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Wolgemuts Papftefel. 185

fogleich deffen Verpflichtung, die Befchwerden der Nation gegen den
Römifchen Stuhl in Betracht zu ziehen. Und womit antwortete der
Papft? Er trat im Jahre 1496 gegen das Lefen'und Verbreiten ketze-
nfcher Schriften auf und fchärfte den Buchdruckern unter Androhung
des Bannftrahles ein, kein Buch zu drucken, bevor der Bifchof ihrer
Diöcefe es nicht begutachtet und die Erlaubnifs zum Drucke gegeben
hätte. Und als dann im Jahre 1500 das neue Reichsregiment doch
zu Stande gekommen war und dasfelbe nun wirklich eine Gefandt-
fchaft an den Papft fchickte mit der ernftlichen Bitte um Abteilung
der Eingriffe und Ungefetzlichkeiten, da erliefs Alexander VI. die
Bulle von 1501, durch welche die geiftliche Büchercenfur förmlich in
Deutfchland eingeführt wurde1).

Sehr richtig erkannte fo das Papftthum die treibende Kraft, aus
welcher der Widerfpruch gegen feine Vorherrfchaft die Nahrung
ichöpfte, im deutfchen Schriftthume, und namentlich in dem ihm inne-
wohnenden Drange nach publiciftifcher Vermittelung. Umfonft ver-
buchte es aber diefe Quellen und Ausflüffe einer tiefgehenden Reform-
bewegung zu verftopfen. Durch taufend Adern ftrömte das neue
Leben, und feine Ideen haben früh fchon auf einem Gebiete um fich
gegriffen, das die aufgeklärten Päpfte jener Tage wohl kaum beachtet,
um wie viel weniger noch mit Mifstrauen angefehen haben — auf dem
Gebiete der deutfchen Kunft. Indefs das Papftthum feinen Sitz mit
dem reichften Glänze der Renaiffance fchmückte und die Blüthe einer,
am antiken Ideal genährten italienifchen Kunft gehorfam feinen Be-
fehlen diente, wagten es die unfcheinbaren deutfchen Holzfchnittc und
■Kupferftiche, feine erhabene Weltftellung anzutaften und zu unter-
wühlen, indem fle Hunderttaufende vernehmlich anfprachcn —■ überall,
auch auf offener Strafse — und darunter auch jene Armen am Geifte,
denen Schrift und Buch noch verfchloffen blieb.

An der Spitze derer nun, welche fo zum offenen Angriff fchritten,
iteht Michel Wolgemut. In Januar des Jahres 1496 warf er einen
kleinen Kupferftich auf den Markt, der eine arge Läfterung des päpft-
uchen Stuhles darftellte. Er führt in vollkommenen Renaiffancebuch-
ftaben die Auffchrift: »ROMA CAPVT MVNDI«, Rom das Haupt
er Welt. Man fleht darauf links im Grunde die Engelsburg, über-
ragt von einer mit den Schlüffeln Petri gezierten Fahne, rechts die
mittelalterliche Torre di Nona, von der heute noch die Via di Tordi-
nona den Namen führt, und zwifchen beiden hindurch fliefst der

J) Ranke, Dentfche Gefchichtc im Zeil- I Die Anfänge der Büchercenfur in Deutfeli-
a«er der Reformation. Friedrich Sachfc, i Jand, Leipz. 1870,
 
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