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JC2 VIII. Der Wettftreit mit Wolgemut und die frühen Kupferftiche.

Geburtshaufe oder in einem Verkehre ihrer beiden Familien, fondern
in der Begegnung an der Hand der älteren Freunde und Berufsge-
noffen mögen Pirkheimer und Dürer nach der Heimkehr von ihren
Studienreifen den Grund zu gegenfeitiger Annäherung gelegt haben.

Durch diefen Gedankengang fixiert fich von felbft der Zeitpunkt,
in welchem der Humanismus zuerft vernehmlich an die Pforte der
deutfehen Kunft pochte. Mit welchem Erfolge — darüber fehlt uns
freilich jede literarifche Üeberlieferung; wir find allein auf die Denk-
mäler angewiefen. Aber auch diefe geben uns nicht fo leicht Auf-
fchlufs. Das farbige Gemälde diente nur kirchlichen Zwecken oder
hie und da zum Porträt. Mehr Freiheit gewährte dem deutfehen
Meifter allerdings die »gedruckte Kunft«. Doch auch der Holzfchnitt
war auf die grofse Maffe berechnet; feine Darftellung mufste populär
und allgemein verftändlich fein. Nur der Kupferftich nahm eine
gewiffe Mittelftellung ein. Er geftattete eine feinere Ausführung und,
ohne gerade gemeine Marktwaare zu fein, doch eine gewiffe, auch
wohl geheime Verbreitung unter den gebildeten Kreifen der Nation.
Hier konnte der Humanismus am leichterten feinen Einflufs auf die
deutfehe Kunft geltend machen. Im Vergleich zu demjenigen, was
die Italienifche Renaiffance der Antike verdankte, mag freilich die vor-
wiegend theoretifche Unterweifung, welche hier zunächft der deutfehen
Kunft zu Theil wurde, geringfügig erfcheinen. Immerhin bleibt aber
die Thatfache beachtenswerth, dafs auch in Deutfchland die Befreiung
der Formen und ein gefunder Naturalismus in der Malerei nicht auf-
kommen konnte, ohne dafs eine Befruchtung durch die claffifche
Wiffenfchaft vorausgegangen wäre.

Der Kupferftich zählte gegen den Ausgang des XV. Jahrhunderts
in Nürnberg und im benachbarten fränkifch-baierifchen Lande bereits
einige namhafte Vertreter, die fich durch Reichthum der Erfindung
eben fo vergleichen, als fie fich durch eigenartige Zeichnung und
Technik von einander unterfcheiden. Gerade die herbe Selbftändigkeit
diefer älteften fränkifchen Stecher konnte die breitefte Grundlage für
eine glänzende Weiterentwickelung der Kupferftechkunft darbieten,
fobald fich eine allgemeinere Begabung aller ihrer vereinzelten Rich-
tungen bemächtigte. Alterthümlich harte Formen zeigen die Stiche,
welche dem berühmten Nürnberger Holzfchnitzer Veit Stofs zuge-
fchrieben werden; die vielgebrochenen Gewänder, wie die unruhige,
flaumige Schattierung deuten auf niederländifche Schule. Ein gewandter
fchwungvoller Zeichner ift der Meifter M. Z. genannt Matthaeus Za-
finger oder Zatzinger; feine Stichweife ift zwar fpitz und fchütter aber
durchaus malerifch, insbefondere in der Behandlung von Trachten
 
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