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9. Thomasins Weltanschauung.

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Alle drei wurzeln im Glauben (8283). Die Aussicht auf das Gericht
erfüllt uns mit Furcht, Gottes Gute nnd Demut verleihen uns minne,
feine Gnade und Macht Hoffnung (8293ff.). Diese Dreiheit finde ich
bei keinem der von mir dnrchgesehenen geistlichen Schriftsteller wieder.
Meist wird in der Üblichen Weise oordis oontritio, oris oonkossio, oparis
sntiskaotio^ unterschieden. Es scheint, als habe Thomasin für diesen
Abschnitt keine bestimmten Vorlagen benutzt. Immerhin klingen auch
hier Gedanken an, die schon bei Isidor begegnen, der ebenfalls den
Sünder vor der Verzweiflung warnt^ und an anderer Stelle^ die
Buße dem versagt, der Zot niiit dienen tvil (8327). Ausdrücklich aber
macht sich der Dichter die verfeinerte Auffassung seiner Zeit zu eigen,
wenn er betont, daß Gott dem, der nieumn dureü vorbte (8347) beichtet,
libte M die sinne duz. vrz ouc.Ii tuot dnreir minne (8349f.). Er weiß,
daß erst so die vollkommene Rene (oontritio), die poenitentia interior,
statt der bsoß im vollkommenen attritio oder poenitentia exterior erzielt
wird^°.
Schon die Bemerkungen über das Gebet und über das Fasten fallen
aus dem Rahmen einer bloßen Tugendlehre heraus. Noch mehr gilt
das von dem Abschnitt über die Beichte, der ganz theologisch gehalten ist.
Sie würden stören, wäre der Welsche Gast ein eigentlich höfisches oder
auch nur eigentlich weltliches Werk, wäre die Grundfrage des Gedichtes
eine philosophische. Sie stehen am rechten Platz in einer theologischen,
vor allem in einer moral-theologischen Arbeit, die sich damit beschäftigt,
wie wir unser Leben hier einrichten sollen, damit wir einst zu Gott
gelangen, in einer Arbeit, die unsere Güter, unsere Tugenden und
Laster, unsere Pflichten aus den Geboten Gottes ableitet oder auf sie
bezieht, die unsere Kleinheit und Sündigkeit in Furcht, Hoffnung und
Liebe au den festen Glauben auf seine Gnade bindet.

"" so etwa Alanus, Iw. poen., Migne 210, 289 D; ferner bei Noinnnus vnr-
dmsli», sormo cle posnitentia, Migne 217, 687 ff. Ebensv unterscheidet Abälard.
Seeberg (Anin. 308) III 272. Jsidvr sagt nur: ille poonitentiam ctiZue acht grd
reatnm sunin salisluetione leAitiina planZit . . . bzw. gni sie praoterita iindri cle-
plorat, nt. intiirn iternm non oominittat. 8«nt. II 18, 6 bzw. 7, Migne 83, 615.
8ent. II 14, Migne 83, 617f. Bgl. ebb. II 4 4« spe, Migne 83, 603 0;
ferner Hugo v. St. Viktor, cis saer. II 14 e. 6: si vrs^o konnm vobmt-itvm bube»,
soll dssperarv, Migne 176, 560 0.
8ent. 1115, Migne 83, 618 f.
vgl. Hugo v. St. Viktor, de »uer. II 14 e. 2, Migne 176, 554f.; Möhler
(Anm. 871) 283; Leonhard Fendt, Symbolik des römischen Katholizismus. Berlin
n. Leipzig 1926, 35; Seeberg (Anm. 308) III 273ff.
 
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