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Technau, Werner
Exekias — Forschungen zur antiken Keramik, Heft 9: Leipzig: Keller, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.49900#0023
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drei parallele Bögen hinten, vorn zwei einander zugewandte Bögen mit kurzem Strich dazwischen —,
wie sie schon auf den Amphoren Faina (Taf. 7—13) nicht mehr anzutreffen ist. Dagegen ist dieser Zug ge-
treulich bewahrt auf einer Reihe von Bildern, die sich zu dem Werk eines Werkstattgenossen zusammen-
schließen lassen. Er hat das Pferd lieber reich geschirrt, mit einer wohlgefällig zurechtgelegten Schleife
des Bauchgurtes verziert. Er liebt das Pferd im Viergespann, wenn es sich geduldig ins Joch spannen läßt,
wenn es Herakles zur Götterschlacht mit den Giganten (Taf. 28,a), wenn es den Helden zur Schlacht, wenn
es Eos zur Kündung des Tages heraufführt. Er mag deshalb „Maler der Viergespanne“ heißen41.
Wie seine Pferde so sind auch seine Männer stürmischer in die Fläche gebreitet, wenn sie dem Kampf
ergeben sind, und mehr „figürlich“ gesehen, wenn sie ruhig dastehen. Nur die Frauen scheinen direkt
aus Bildern des Meisters gekommen zu sein, in ihrer unangreifbaren In-sich-Beschlossenheit.
Der „Maler der Viergespanne“ ist auch von dem tragischen Geist seines großen Lehrers erfaßt worden.
Auf einem vatikanischen Amphorenbild (Taf. 29), das schon Beazley in die Nähe des Exekias gesetzt
hat42, zeigt er die einsame Klage der Eos um ihren Sohn Memnon, der erschlagen im Wald liegt. Wozu
Exekias in seinen reifsten Schöpfungen gelangt ist, der Sichtbarmachung menschlicher Seelenbewegung,
das ist in der Klage der Morgenröte gleichfalls gelungen. Eine Mutter beweint ihren gefallenen Sohn.
Auch eine Göttin kann dies nicht schmerzensreicher tun als eine Sterbliche. Beide erleiden dasselbe Ge-
schick. Beiden ist gegeben, sich mit tragischer Würde dem Schicksal zu beugen.
Wir können nicht zweifeln, daß die vatikanische Amphora mit diesem einzigartigen Bild dem „Maler
der Viergespanne“ gehört, wenn wir sicher sind, daß auch die andere vatikanische Amphora mit Eos
auf dem Viergespann (Nr. 349) von seiner Hand stammt. Sie sind beide in Größe, Form, Dekoration und
Farbe gleich. Dann muß ihm aber auch eine weitere vatikanische Amphora gleicher Größe, Farbe und
Form gehören (Nr. 348), deren Hauptbild dem Löwenkampf des Herakles, deren rückseitiges Bild einer
bedeutungslosen Rüstungsszene gewidmet ist. Edle Pferde und tragische Größe sucht man vergebens.
Diese Amphora ist bereits ein Stück der Massenproduktion, dem großen Namen des Exekias nur noch
von ferne verpssichtet.
Mit diesem Stück taucht der „Maler der Viergespanne“ ein in die anonyme Schicht der Exekias-Werkstatt,
die in der „Group E“ von Beazley43 aufgezeigt ist. Aus ihrer unpersönlichen Gleichförmigkeit erhebt
sich nur noch einmal das Profil eines Gesellen. Nach einer Berliner Amphora (nr. 1699) kann er der „Maler
der Athena-Geburt“ genannt werden44.
Die Berliner Amphoren 1698 und 1699 (Taf. 30,31) zeichnen sich aus durch die gebändigte Sinnlichkeit
ihrer Körper, durch die besondere Form ihrer Füße, durch die ungewöhnliche Verzierung der Henkel mit
Rosetten und die Anbringung eines Tierfrieses auf der Lippe von 1699, durch die schmuckvolle Kleidung
ihrer groß gesehenen Figuren. Man wollte sie dem Meister selbst zuweisen45. Aber der parataktische Bau
der Bilder, die vielen nur zuschauenden Figuren, die von der Handlung nicht so stark mitbetroffen sind,
daß sie im Sinne des tragischen Chores das Geschehen deutend begleiteten, und überhaupt die verdünnte
Luft dieser Bilder entspricht nicht dem mit Körpern und Schicksalen bis zum Rand gefüllten Bildraum

41 s. das Verzeichnis seiner Werke S. 22.
42 ABS. 21.
43 BSA. 32, 3ff.
44 s. das Verzeichnis seiner Werke S. 23.
45 Beazley, ABS. 29 Nr. 1 und 2. Später von Beazley selbst aus dem Werk des Exekias gestrichen: BSA. 32, I.

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