Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeichnungen Dürers. Gemälde Barbaris.

221

auch die Jahreszahl 1504 trägt. Doch bietet es immerhin einen An-
haltspunkt, dafs das monogrammierte Bruftbild des Heilandes im
Weimarer Mufeum aus dem berühmten Praun'fchen Cabinet von
Nürnberg herftammt. Einen ähnlichen Chriftuskopf, ebenfalls figniert,
befitzt Herr Friedrich Lippmann in Wien. Ein drittes Stück der Art,
der Heiland mit fegnender Handbewegung in demfelben rofenrothen
Gewände, befindet fich unter dem Namen Lucas von Leyden in der
Dresdener Galerie1), desgleichen die halben Figuren der Heiligen
Katharina und Barbara, die weniger gut erhalten find2). Die beiden
letzteren fcheinen den Seitenflügeln eines Altarfchreines angehört zu
haben, was fchon auf ihre Entftehung in Deutfchland hindeutet. Wie
in feinen Kupfern verbindet Barbari auch in feinen Gemälden ein ge-
wiffes Losgehen auf fchlichte Naturwahrheit mit ungewöhnlicher Zier-
lichkeit der Linien und einer bis an's Wehmüthige ftreifenden Weich-
heit der Formen. Eigenthümlich ift an feinen Chriftusköpfen der,
vielleicht antiken Sculpturen nachgeahmte, halbgeöffnete Mund, und
ein kleiner Fehler in der Augenftellung, dem fogenannten falfchen
Blicke ähnlich; fie erhalten dadurch einen Ausdruck von Senfation
und Verzückung. Die Malweife ift im Grunde hell und ungemein
dünn und flüffig in den Lafuren, die daher auch vielfach abgerieben
find. Zwei fehr charakteriftifche feine Federzeichnungen Barbaris,
mythologifche Gruppen, bewahrt das Dresdener Kupferftichcabinet
unter dem Namen des Lorenzo di Credi3).

Das Auftreten eines fo eigenthümlichen fremden Meifters, der
üch wohl des Schutzes der gelehrten Rathsherren erfreute, mufs auf
die jungen Maler Nürnbergs einen grofsen Eindruck gemacht haben.
Hans Kulmbach hat feine Lehre in Formen und Technik nie ganz
verläugnet Auch Hans Baidung Grien dürfte damals durch Nürnberg
gekommen fein und den Einflufs Barbaris erfahren haben, wenn mich
gewiffe Eigenheiten feiner frühen Bilder nicht täufchen. Am wich-
tigsten aber ift für die Kunftgefchichte die tiefe Wirkung, welche
Barbari in Anziehung wie in Abftofsung auf den Bildungsgang Dürers

ausgeübt hat.

Dafs Dürer frühzeitig mit Barbari in die nächfte Berührung kam,
brauchen wir nicht mehr blofs aus feinen Werken zu erschliefsen, feit-
dem uns die Worte bekannt find, mit denen er felbft über feinen
früheften Verkehr mit dem venetianifchen Meifter berichtet. In einer

1) Nr. 1804.

2) Nr. 1795 u. 1796.

3) Die eine derfelben,

eine Tritonen-

entführung, Eacfimile in Holzfchnitt abge-
bildet in der Gazette des Beaux-Arts 1873,
VIII, 226.
 
Annotationen