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Der Dresdener Altar. I2Q

tigen, handwerksmäfsigen Uebung Wolgemuts und feiner übrigen Kunft-
genoffen folgen. Die trefflichen Entwürfe oder Umriffe werden den
»Knechten« überantwortet, ohne viel Rückficht darauf zu nehmen,
was deren Ausführung Gutes daran übrig läfst. Von diefem Gefichts-
punkte muffen die frühen kirchlichen Gemälde, die aus Dürers Werk-
statt hervorgingen, unterfucht und beurtheilt werden, foweit uns die-
felben überhaupt bekannt und erhalten find.

Zum Glück befitzen wir aber noch ein Altarwerk, das in der erften
7 T7r u Hdmkehr entftanden und unter dem Eindrucke, in

üem Auffchwunge feiner Reifeerinnerungen ganz von feiner Hand
ausgeführt zu fein fcheint. Nach dem ausgezeichneten Orte feiner
Autbewahrung nennen wir das bisher wenig beachtete, grofse Trip-
tychon den Dresdener Altar*).

Es ift in Waffer- oder Leimfarben unmittelbar auf die feine
Leinwand gemalt in jener rafcheren Technik, die nicht blofs den
deutschen Metfern, fondern auch Mantegna und den ihm nachfolgen-
den Veronefern geläufig war. Das Mittelbild zeigt die Madonna in
halber Figur mit länglichen, Antlitz von feinen, fpitzen Formen, in
blauem Gewände und weifsem Schleier, linkshin gewandt und das
Chriftkmd anbetend, welches fchlafend auf einem Kiffen vor ihr liegt,
und dem ein Engelein, von rückwärts gefehen, mit einem Wedel zu-
lächelt oder die Fliegen abwehrt. Rechts daneben fteht ein Pult mit
einem deutfchen miniierten Gebetbuche. Ueber dem Haupte Mariens
iahen zwei fchwebende Engel eine Fürftenkrone aus gothifierendem
< echtwerk, mit Perlen befetzt. Im Mittelgrunde des perfpectivifch
anfteigenden Gemaches find zwei andere Engelknaben mit deffen
auberung befchäftigt, indem der eine links Waffer ausfprengt, der
andere rechts auskehrt. Hinten in einer Nebenftube fieht man den
heil. Jofeph bei der Arbeit. Der Umftand, dafs zwei oben fchwebende
Lngel halb weggefchnitten find, verräth, dafs das Bild wegen Befchädi-
gung der Ränder verkleinert wurde, was bei der geringen Dauerhaftig-
U d'efei TeGhnik leicht erklärlich ift. Im Uebrigen ift die forgfältige
Malerei gut genug erhalten. Erfindung und Formengebung&zeigen
ein eigentümliches Gemifch von flämifcher Strenge und italienifcher
reiheit. Die Draperien zeigen fcharfe, kantige Brüche; das fchlum-
mernde Chriftkind ift in Lage und Ausdruck italienifch, indefs die
aufsehen nach flämifcher Art heraufgebogen find. Zumal die dienen-
den Engelkinder find in ihren freien, etwas gefpreizten Stellungen
und m ihren völligen, fcharf unterfchnittenen Formen fprechende Zeu-

X) K Galerie II. Stock. Nr. 1726. Kam .687 aus der Schloßkirche von Wittenberg,
i naufing, Dürer.
 
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