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liehe Regelung des Denkmalschutzes an und wollen darlegen, welchen
Inhalt diese Regelung haben müsse. Sie richten sich also ßji unsere Regie-
rung in dem Sinne, daß diese dahin wirken möge, ein völkerrechtliches
Abkommen dieses bestimmten Inhalts zustande zu bringen. Will übrigens
die Regierung diesen Anregungen überhaupt eine Folge geben, so kann sie
das auch schon während des Krieges tun: der Kriegszustand schließt eine
Verständigung über einzelne Fragen zwischen den Kriegführenden nicht
aus; man braucht, um das einzusehen, nur an die Vereinbarung über den
Austausch schwerverwundeter Gefangener zu denken.
Was nun den Inhalt der Vorschläge des Herrn Geheimrat Gurlitt
angeht, so betrifft er zwei voneinander ganz verschiedene Fragegebiete.
Einmal haben seine Vorschläge den Zweck, die Rechte und Pflichten der
kriegführenden Parteien in bezug auf den Denkmälerschutz genauer aus-
zugestalten. Sie beziehen sich insoweit, man könnte sagen: auf die
Rechtsfragen. Daneben aber verfolgen sie den ganz anderen Zweck,
Schwierigkeiten rein tatsächlicher Natur zu beseitigen. Wenn ein Bau-
denkmal im Kampf beschädigt ist, so entsteht — das hat sich gerade in
diesem Kriege gezeigt — zwischen den beiden kriegführenden Staaten nur
allzu leicht ein Streit darüber, welches die wirkliche Tatlage gewesen ist:
wer von den beiden Parteien hat die Beschädigung verursacht ? Die Stadt
kann ja, wie zum Beispiel Mecheln, der Beschießung von beiden Seiten aus-
gesetzt gewesen sein. Hat die Partei, die im Besitz der Stadt war, alles
getan, um das Bauwerk zu schützen? Vor allem aber: lagen Umstände vor,
durch die die Beschießung völkerrechtlich gerechtfertigt war, oder nicht?
Man denke hierbei nur an den Fall der Beschießung von Reims. Die Haager
Abkommen verbieten ja die Beschießung der Baudenkmäler nicht schlechthin ,
sondern nur, sofern die Gebäude „nicht gleichzeitig zu einem militärischen
Zwecke Verwendung finden“, und ob dies der Fall gewesen ist oder nicht,
das kann leicht zwischen den Parteien tatsächlich streitig sein: der Angreifer
behauptet, der beschossene Kirchturm sei zu Beobachtungszwecken benutzt
worden, der Verteidiger leugnet das. Ferner legen die Haager Abkommen
dem Angreifer nur die Verpflichtung auf, die geschichtlichen Denkmäler
„soviel wie möglich“ zu schonen. Wieder kann es nun tatsächlich zweifel-
haft sein, ob nach den gegebenen Verhältnissen die Schonung für den Angreifer
aus militärischen Gründen möglich war. Die Gurlittschen Vorschläge
suchen einen Weg, diesen tatsächlichen Streitigkeiten vorzubeugen. Meine
Bedenken richten sich in erster Linie gegen diesen zweiten Inhalt der
Gurlittschen Vorschläge, gegen die Regelung dieser Tat frage oder
Beweisfrage. Hiervon will ich zuerst sprechen.
Der Gurlittsche Vorschlag geht dahin, es solle eine internationale
Denkmalschutzkommission eingerichtet werden, deren neutralen Mitgliedern
im Kriegsfälle das Recht zusteben solle, den Denkmalschutz zu überwachen.
Mit der Überwachung ist, wie ich annehme, nicht gemeint, daß diesen neu-
tralen Personen eine Befugnis, zum Schutze der Denkmäler irgendwie ein-
zugreifen oder irgend etwas zu fordern, zustehen soll, sie sollen vielmehr
nur in die Lage gesetzt werden, sich davon zu überzeugen, was auf der
einen und der anderen Seite tatsächlich geschieht, so daß sie darüber sicheres
Zeugnis ablegen können. Dieser Vorschlag bringt dem geltenden Recht
gegenüber etwas völlig Neues; ich halte ihn indes für ganz unannehmbar.
liehe Regelung des Denkmalschutzes an und wollen darlegen, welchen
Inhalt diese Regelung haben müsse. Sie richten sich also ßji unsere Regie-
rung in dem Sinne, daß diese dahin wirken möge, ein völkerrechtliches
Abkommen dieses bestimmten Inhalts zustande zu bringen. Will übrigens
die Regierung diesen Anregungen überhaupt eine Folge geben, so kann sie
das auch schon während des Krieges tun: der Kriegszustand schließt eine
Verständigung über einzelne Fragen zwischen den Kriegführenden nicht
aus; man braucht, um das einzusehen, nur an die Vereinbarung über den
Austausch schwerverwundeter Gefangener zu denken.
Was nun den Inhalt der Vorschläge des Herrn Geheimrat Gurlitt
angeht, so betrifft er zwei voneinander ganz verschiedene Fragegebiete.
Einmal haben seine Vorschläge den Zweck, die Rechte und Pflichten der
kriegführenden Parteien in bezug auf den Denkmälerschutz genauer aus-
zugestalten. Sie beziehen sich insoweit, man könnte sagen: auf die
Rechtsfragen. Daneben aber verfolgen sie den ganz anderen Zweck,
Schwierigkeiten rein tatsächlicher Natur zu beseitigen. Wenn ein Bau-
denkmal im Kampf beschädigt ist, so entsteht — das hat sich gerade in
diesem Kriege gezeigt — zwischen den beiden kriegführenden Staaten nur
allzu leicht ein Streit darüber, welches die wirkliche Tatlage gewesen ist:
wer von den beiden Parteien hat die Beschädigung verursacht ? Die Stadt
kann ja, wie zum Beispiel Mecheln, der Beschießung von beiden Seiten aus-
gesetzt gewesen sein. Hat die Partei, die im Besitz der Stadt war, alles
getan, um das Bauwerk zu schützen? Vor allem aber: lagen Umstände vor,
durch die die Beschießung völkerrechtlich gerechtfertigt war, oder nicht?
Man denke hierbei nur an den Fall der Beschießung von Reims. Die Haager
Abkommen verbieten ja die Beschießung der Baudenkmäler nicht schlechthin ,
sondern nur, sofern die Gebäude „nicht gleichzeitig zu einem militärischen
Zwecke Verwendung finden“, und ob dies der Fall gewesen ist oder nicht,
das kann leicht zwischen den Parteien tatsächlich streitig sein: der Angreifer
behauptet, der beschossene Kirchturm sei zu Beobachtungszwecken benutzt
worden, der Verteidiger leugnet das. Ferner legen die Haager Abkommen
dem Angreifer nur die Verpflichtung auf, die geschichtlichen Denkmäler
„soviel wie möglich“ zu schonen. Wieder kann es nun tatsächlich zweifel-
haft sein, ob nach den gegebenen Verhältnissen die Schonung für den Angreifer
aus militärischen Gründen möglich war. Die Gurlittschen Vorschläge
suchen einen Weg, diesen tatsächlichen Streitigkeiten vorzubeugen. Meine
Bedenken richten sich in erster Linie gegen diesen zweiten Inhalt der
Gurlittschen Vorschläge, gegen die Regelung dieser Tat frage oder
Beweisfrage. Hiervon will ich zuerst sprechen.
Der Gurlittsche Vorschlag geht dahin, es solle eine internationale
Denkmalschutzkommission eingerichtet werden, deren neutralen Mitgliedern
im Kriegsfälle das Recht zusteben solle, den Denkmalschutz zu überwachen.
Mit der Überwachung ist, wie ich annehme, nicht gemeint, daß diesen neu-
tralen Personen eine Befugnis, zum Schutze der Denkmäler irgendwie ein-
zugreifen oder irgend etwas zu fordern, zustehen soll, sie sollen vielmehr
nur in die Lage gesetzt werden, sich davon zu überzeugen, was auf der
einen und der anderen Seite tatsächlich geschieht, so daß sie darüber sicheres
Zeugnis ablegen können. Dieser Vorschlag bringt dem geltenden Recht
gegenüber etwas völlig Neues; ich halte ihn indes für ganz unannehmbar.