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Stahl, Ernst Leopold
Joseph Freiherr von Auffenberg: sein Leben und seine Dramen — Hamburg, Leipzig: Voss, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.73241#0047
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Die Dramen

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Schwester Cäcilie wirbt. Diese, im Leben ein sehr leichtfertiges
Fräulein, 1 ward bei Auffenberg ein Ausbund von Tugend: Be-
schützerin der Unschuld, Freundin aller Parteien, kurz, ein Wesen
voll Liebe und Güte. Auf Christoph, für den die Geschichte
wenig Anhalt bieten mochte, lud Auffenberg diesmal seine Ge-
dankenfreiheitswünsche ab: dieser Schwedenhauptmann ward ein
Posa aus Durlach bei Karlsruhe.
Der „Erich" ist Auffenberg auch später noch lieb geblieben.
In seinem halbsatirischen Kunstdialoge „Das Nordlicht von Karls-
ruhe" suchte er des Stückes Fehler mit dem Mangel an Be-
lesenheit zu entschuldigen. Aber gerade dieser scheinbare Defekt
hat dem Werke, dem im historischen Schauspiel jenes dramatisch
so kümmerlichen dritten Jahrzehnts nur Grillparzers „Ottokar"
vorzuziehen wäre, einen Reiz der Unmittelbarkeit verliehen, den
bereits das nächste, „Das Opfer des Themistokles" (1821),
nicht mehr besaß. Zum zweiten Male trifft Auffenberg sich in
seiner Stoffwahl mit einem dramatischen Plan Schillers. 2 Wenn
im Themistokles- Fragment des letzteren nach Kettners Meinung
der Titelheld sich als ein antikes Gegenbild zum Wallenstein
darstellt,3 so ist Auffenbergs Drama eher eine auf altklassischen
Boden verlegte Fortsetzung dieses Werkes, indem hier dessen
letzte Konsequenzen (der vollzogene Übertritt zum Feinde) zur
Handlungsbasis gemacht werden. Eine ganze Reihe von Einzel-
zügen, wie die Darstellung der Flucht und der Ankunft in der
Perserhauptstadt, stammt direkt aus Plutarch, der Auffenberg
indessen nicht genug dramatische Substanz vermittelte, als daß
er ohne freie Erfindung hätte auskommen können. Gerade diese
aber ist gänzlich konventionell: dem Perserfeldherrn Araspes
(die ganze Handlung spielt in Susa) muß eine persönliche Feind-
schaft gegen den flüchtigen Griechenhelden und diesem wiederum
eine unglückliche Liebe für Araspes' Tochter imputiert werden, die
gar im König selber noch einen weiteren Verehrer besitzt. Während
Schiller den Themistokles sehr fein in ähnlicher Weise etwa wie
Wallenstein „mit einem gleichen Anteil reiner und unreiner Triebe"
leben und sterben lassen wollte, machte Auffenberg einen durch-

1 Erik Gustave Geyer, Geschichte der Schweden. Englische Über-
setzung: The History of the Swedes. Translated by J. H. Turner. London o. J.

2 Schillers sämtliche Werke. Säkularausgabe. Bd. VIII. S. 287ff.

3 Ebenda Einleitung. S. IX.
 
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