indem sie in einer einzigen Gestalt den wahren vielfältigen wenn
„gleich individuellen Genius der Griechen in sich fasste, und indem sie unter allen Gott-
heiten des heidnischen Himmels das ward, was das von ihr beschützte Athen auf Erden war."
Der Parthenon ist im dorischen Styl aus pentelischem Marmor erbaut. Geschmückt
mit den Werken der berühmtesten Künstler, war, und ist er noch gegenwärtig in seinen
Ueberresten, anerkannt und bewundert als das Vortrefflichste, was die Baukunst je her-
vorgebracht hat.
Er enthielt die berühmte 37 Fuss hohe Pracht-Bildsäule der Göttin, aus Gold und
Elfenbein, von Phidias, in einem Werth von nahe anderthalb Millionen Gulden, nebst
vielen anderen erzenen und steinernen Statuen, und war das Depositorium des von Delos
nach Athen gebrachten Staatsschatzes und der heiligen Gelder, der Weihgeschenke, sowie
auch der Summen und Kostbarkeiten, welche Privaten der grösseren Sicherheit wegen
hier niederlegten.
Er steht auf der höheren Platform der Akropolis, so dass die Kapitaler der Säulen
der Propylaeen im Niveau sind mit dem Pflaster in seinem Perystile, hat 8 Säulen in jeder
der Fronten und 17 auf jeder Seite. Ihr Durchmesser an der Basis ist 6 Fuss 2 Zoll
engl., ihre Höhe 34 Fuss; seine ganze Höhe bis an die Spitzen der Giebel ÜÖ Fuss. Im
Vorder- und Hinter-Gebäude stand vor dem Eingange noch eine zweite Reihe etwas klei-
nerer Säulen, 5 Vi Fuss im Diameter haltend. Die Länge des ganzen Tempels ist 228 Fuss,
seine Breite 102. Jene theilte sich in zwei innere Räume, von denen der östliche den
Naos, der westliche das Postikum, von 4 Säulen — 4 Fuss im Durchmesser haltend —
getragen, bildeten. Der Naos enthielt 10 Säulen, circa 3 Fuss dick und 30 Fuss hoch, —
also wahrscheinlich eine doppelte Säulenstellung, und war Ö2'/2 Fuss breit.
Von den Gruppen in den beiden Giebelfeldern stellte die westliche, am Opisthodomos,
den Sieg der Pallas in dem Kampfe mit Poseidon wegen des Besitzes von Athen, die öst-
liche die Geburt der Göttin dar. Hier befand sich auch der herrliche von vier Pferden
gezogene Siegeswagen, auf welchem die Göttin sass. Morosini liess den Versuch machen,
die Gruppe fortzuführen; allein er misslang, sie fiel herab und brach in Stücken.
Die Q2 Metopen am äusseren Karnies mit den schönen Basreliefs, zeigten Scenen aus
den mythischen Kämpfen der Athenienser, und der 520 Fuss lange Fries an der Cella und
den beiden Vestibüles den mystischen Zug der Panathenaeen, sämmtlich Meisterwerke von
der Hand des Phidias und seiner Gehülfen.
Bei der ausserordentlichen Genauigkeit und Festigkeit der Construction, konnten weder
die Zeit noch kriegerische oder elementarische Unbilden ihm viel anhaben, und obgleich
nach und nach fast aller seiner beweglichen und zum Theil unbeweglichen Zierden beraubt,
erhielt er sich in der Hauptsache ziemlich vollständig, bis im Herbste 1Ö82 durch venetia-
nisches Geschütz das von den Türken darin angelegte Pulvermagazin entzündet, und durch
die Explosion nicht nur der ganze mittlere Theil seines Innern zerstört und die östliche
Fronte sehr beschädiget wurde, sondern auch in der nördlichen Säulenreihe eine auf un-
serem Blatte sichtbare grosse Lücke entstand. Wie alle grösseren Tempel Athens wurde
auch der Parthenon zu einer christlichen Kirche gemacht und der Panaghia, als Nach-
folgerin der Pallas, geweiht. Später stand in dem innern Räume eine kleine Moschee,
welche in neuerer Zeit zur Aufbewahrung gefundener Alterthümer diente.
Zu ihm und überhaupt zur Platform der Akropolis führten die Propylaeen (2), ein
wie der bürgerlichen so der Kriegsbaukunst mit gleichem Rechte angehörendes Prachtthor
von ausgezeichneter Schönheit, mit Seitenflügeln, in denen links die Pinakothek (5), rechts
wahrscheinlich die Wacht sich befanden. Der hier sichtbare Aufbau (4), bis herab zu der
sehr kennbaren Reihe von Triglyphen (5), ist aus neuerer Zeit und gegenwärtig ganz ab-
getragen. Auf den zwei Eckpfeilern beider Flügel-Unterbauten standen, nach Dr. Ross, zwei
Reiterbildsäulen. Auch die Propylaeen sind ein Werk aus den Zeiten des Perikles, der sie zu
Schutz und Zier, von Mnesikles, 457 v. C., aus pentelischem Marmor im dorischen Styl
erbauen liess. Man schreibt den Entwurf dazu dem Phidias zu, wenn gleich ihr allge-
meiner Plan wohl weit üher die Zeiten des Perikles hinausreichen mochte. Sie wetteiferten
mit dem Parthenon in Vortrefflichkeit der Anlage wie der Ausführung.
Die Vorsorge Seiner Majestät des Königs Otto hat den Propylaeen ihr altes Recht,
den Haupt-Eingang zur Burg zu bilden, wieder eingeräumt. Ihre, wie die Umgebungen
des Parthenons und der übrigen Baudenkmäler, sind nach den Angaben des Herrn geheimen
Raths, Ritter von Klenze, anfangs unter dessen persönlicher Leitung, später unter jener der
Herren: Professor Dr. Ludwig Ross und der Architekten Ministerialrath Schaubert und
Hansen aufgegraben und gereiniget worden, so dass der König bereits am 10. September
1834 durch das wiedergeöfFnete Mittelthor (6), wo noch Spuren der alten Wagengeleise
sich zeigen, zur Akropolis einziehen konnte, um die Fortschritte der Ausgrabungen zu be-
sichtigen, welche auch durch manchen wichtigen Fund , darunter Reliefplatten des Phidias
von der Nordseite des Frieses des Parthenon, mehrere Inschriften u. a. m. belohnt wurden.
Das dritte, zugleich das ehrwürdigste, der bedeutenderen Gebäude auf der Burg, war
das Erechtheion, (7) ein ziemlich unsymetrischer Bau. Die Erklärung der Eintheilung
dieses Heiligthumes bleibt, so lange nicht seine völlige Aufgrabung erfolgt ist, noch immer
einigermaassen eine unsichere. Wir verweisen deshalb auf Dr. Forchhammers Abhandlung
darüber, *) aus welcher das Folgende entnommen ist.
Das Gebäude hatte nach diesem Autor untere Gemächer, Hypogaeen, die wegen der
Unebenheit des Bodens nur zum Theil zu Tage standen. Die südlich liegende, oben offene
Karyatidenhalle (8), mit dem von der Athene geschaffenen heiligen Oelbaume und dem
Altare des Zeus Herkeios, und die nördlich befindliche sechssäulige Stoa (9), mit dem Al-
tare dss Thyekoos, führten in die Vorhalle, zum Pandroseion. Unter diesem war die Erech-
theis mit dem Brunnen, der Salzquelle des Poseidon, und das Kekropeion, die Grab-
kammern des Erechtheus und des Kekrops. Jene hatte eine herrliche aber blinde Thüre
zur Stoa hin, dieses eine Verbindung mit der Karyatidenhalle, von deren 6 Karyatiden
(Cistophoren?) nur mehr 3 stehen, da die vierte umgestürzt, die fünfte in Rom ist, die
sechste aber von Lord Elgin. entführt wurde. Im Pandroseion, das nach Osten eine durch-
brochene Wand mit 4 Säulen besass, zwischen welche man zum Tempel der Athene
Polias gelangte, während es nach Westen, wo sonst das Opisthodom ist, von einer Fenster-
wand geschlossen war, standen die Bildsäulen der Pandrosos, dann wahrscheinlich jene der
Thallo und der Auxo. Der Tempel der Athene-Polias enthielt die angeblich vom Himmel
gefallene Statue der die Akropolis schützenden Göttin, die haushütende heilige Schlange, ein
hölzernes von Kekrops geschenktes Schnitzbld des Hermes, die berühmte goldene Lampe
und den damit in Verbindung gebrachten bronzenen Palmbaum, das Meisterstück des Er-
finders der korinthischen Säulenordnung — Kallimachos, ferner den Stuhl des Daedalos
und die persische Beute.
Aus ihm gelangte man in den Pronaos des Erechtheions, gegen Osten, worin die Al-
täre des Poseidon-Erechtheus, des Butes und des Hephaestos und nahe bei dem Ersteren
eine zu dem Hypogaeon hinabführende Treppe sich befanden. Vor dem Erechtheion gegen
Osten, stand abermals eine sechssäulige Stoa (10) und ausserhalb derselben der Altar des
Zeus Hypates
Das Ganze wurde zu Anfang des fünften Jahrhunderts v. C. gebaut, litt bald darauf
durch Feuer und wurde wahrscheinlich erst gegen Ende des vierten ganz vollendet. Es
ist im jonischen Styl mit einem grossen Aufwände der feinsten Verzierungen ausgeführt,
die noch gegenwärtig eine Reinheit und Schärfe besitzen, welche man von Arbeiten in Marmor
früher kaum hätte möglich halten sollen, die jedoch an den neueren Bauten in München,
besonders an der Glyptothek, wenn auch nicht ühertroffen, doch mit gleicher Vollendung
wieder zu finden sind. Zu den drei bekannten Künstlern, die daran gearbeitet: Phyromachos,
Praxias und Antiphanes sind uns seit kurzem erst aus einem Bruchstücke der Baurechnung
des Erechtheions, welches man bei dem Abwerfen der türkischen Batterien auf der Akro-
polis gefunden, noch drei weitere bekannt geworden. Sie hiessen Mynnion, Sokles und
Jasos.
Im Mittelpunkte zwischen den drei Hauptgebäuden auf der Akropolis (11), stand die
kolossale Bildsäule der Athene Promachos. Sie, nebst andern ehernen Statuen, war nach
dem Abzüge Alarichs, bis gegen den Schluss des vierten Jahrhunderts n. C., noch an ihrer
Stelle. Ihr Helmbusch wie die Spitze ihrer Lanze glänzten den Schiffern auf dem Wege
von Sunion her entgegen. Sie war umgeben von einem Wald von Bildsäulen und Gruppen
in Marmor wie in Erz, die einzeln anzuführen den Zweck dieser Zeilen übersteigen würde.
Die Akropolis enthielt ausser den vorbezeichneten grösseren Heiligthümern noch einen
Tempel des Zeus Polieus, des Pandion, der Aphrodite Hippolyteia, der Artemis Brauronia
u. a. Es finden sich jedoch, mindestens für jetzt, noch nicht genug erkennbare Spuren
ihrer ehemaligen Standpunkte.
Rechts am südlichen Flügel der Propylaeen zeigt sich ein hoher viereckigter Thurm
(12), wahrscheinlich aus der Zeit der fränkischen Fürsten in Athen und wohl zu Signalen
bestimmt; in unserer Zeit zu trauriger Berühmtheit gelangt durch den Tod des neuhelle-
nischen Helden Odysseus.
Unmittelbar vor ihm, auf der mit 13 bezeichneten Stelle, stand bis zum Jahre 1Ö87,
wo ihn Spon und Wheler noch sahen, der kleine jonische Tempel der Nyke Apteros, der
ungeflügelten Siegesgöttin, welcher zu Ehren des Sieges am Eurymedon von Kimon, etwa
um die 78ste Olympiade, gebaut wurde; neben ihm des Alkamenes dreileibige Bildsäule
der Hekate, Epipyrgidia genannt. Nach dem Ausbruche des letzten venetianischen Krieges
von den Türken zerstört, wurden seine Trümmer grösstentheils zu den zunächst befindli-
chen modernen Festungsmauern verwendet, aus welchen sie bei dem Abbruche durch die
oben genannten mit der Reinigung der Akropolis beauftragten Herren gesammelt und nach einigen
Ergänzungen theils von pentelischem Marmor, woraus er ursprünglich bestand, theils aus
Porosstein, im Jahre 1830 auf der alten Stelle, diese deutlich erkennbar an den Eindrücken
der Säulen auf dem marmornen Boden, wieder aufgebaut wurden.
„— Die verschwund'nen Tempel sie erstehen,--------"
König Ludwig.
So ist der wiederhergestellte Tempel nun ein Zeuge mehr von der ordnenden Sorgfalt,
welche die Regierung des königlichen Sprossen aus Wittelsbach's erlauchtem Stamme be-
zeichnet. Möge die dankbare Siegesgöttin für alle Zeiten den hellenischen Fahnen den Weg
zu neuem ewigen Ruhm bahnen!
Die Vermuthung Leake's über des Tempels ehemalige Lage, ist durch diese Aufstellung
auf das Vollkommenste gerechtfertiget. Lord Elgin führte, nebst vielen andern Werken
der Sculptur vom Parthenon u. a., 4 Stücke des Frieses vom Nyketempel nach England.
Diese wie die neuerlich dazu gefundenen Theile desselben enthalten kriegerische Scenen,
wohl zwischen Persern und Griechen, auf der Südseite vorzugsweise Reiterkämpfe. Sie
sind mitunter sehr beschädiget.
Wir entnehmen dem ausgezeichneten Werke des Dr. Ross und seiner Mitarbeiter**)
die nachstehende Vignette,
ft) Ilellenikn, Heft I. Berlin i837 bei Nikolai.
##) Die Akropolis von Athen nach den neuesten Ausgrabungen. Erste Abtheilung: Der Tempel der Nyke Apteros.
Merlin 1839 bei Schenk und Gerstiieker.
um die durch Aufstellung des Tempels (a) veränderte Ansicht der Akropolis zu zeigen,
womit zugleich die heutige Front der Propylaeen (b), nach ihrer Befreiung von den späteren
An- und Zwischenbauten, so wie die zwei nischenarligen Vertiefungen (c) in dem Posta-
mente des Nyketempels anschaulich werden, welche die Heiligthümer der jugendnähren-
den Erde, der Ge, und der Demeter Chloe enthielten. In der Gegend, wo dieser Tempel
steht, ist auch die Stelle (14) zu suchen, an welcher Aegeus der Ankunft des Schiffes des
Theseus von Kreta harrte und sich herabstürzte, als er das aus Unachtsamkeit des Piloten
unausgewechselte schwarze statt des weissen Segels erblickte, welches letztere ihm ein Zei-
chen des gelungenen Zuges seyn sollte.
Unfern der südwestlichen Ecke des nördlichen Flügels der Propylaeen (15), zeigt sich
ein ansehnliches Postament, 27 engl. Fuss hoch, mit einer 15 ü Fuss grossen Oberfläche,
auf welcher, nach einer daran sich erhaltenen Inschrift, die Athenienser ihrem Wohlthä-
ter, dem Markus Agrippa, im dritten Jahre seines Consulats (726 Jahre nach Erbauung
Roms) eine Statue errichtet hatten. Auf der Akropolis befand sich auch ein von Lykur-
gos, dem Sohne des Lykophron, errichtetes grosses Waffenmagazin.
Wir kehren noch einmal zu den auf diesem Blatte sichtbaren Theil der Mauern der
Akropolis zurück und bemerken zuvörderst, dass im Mittelpunkte der nördlichen Mauer,
der pelasgischen (10), auch die langen Mauern genannt, die Spuren der Eile ihrer Wieder-
herstellung nach dem persischen Einfalle sich zeigen, in den cannelirten Säulentrommeln von
sehr bedeutendem Umfange, und in Architravstücken und Triglyphen mit Metopen dori-
scher Ordnung (17), die als Trümmer zerstörter Prachtbauwerke zur Ausbesserung von
Themistokles benutzt wurden. An diesem Theil der nördlichen Mauer war es, wo die
stürmenden Perser zur Burg hinaufdrangen.
Etwas weiter links, bei 18, sieht man eine kleine Höhle. In ihr und in einer zwei-
ten Vertiefung am Fusse der Felsen, die langrn genannt, hier jedoch nicht sichtbar, aber
etwa bei IQ, möchte das Agrauleion zu suchen seyn, das dem Andenken an die agrari-
schen Jungfrauen Herse und Aglauros (Agraulos), den Töchtern des Kekrops, geweihte Hei-
ligthum, welche ungehorsam dem Befehle der Pallas das ihnen und der dritten Schwester,
Pandrosos, anvertraute mysteriöse Pfand, die Kiste mit dem kleinen Erichthonios, öffneten
und im Wahnsinn über den Anblick der Drachengeburt, an dieser Stelle von der Akro-
polis sich herabstürzten, während Pandrosos allein die geheimnissvolle Wiege treu bewahrt
hatte. Einige versetzen das Agrauleion in die mit 20 bezeichnete mehr westlich gelegene Grotte.
Die atheniensische Jugend legte in diesem Heiligthume, ganz bewaffnet, den Krieger-Eid ab.
Aus der Grotte der Aglauros führte ein, wahrscheinlich jetzt schon wieder gangbar
gemachter unterirdischer Weg, zum Plateau der Akropolis zwischen dein Erechtheion und
den Propylaeen.
In dieser Gegend lag auch nach Pausanias das Prytaneion (21), welches die Gesetze
Solons enthielt und in welchem die Gesandten und sonstigen geehrten Gäste bewirthet wur-
den. Hier stand die Hestia des Staates, der Heerd mit dem ewigen Feuer, von welchem
die Kleruchen die heilige Flamme des Mutterstaates entlehnten. Hinter ihm'das sogenannte
Hungerfeld, ein dem Apollo geweihter Grund. Die Strasse der Tripoden nahm hier ihren
Anfang. Etwas tiefer und vermuthlich an der Stelle 22, wo jetzt die Kirche der Panaghia
Vlastiki oder Viastini steht, mögen das Sarapeion und der Bundesaltar des Theseus und
des Peinthoos gestanden haben, unweit welchem der Tempel der Jlithya (Lucina) sich befand.
Ferner war in dieser Gegend, und zwar unmittelbar unter dem Agrauleion, ungefähr
bei 23, das Anakeion, der Tempel der Dioscuren; aber mehr am nordwestlichen Abhänge
des Burgfelsens (24) lagen die zum neun thorigen Pelasgikon gehörenden vor jedem An-
bau geheiligten Gründe. Gleich oberhalb dieser Region, bei den Ziffern 25 und 2(3, sind
zwei Höhlen, eigentlicher Grotten, von geringer Tiefe, welche dem Apollo und dem Pan
heilig waren. In ihnen soll, bevor sie zu ihren Heiligthümern erhoben wurden Apollo
Zusammenkünfte mit der Tochter Erechtheus II, der Kreusa, gehabt, diese den Jon'geboren
haben und Erechtheus von der Erde verschlungen worden seyn. Sie enthalten die erkenn-
baren Stellen für die Altäre und Statuen der Gottheiten und Nischen zu Weihgeschenken.
Nahe dabei ist die Quelle Klepsydra, (welche sich zum Theil in der Gegend des tür-
kischen Begräbnissplatzes, wo einst das Askleipion •— der Tempel des Aeskulap __ stand
(27), als Brakwasser wieder zeigt, zum Theil aber mag sie in die Stadt, dem Bazar zu,
geleitet worden seyn), und die ziemlich schmale Treppe, die von der Nordseite zu den
Propylaeen führte und hier (28) noch durch die von Odysseus 1825 erbaute Batterie um-
schlossen ist, aber nunmehr bereits frei gemacht seyn wird.
Die mit 2Q bezeichnete Linie der modernen Befestigungsmauer dürfte so ziemlich die
wahre Richtung angeben, in welcher die Procession der Panathenaeen nach der Rückkehr
vom Eleusinion am Jlyssos*) zur Akropolis zog.
Die Mauer rechts (30) begränzte das Odeion des atheniensischen Eponymos, Herodes
Attikus, nach seiner Gemahlin auch das der Regula genannt, von welchem am südwestli-
chen Ende (31) noch bedeutende Reste stehen. Es war, vielleicht nur theilweise, mit Ke-
drosbalken gedeckt, fasste gegen 8000 Menschen und wurde etwa 150 Jahre v. C gebaut.
Die Kirche 32 ist dem Hagios Soteros geweiht.
„Stille herrschet auf dem nahe gelegenen Arenpagos,
Wo die Richter bei Nacht hielten die Sitzungen nur."
König Ludwig.
Der Areiopag (Areios pagos hat seinen Namen von dem Gerichte, das hier über
Ares wegen der Ermordung des Hahrrhotius gehalten, und wodurch der spätere so be-
rühmte Gerichtshof an dieser Stelle gegründet wurde.
Er wird bei 33 durch eine tiele Einsenkung von der Akropolis getrennt. Schon
die Amazonen, spater die Perser, hatten ihn als ihren Aufstellungs- und Lagerpunkt zum
Angriff gegen die Akropolis gemacht. Der Gerichtshof selbst, mit einem von Orestes ge-
weihten Altar der Athene Areia, (als er der Strafe wegen Ermordung seiner Mutter ent-
gangen war), und den zwei rohen Steinen für Kläger und Geklagten, befand sich, ohne
Dach, auf dem höchsten östlichen Punkte (3+); unweit von ihm der Tempel der Furien
(Eumemden), und m der Nähe von diesem wieder das Heroon des Hesychos, des Stamm-
vaters der attischen Familie, die den Cultus der Eumeniden erblich besorgte. Hades, Her-
mes und die Erde besassen hier gleichfalls Altäre. Am westlichen Abhänge des Areiopags
(35), mag das Hephaesteion gelegen haben; nahe daran (36) der Tempel der Aphrodite Ura-
nia, zu welchem vielleicht die noch heute sichtbaren Stufen an der Nordseite (37) führten
während jene an der Südostseite (38) für den Aufgang zum Gerichtshofe bestimmt waren!
Bei dem Hephaesteion stand wohl das Eurysakeion, zu Ehren des Sohnes des Ajax, Eury-
sakes. So möchte bei 3g auch die Lage des Anfangs vom Markthügel, des Kolonnos Agoraeos
zu suchen seyn. Bei 40 ist eine wilde, durch scharfe Vorsprünge mehrmals bis zu ihrer stets
mit etwas Wasser angefüllten Tiefe unterbrochene, Felsenkluft; etwa das Barathron? oder
wäre dieser zur Vollziehung der Verurtheilungen bestimmte Ort die Höhle gewesen, welche
der bei 41 überhängende Felsen birgt? Innerhalb des Bereiches des Areiopaeos war auch das
Grab des Oedipos. r &
, .. 1In„.derJ]Xäne dieses mit Heiligthümern und Denkmälern übersäeten Hügels stand das Ge-
bäude für die Bewahrung des heiligen Schiffes, das in dem Zuge der Panathenaeen erschien,
#) Wenn Leakes Annahme ,1er Lage des Kleusinions richtig ist.