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Dürer, Albrecht; Thausing, Moritz [Übers.]
Dürers Briefe, Tagebücher und Reime — Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, Band 3: Wien, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.28721#0182
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i58


Darum heb' an nach Christo zu leben,
Der kann dir ewiges Leben geben.
Das Zeitliche beachte nicht.
Nur nach dem Künftigen dich rieht';
Und säume nicht, um Gnad' zu werben,
Als sollt'st du jede Stunde sterben.
Spar' deine Besserung nicht auf,
Denn ung'wiss Ding nimmt raschen Verlauf.
S' ist besser, sich der Sund' entziehen,
Als einen zeitlichen Tod zu fliehen.
Wer ein laut'res Gewissen hat,
Fürchtet den Tod nicht früh und spat
Und fragt nicht viel, wie lange Zeit
Ihm Gott auf Erden noch verleiht.
Gar selten macht ein langes Leben,
Dass sich die Leute bessern eben,
Es mehrt oft nur die Schuld. Gott gebe,
Dass ich zwar kurz, gerecht doch lebe!
Wiewohl es schrecklich ist, zu sterben,
Lässt doch lang' Leben nicht erwerben
Die Gnade Gottes und Seligkeit,
Mehrt öfter nur das höllische Leid.
Wem die Todesstunde unverwandt
Und wohl erwogen vor Augen stand,
Wer täglich sich zum Sterben schickt,
Den hat Gott gnädig angeblickt;
Er steht in rechten Friedens Bann,
Den Gott nur, die Welt nicht geben kann.
Denn wer im Leben Gutes thut,
Den überkömmt ein starker Muth,
Und ihn erfreut des Todes Stund',
Da ihm die Seligkeit wird kund.
 
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