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Stahl, Ernst Leopold
Joseph Freiherr von Auffenberg: sein Leben und seine Dramen — Hamburg, Leipzig: Voss, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.73241#0009
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Einleitung.

Schiller war 1805 mitten aus einem Leben voller Pläne und
Wünsche herausgerissen worden. Damit hatte nicht nur die
deutsche Literatur im allgemeinen ein Schlag getroffen, wie sie
ihn vorher nie noch erlitten: vor allem die deutsche Bühne wurde
plötzlich ihrer festesten Stütze und gar — der Dramatiker, der
eben erst den „Teil" vollendet, war noch in der Aufwärtsent-
wicklung begriffen — ihrer größten Hoffnung beraubt. Es galt
für den praktischen Theatermann, nach Ersatz für den Dichter
sich umzusehen, der seit einer Reihe von Jahren in ziemlich
regelmäßigen, kurzen Abständen mit einem Stücke sich einzu-
stellen pflegte und dessen Erfolg, mochte er auch im Grade ver-
schieden sein, doch sozusagen im voraus verbürgt war: der höchste
Ehrenplatz in der deutschen dramatischen Literatur, der Sitz für
den Klassiker der historischen Verstragödie, war neu zu vergeben.
Auf Goethe, den man außerdem am „Faust" beschäftigt wußte,
konnte das lebendige Theater nie eigentlich rechnen. Ifflands
Talent beschränkte sich völlig auf die bürgerliche Sphäre und
selbst da hatte es bereits manches an Sicherheit und Wirkung
eingebüßt. Kotzebue konnte die Bühne damals nirgends ent-
behren; aber ein Theaterleiter mit einer Spur literarischen Ge-
fühls erwartete von ihm, auch wo er ernst sein (und genommen
sein) wollte, gewiß nichts anderes, als mehr oder weniger niedrige
Unterhaltungsdramatik.
Das Bedürfnis mußte dringender werden, als nach dem
Ende der Befreiungskriege bei dem großen Publikum auch
das Interesse für die Bühne wieder zunahm. Man findet um
diese Zeit den Leiter des Berliner Hofschauspiels bei dem uns
heute (wo man des Mannes Leben und Treiben besser kennt, als
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