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Kekulé von Stradonitz, Reinhard
Die Balustrade des Tempels der Athena-Nike in Athen — Leipzig, 1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.976#0044
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zu folgen, entweder dass ein Tempel früher nicht vorhanden war, oder
es musste die Bastion eine Form und Ausdehnung haben, mit wel-
cher die Existenz des vorhandenen Tempels oder eines andern Hei-
ligtums an der selben Stelle, trotz des fortificatorischen Zwecks,
vertraglich war. Die erstere Annahme würde durch die Voraus-
setzung des Tempels in dem Plane der Propyläen nicht ausgeschlos-
sen werden. Es ist sehr wohl denkbar, dass bei dem Plane der
Propyläen Rücksicht auf einen an dieser Stelle zu erbauenden Tem-
pel genommen wurde. Aber es ist aus anderen Gründen nicht wahr-
scheinlich, dass hier erst nach Kimon zum ersten male ein Tempel
errichtet worden sei. Dass der Cult der Athena-Nike in enger Ver-
bindung mit dem der Polias stehe, dass er sehr alt scheine, dass er
sich an ein altes Schnitzbild anschliesse, ist früher erörtert worden.
Auch wenn wir ganz davon absehen wollen, dass er an dieser Stelle
eine besondere Bedeutung gewinnt, so wird die Voraussetzung,
dass ein alter Cult von einer Stelle nach einer andern übertragen
worden sei, stets unwahrscheinlich bleiben, wenn nicht dafür die
unzweifelhaftesten Beweise gegeben werden können. Aber wenn
auch die polygone Mauer, welche das Plateau östlich begrünzt, nicht
zur Stützung der Terrasse der Artemis Brauronia diente, sondern
eine freie Mauer war, worüber hier nicht abgeurteilt werden soll,
so ist nicht glaublich, dass sie die Gränze des eigentlichen Burg-
raums bezeichnete. Es ist sehr wohl denkbar, dass verschiedene
Umgränzungen zur möglichen Vertheidigung eines Rayons nach dem
andern angelegt waren; und bei dem Mangel anderer Spuren der
gleichzeitigen Befestigung scheint es nicht wahrscheinlich, dass über
die Bedeutung jener Mauer mit völliger Sicherheit geurteilt werden
könne. — Es kommt dazu, dass die Orientirung des Tempels selbst,
wie binnen kurzem Heinrich Nissen nachweisen wird, auf eine sehr
alte Gründung des Heiligtums deutet. Dann bleibt nur die Annahme,
dass die Bastion, so lange sie noch zu wirklicher Verteidigung be-
stimmt war, nach Westen und nach Norden beträchtlich weiter vor-
sprang. Es ist von Bötticher bemerkt worden, dass sich diese Frage
 
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