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178 VIII. Der Wettftreit mit Wolgemut und die frühen Kupferfticlie.

Es ift der unglückliche Schweizerkrieg Maximilians I. im Jahre 1499.
Unter den Ständen, welche auf das Ausfehreiben des Kaifers fich be-
eilten, ihm Kriegsvolk zu fenden, ftand obenan Nürnberg. Die getreue
Reichsftadt leiftete Heerfolge mit 400 Mann Fufsvolk und 60 Reitern
in glänzender rother Uniform, deren Gebrauch um diefe Zeit aufkam,
dazu fechs Feldfchlangen. An der Spitze diefer Schaar ftand niemand
anderes als der jugendliche Wilibald Pirkheimer, der nach feiner Rück-
kehr von den italienifchen Hochfchulen fich dem Dienfte der Vater-
ftadt gewidmet hatte und nach feiner Verheirathung mit Crescentia
Rieterin am 13. October des Jahres 1495 in den Rath gewählt worden
war. Hatte er früher feine Neigung zum Kriegshandwerke den Stu-
dien geopfert, fo bot fich ihm nun eine Gelegenheit, die Gefetzbücher
und die Claffiker der Alten mit dem Schwerte zu vertaufchen und
trotz des kläglichen Ausganges des ganzen Feldzugs die dauernde
Gunft und den Rathstitel des Kaifers zu verdienen. In der blühen-
den Vaterftadt regte fich eben auch das Kraftgefühl, der Drang nach
Heldenruhm und kriegerifchen Thaten. Man fand Gefallen am Waffen-
fpiel und erfafste nicht minder gern eine Gelegenheit zu blutigem
Ernft, auch wenn es nicht blofs die Abwehr übermüthiger Angriffe
auf das eigene Gebiet galt. Neben der wehrkräftigen Bürgerfchaft,
bei der Reiterdienfte noch in hohem Anfehen ftanden, unterhielt der
Rath manches ftattliche Fähnlein geworbener Landsknechte. Auch
diefe Söldner waren geachtet genug, dafs ein wohlhabender Bürger
keinen Anftand nahm, ihrer einem die Hand feiner Tochter zu geben,
und dafs die Trinkftube der »ehrbaren« Herren auf der Frohnwage
ihnen nicht verfchloffen blieb. Dort machte fich unter andern jener
Zameffer durch feine Händel berüchtigt, den Dürer in einem feiner
Briefe aus Venedig ironifch den »frummen« nennt. Eben dafelbft
citiert Dürer einen etwas kräftigen Ausdruck des Peter Weisweber,
welcher, fowie der gleichfalls von ihm genannte Nürnberger Bürger
und Meffingfchläger Konz Kamerer, im Kriege von 1504 Hauptmann
über einen Haufen ftädtifchen Fufsvolkes war'). Unter den Leuten
diefes Schlages mag fich manche ganz urfprünghehe und anziehende
Perfönlichkeit befunden haben; dazu die malerifche Tracht, das kecke
Auftreten, das luftige Treiben auf der Strafse; das alles machte fie
zu einem fehr beliebten Gegenftande bildlicher Darftellung, fobald
fich diefelbe einmal der alltäglichen Umgebung zuwandten. Auch
Dürer hat diefe Krieger aller Art fleifsig ftudiert, um nachmals feine
Paffionsbilder reichlich mit ihnen zu bevölkern.

1) Lochner, Verfonennamen S. 38—41.
 
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