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Technische Winke: Beiblatt zum "Kunst-Herold": Technische Winke — Nr. 1-4.1908

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No. 1
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TECHNISCHE WINKE.

No. 1

Caneparius, Venedig 1619, weist darauf hin, dass aus
einem gewissen Harz und Leinöl flüssiger „vernice“ ge-
macht wird, welcher Bildern Glanz verleiht.
Schröder, Ulm 1685, sagt dasselbe, sowie noch viele
andere.
Eastlake gibt sogar ausführliche Vorschriften für die Her-
stellung von Sandarak- und Bernsteinfirnis wieder (S. 132),
welche aus der Schrift Timotheo Rossellos „Della summa di
secreti universal! etc.“ stammen.
Das am meisten geschätzte Harz, das zur Herstellung von
Firnissen und später auch als wesentlicher Bestandteil des
Harzölbindemitteis verwandt wurde, war der Bernstein. Tat-
sache ist, dass der Bernstein von den Malern des Nordens viel
gebraucht wurde. War er doch das einzige harte Harz, das
man sich nördlich der Alpen leicht verschaffen konnte. Von
einem Firnis verlangt man Härte, verbunden mit einer ge-
wissen Elastizität. Er muss ferner gegen Feuchtigkeit dauer-
haften Schutz bieten, seine Oberfläche muss glatt bleiben und
darf nicht durch äussere Einflüsse verwittern.
Er muss ferner ein gewisses Lichtbrechungsvermögen
haben, das Licht zurückwerfen und dadurch glänzend er-
scheinen.
Alle diese Eigenschaften erhält eine Lösung von Bernstein
in Leinöl beim Auftrocknen.
Wenn man die verheerende Einwirkung des feuchten
Klimas bedenkt, miit der die alten Niederländer wie die nor-
dische Schule überhaupt zu rechnen hatten und mit der wir
noch heute rechnen müssen, so kann kein geeigneteres Binde-
mittel gefunden werden, als dieser Zusatz von Bernsteinfirnis.
Dass ein Harzölbindemittel tatsächlich von den Künstlern
allgemein verwandt wurde, beweist Theodor de Mayerne, der
berühmte Naturforscher, der Freund von Rubens und van Dyck,
der Interviewer aller Maler seiner Zeit. Wie er sagt (S. 165),
wurden die Farben, die schon mit Nussöl oder Leinöl ange-
rieben sind ,auf der Palette mit einer Bernsteinlösung ge-
mischt, wodurch dieselben einen herrlichen Glanz (un esclat
evcellent), abgesehen von anderen guten Eigenschaften, er-
hielten. Er beschreibt unter anderen ganz genau, wie Orazio
Oentilcschi. ein Florentiner Maler am Hofe Karls I,, eine
Harzölmischung seinen Farben tropfenweise zugibt (S. 166).
In einer alten Handschrift heisst es: „Die Farbe soll man
gut mit Oel verreiben und zuletzt unter jede Farbe drei Tropfen
Firnis reiben“, wobei unter Firnis eine Lösung von Harz in
Leinöl oder Nussöl verstanden ist (S. 153). Äusser den soge-
nannten harten Harzen, wie Bernstein, Sandarak u. a„ ver-
wandte man auch Weihharze, wie z. B. das aus verschiedenen
Koniferen gewonnene Terpentin, nördlich Strassburger Ter-
pentin genannt. Es werden von Eastlake zahlreiche Rezepte
wiedergegeben, nach welchen das Terpentinharz und Leinöl
gemischt werden (S. 156, 159, 138 etc.). Die Italiener nannten
solche Mischungen „vernice liquida“. Nach Cennini (S .143)
soll dies ein sehr gutes Bindemittel sein. Tatsächlich verleiht
es zusammen mit Leinöl den damit angeriebenen Pigmenten
eine bedeutende Leuchtkraft und Frische.
Nach der Entdeckung Amerikas wurde der Balsam Ko-
paivae bekannt, der mit Vorteil an Stelle des Venetianischen
Terpentins trat. Seit den Tagen von Reynolds hat er sich
in der Malerei bewährt (S. 256), und dient dieser Harzbalsam
dazu, die aufgetrocknete Harzölmischung dauernd elastisch zu
halten.
Pettenkoffer hat ihn seinem Regenerationsverfahren zu-
grunde gelegt, bei welchem bekanntlich die durch das Alter
spröde gewordene Oelschicht der Bilder durch Kopaivbalsam
und Alkoholdampf erweicht wird. Der Alkohol verdunstet,
während der Kopaivbalsam zurückbleibt. Dadurch wird die

vorher starre Oelschicht wieder geschmeidig und optisch
wirksam.
Es ist die Vermutung ausgesprochen worden, dass die An-
wendung des Pettenkofferschen Verfahrens bei Harzölfarben
Schwierigkeiten begegnen würde. So wurden Bedenken darin
gefunden, dass die Schicht der Harzölfarben beim „petten-
koffern“ allzusehr erweichen sollte. Nach unserer Ansicht liegt
aber ein bedeutender Vorteil darin, dass durch den Kopaiv-
balsam!, welcher sich in der Farbe befindet, das Erweichen der
Farbschicht bei diesem Verfahren gefördert wird.
Dagegen wäre es wohl denkbar, dass bei einem unver-
hältnismässig grossen Harzzusatz ein eventuelles Abnehmen
von Oelfirnissen erschwert würde. Die Mussiniölfarben ent-
halten jedoch keine derartig grossen Mengen von Harz, son-
dern nur eben soviel als unbedingt erforderlich ist.
(Fortsetzung folgt.)
Pinselstiele zu behandeln, damit die Hülsen
nicht locker werden.
Oft stellt sich bei den Pinseln das Uebel ein, dass
nach längerem Gebrauch und öfterem Waschen die Blech-
hülsen der Pinsel locker werden und man ist leicht geneigt,
diesen Umstand dem Fabrikanten zur Last zu legen.
Er resultiert dieses Uebel aber lediglich aus der Pinsel-
wäsche, die den Stiel des Pinsels, soweit er mit dem Seifen-
wasser in Berührung kommt, anschwellen lässt und die ihm
umschliessende Blechhülse auseinanderpresst.
Denn welche Kraft ein trockener, eingeführter Keil be-
sitzt, wenn er dauernd feucht gehalten wird, dürfte genügend
bekannt sein. Sind doch früher Sandsteinsprengungen mit
solchen Holzkeilen vorgenommen worden.
Tritt nun, womöglich durch forciertes Trocknen der Pinsel
an warmen Orten, ein Wiederzusammenschrumpfen des Holzes
ein, so wird die Blechhülse locker.
Will man sich gegen dieses Uebel schützen, so hat man
nur nötig, die Pinsel bis zur Hälfte mit warmen Leinöl zu be-
streichen und wird dann beim Waschen das Holz nicht mehr
quellen und nachher nicht eintrocknen.

Farbenmaterial.
Die so grosse Aufsehen erregende Ausstellung älterer eng-
lischer Meister in der Königlichen Akademie der Künste hat
ganz besondere Veranlassung gegeben, die wundervolle Technik
und Farbengebung der ausgestellten Werke hervorzuheben.
Hier ist es aber neben dem grossen Können das aus-
gezeichnete Material, was von jeher und auch heute
noch von englischen Künstlern bei Anfertigung ihrer Werke
benutzt wird*), während es leider eine schon lange gemachte
Beobachtung ist, dass von vielen unserer heimischen Künstler
oft sehr wenig Wert auf die Auswahl! des Materials gelegt wird
und nur allzu häufig der billigsten Ware, wie sie heute vielfach
auf den Markt kommt, der Vorzug gegeben wird.
Wie oft möchte der Händler, der das Interesse des Künst-
lers im Auge hat, abraten, wenn dieses oder jenes minder-
wertige Fabrikat verlangt wird. Er kann es nicht, er schweigt,
denn er will den Künstler nicht bevormunden.
Das Schicksal mancher Bilder, mit billigsten Studienfarben
auf minderwertigem Grund gemalt, sieht er voraus und wagt
es doch nicht, abzuraten.
Aber die billigen Farben sind nicht nur deshalb zu ver-
werfen, weil sie das Werk des Künstlers oft ungemein beein-

*) In England wird sehr viel mit Blockx-Farben gemalt.
Die Red.)
 
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