Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
210

II. Thomasin von Zerclaere.

zuführen, daß der Troubadour den Wert des Bürgers kennengelernt
hat, aber doch nur zu einem Teil. Gerade für Thomasin kommt das
Bürgertum kaum in Betracht. Weit eher ist an den philosophisch-
christlichen Zug seines Denkens zu erinnern. Er schreibt nicht als Bürger-
sohn, sondern als Pfaffe. Das geht vor allem aus seiner Stellung zu
Ruhm und Berühmtheit hervor. Oloriu vor» guum kullax suope, guum
turpi8 est, sagt schon Boethius^, und ihm folgt Thomasin auch hier.
Er ist ein Gut des utile, freilich ein ganz geringes. Die Philosophie
erkennt seinen Wert nicht an, sie zersetzt ihn, für die Religion kann er
frevelhaft sein. Thomasin setzt ihn nicht der christlichen Demut gegen-
über, sondern widerlegt ihn mit Argumenten der Philosophen. Im
übrigen aber ist der milos ebri8tiumi8 der christlichen Überlieferung auch
sein Ideal. Ähnliche Gedanken wie im Welschen Gast stehen etwa im
VI, Buch des üoliorutiE^. Daneben wäre des Alanus Predigt »ck
militos zu vergleichen^. Alauns faßt die Pflichten der Ritter kurz
zusammen: nil violenter exigunt, nemüreni eontutiunt, 8int ckokousoroL
patriae, tutoroL orplianorum et viänarum. Das sind die Pflichten nach
außen, es sind dieselben wie bei Thomasin. Daneben aber Mögen die
Ritter bedenken: sie exteriu8 »erant arma muacli, ut interiu.8 armentur
lorioa kiclei. Höher als militiam eorporalem stellt er militiam 8piri-
tualem^^^.
Für den langen Abschnitt über den Eigenknecht ist der 47. Brief
des Seneca Vorlage gewesen, den Thomasin recht getreu benutzt. Er
merzt die Stellen aus, die nur aus römischen Verhältnissen zu erklären
sind, so die über das Prügeln und den langen Abschnitt über das Mahl,
behält aber sonst sogar die Reihenfolge der Paragraphen bei. Der
Herr ist dem Schicksal unterworfen wie der Sklave, der Sklave kann
dein Herr werden (das faßt Seneca wirklich, Thomasin denkt ans Jen-
seits). Denke daran, daß dein Herr soviel dir gegenüber sich erlauben
kann, wie du dir deinem Sklaven gegenüber. Den Einwurf: „ich habe
keinen Herrn" übernimmt er rein wörtlich; die Antwort faßt er wieder-
religiös, wo Seneca nur an das Irdische denkt. Der Schluß mit der
Mahnung, die Knechte zum Guten und nicht zum Bösen anzuhalten,
und der Gedanke, daß der Knecht immerhin eine freie Seele und freie
Gedanken habe, stammen aus Senecas Schrift über die Wohltaten"^.
ätz VON8. pbii. III 6. Zum folgenden s. a. Boßler, Vom sprachlichen und
sonstigen Wert des Ruhms, DVjschrLitW. 4 (1926) 236.
M« Ausgabe von Webb (Anm. 551) II I ff.
-Eb Mgne 210, 185ff. Die angeführte Stelle steht 185 ü. I>.
Mgne 210, 186 6. äe bsnei. III M.
 
Annotationen