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I. Die erften deutfclien Malerfclmlen.

derfelben gedieh er zu feiner claffifchen Vollendung in derfelben Zeit
und unter denfelben Händen, die auch der Kupferplatte eine bis dahin
unerhörte und für lange unübertroffene Leiftungsfähigkeit abgewannen.

Beide Kunftzweige nehmen in der Entwickelung der deutfehen
Malerei eine eigenthümlich hervorragende Stellung ein, und die Ge-
fchichtc derfelben kann in folange nicht richtig verftanden werden,
als auf Formfchnitt und Kupferftich nicht die gebührende Betonung
gelegt wird; denn die Lage der Dinge in Deutfchland brachte es mit
fich, dafs gerade im entfeheidenden Augenblicke diefe zwei zeichnen-
den Künfte in den Vordergrund traten. Die Malerei im engeren Sinne
fand eben dieffeits der Alpen ganz andere Bedingungen vor als in
Italien. Die Flächenfcheu der gothifchen Baukunft, die befchränkten
Räume und die Gefchloffenheit der Profanbauten verdrängten das
Wandgemälde von der inneren, die Ungunft der Witterung von der
äufseren Mauerfläche. Die farbentödtendc Pracht der bunten Glas-
fcheiben liefs nicht einmal das Tafelbild zu voller Geltung gelangen^
Dabei geftattete der ftrengere kirchliche Geift des Nordens der religiöfen
Malerei kein fo freies Spiel der Phantafie wie im Süden. Die Gemälde,
meift nur Denkmäler perfönlicher Frömmigkeit, follten ftets diefelben
heiligen Typen wiedergeben, die wohlbekannten Gruppen, die dem
Befchauer noch durch die Piereinziehung nicht mithandelnder, fondern
blofs füll anbetender Stifter zum Bilde im Bilde entrückt wurden.
Zwar löfte fich aus dem Votivgemälde das felbftändige Portrait los,
an gröfseren Aufgaben aber gebrach es der deutfehen Malerei des
XV. Jahrhunderts durchweg. Ihre Pflege ftand nicht bei den höheren
fürftlichen Gewalten, noch auch waren Fragen der Kunft Angelegen-
heiten des öffentlichen Lebens. Dafür lag ein tiefes äfthetifches Be-
dürfnifs im Gewiffen der I^inzelnen, zumal in den bürgerlichen und
bäuerlichen Schichten der Nation; das Volk war der Mäcen der deut-
fehen Malerei, den es zu befriedigen galt.

Die Thätigkeit für das Allgemeine trug wefentlich dazu bei, den
Handwerker zum Künftler zu erheben. Der Appell an die Öffentlich-
keit befreite ihn vom Drucke des Beftellers. Der Maler durfte in
Entwürfen für den Kupferftich und Formfchnitt feinen eigenen Ein-
gebungen folgen, auf deren Verftändnifs er im gleich geftimmten
Volke rechnen konnte. Dafs er in der Regel zugleich Drucker und
Verleger der eigenen Arbeiten war, mufste auch feine materielle
Exiflenz günftiger geftalten. Zur Sicherung des felbftgefchaffenen
Eigenthums fetzte er ein Zeichen oder Monogramm auf das Werk, und
ein wohlgeordnetes Staatswefen, wie das von Nürnberg, überwachte
forgfältig die Unverletzlichkeit diefes Befitzthums. Einen anderen
 
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