Zur Geschichte dieses Bilderkreises. Einflufs.
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kommt aber wie diese auch im griechischen Physiologus vor1), aller-
dings wieder nicht in der Smyrna - Handschrift [oder überhaupt in
einer älteren Redaktion, sondern erst in derselben mittelgriechischen
Hauptform, die den Greif behandelt]. Es heifst dann von ihr, sie sei
ein schönes buhlerisches Weib, das mit dem Löwen und den übrigen
wilden Tieren in eines jeden Sprache rede. In rohen Skulpturen in
Athen (u. a. 0.), die ich gelegentlich zusammenstellen werde, und z. B.
auch in den überaus zierlichen Tierinitialen des vatikanischen Jacobus
Monachus gr. 1162 auf fol. 36r und 83v sieht man sie dargestellt.
Wahrscheinlich ist das Eindringen der Gestalten des Physiologus-
kreises oder wenigstens die Anregung zur Darstellung von Monstra
durch den Physiologus in den Miniaturen, welche die Erschaffung oder
Namengebung der Tiere und den Ein- oder Auszug in die Arche vor-
führen. Die Bibel der Laurentiana Plut. 5, Cod. 38 zeigt auf fol. 3r
die drei Reiche der Schöpfung: links oben die Vögel, unter welchen
man den Hahn, den Storch und das Perlhuhn gewahrt, darunter die
Fische, links und rechts flankiert durch ein Pferd mit Fischschwanz2),
rechts die Erde mit einer fast vollzähligen Menagerie: Hase, Eich-
kätzchen, Wildschwein, Kamel, Greif, Löwe, Tiger, Pferd, Elefant, Ein-
horn, Schlange und Reste der Darstellung eines Tieres mit einem ein-
geringelten Kopf, das man besser in einer zweiten Miniatur sieht. Auf
fol. 6r ist nämlich Adam gegeben, sitzend, die Rechte im Sprechgestus
gegen die Tiere erhoben haltend, die rechts in der Landschaft erscheinen:
Pfau, Rabe, Falke, Paradiesvogel, Hase, Ziege, Rind, Kamel, Giraffe,
Känguruh, Bär, Panther, Einhorn, Flügelpferd(?), Reh, Hirsch, Fuchs,
das blau und grau geschuppte Tier, dessen Kopf in den Hals ein-
geringelt ist, ferner eine Art Krokodil, eine Schlange und eine Chimäre
mit Löwen- und Ziegenkopf.
Im Kreise der Tiere, welche Noah in der Arche versammelt, läfst
sich deutlich eine Wandlung beobachten. Die Miniatur der Wiener
Genesis fol. II, 43) zeigt Paare von Tieren und Vögeln, unter denen
höchstens die Elefanten auffallen. Die Monstra fehlen. In dem mittel-
byzantinischen Oktateuch der Vaticana 746 fol. 53v erscheinen sie mitten
unter den andern Tieren. Neben dem Adler, der wie in der Wiener
Genesis oben mit ausgebreiteten Flügeln fast heraldisch gegeben ist,
neben dem Elefanten, dem Löwen, dem Rind u. a. Tieren sieht man
dann auch den Greif und das Einhorn.
[Wie diese kunsthistorischen Fragen nach der Ausbreitung des Phy-
siologus vorerst, so lange unsere Denkmälerkenntnis keine erschöpfende
ist, noch nicht spruchreif sind, ähnlich verhält es sich vorläufig auch
1) Vgl. Lauchert S. 39. Peters S. 44 f.
2) [d. i. durch einen Hippokampen, der wiederum in der mittelgr. Haupt-
redaktion unter der Bezeichnung Hydrippos geschildert wird (cf. Mustoxydes
S. 9; Peters S 42 f.) G.].
3) Hartei-Wickhoff Taf. IV
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kommt aber wie diese auch im griechischen Physiologus vor1), aller-
dings wieder nicht in der Smyrna - Handschrift [oder überhaupt in
einer älteren Redaktion, sondern erst in derselben mittelgriechischen
Hauptform, die den Greif behandelt]. Es heifst dann von ihr, sie sei
ein schönes buhlerisches Weib, das mit dem Löwen und den übrigen
wilden Tieren in eines jeden Sprache rede. In rohen Skulpturen in
Athen (u. a. 0.), die ich gelegentlich zusammenstellen werde, und z. B.
auch in den überaus zierlichen Tierinitialen des vatikanischen Jacobus
Monachus gr. 1162 auf fol. 36r und 83v sieht man sie dargestellt.
Wahrscheinlich ist das Eindringen der Gestalten des Physiologus-
kreises oder wenigstens die Anregung zur Darstellung von Monstra
durch den Physiologus in den Miniaturen, welche die Erschaffung oder
Namengebung der Tiere und den Ein- oder Auszug in die Arche vor-
führen. Die Bibel der Laurentiana Plut. 5, Cod. 38 zeigt auf fol. 3r
die drei Reiche der Schöpfung: links oben die Vögel, unter welchen
man den Hahn, den Storch und das Perlhuhn gewahrt, darunter die
Fische, links und rechts flankiert durch ein Pferd mit Fischschwanz2),
rechts die Erde mit einer fast vollzähligen Menagerie: Hase, Eich-
kätzchen, Wildschwein, Kamel, Greif, Löwe, Tiger, Pferd, Elefant, Ein-
horn, Schlange und Reste der Darstellung eines Tieres mit einem ein-
geringelten Kopf, das man besser in einer zweiten Miniatur sieht. Auf
fol. 6r ist nämlich Adam gegeben, sitzend, die Rechte im Sprechgestus
gegen die Tiere erhoben haltend, die rechts in der Landschaft erscheinen:
Pfau, Rabe, Falke, Paradiesvogel, Hase, Ziege, Rind, Kamel, Giraffe,
Känguruh, Bär, Panther, Einhorn, Flügelpferd(?), Reh, Hirsch, Fuchs,
das blau und grau geschuppte Tier, dessen Kopf in den Hals ein-
geringelt ist, ferner eine Art Krokodil, eine Schlange und eine Chimäre
mit Löwen- und Ziegenkopf.
Im Kreise der Tiere, welche Noah in der Arche versammelt, läfst
sich deutlich eine Wandlung beobachten. Die Miniatur der Wiener
Genesis fol. II, 43) zeigt Paare von Tieren und Vögeln, unter denen
höchstens die Elefanten auffallen. Die Monstra fehlen. In dem mittel-
byzantinischen Oktateuch der Vaticana 746 fol. 53v erscheinen sie mitten
unter den andern Tieren. Neben dem Adler, der wie in der Wiener
Genesis oben mit ausgebreiteten Flügeln fast heraldisch gegeben ist,
neben dem Elefanten, dem Löwen, dem Rind u. a. Tieren sieht man
dann auch den Greif und das Einhorn.
[Wie diese kunsthistorischen Fragen nach der Ausbreitung des Phy-
siologus vorerst, so lange unsere Denkmälerkenntnis keine erschöpfende
ist, noch nicht spruchreif sind, ähnlich verhält es sich vorläufig auch
1) Vgl. Lauchert S. 39. Peters S. 44 f.
2) [d. i. durch einen Hippokampen, der wiederum in der mittelgr. Haupt-
redaktion unter der Bezeichnung Hydrippos geschildert wird (cf. Mustoxydes
S. 9; Peters S 42 f.) G.].
3) Hartei-Wickhoff Taf. IV