Die letzten Briefe au l'irlfceirner.
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er vielleicht in feinen Liebeshändeln; die Anfpielungen darauf bieten
Dürern einen unerfchöpflichen Stoffzu theilweife recht derben Scherzen:
«Aber es reimt fich gar fchlecht, dafs fich folche Landsknechte mit
Zibet fchmieren. Ihr wollt auch ein rechter Seidenfchwanz werden
und meint, wenn Ihr nur den Dirnen wohlgefallt, fo fei es ausgemacht.
Wenn Ihr doch wenigftens fo ein lieblicher Menfch wäret wie ich,
fo thäte es mir nicht Zorn« u. f. w.
Pirkheimer war damals eben zu einer Verfammlung der Haupt-
leute und Räthe des Schwäbifchen Bundes nach Donauwörth ab-
geordnet, um dort alte Streitigkeiten mit dem Markgrafen Friedrich
von Brandenburg-Bayreuth, dem Burggrafen von Nürnberg, auszutragen.
Er berühmte fich nun ohne Zweifel in feinem Briefe an Dürer feiner
oratorifchen Begabung und theilte ihm feinen diplomatifchen Feldzugs-
plan mit1). Darauf fchrieb Dürer am 8. September 1506:
»Hochgelahrter, bewährter, weifer, vieler Sprachen mächtiger,
kühner Entdecker aller vorgebrachten Lügen und fchneller Erkenner
rechter Wahrheit! Ehrfamer, hochgeachteter Herr Wilibald Pirkheimer!
Euer unterthäniger Diener Albrecht Dürer gönnt Euch Heil, grofse
und würdige Ehre con diavolo tanto per la ciancia, cht te ne pare\ Jo
vnol dinegare il voßro cuore1), dafs Ihr denken werdet, ich fei auch ein
Redner von 100 Partite! Eine Stube in die man die Gedächtnifsgötzen
fetzt, mufs freilich mehr als vier Winkel haben. Ich vuol mein Capo
nicht damit impacciarez), ich will's Euch recommandare, denn ich
glaube, dafs nicht fo molte Kämmerchen im Kopfe find, dafs Ihr in
jeglichem ein Biffele behaltet. Der Markgraf wird nicht fo lange
Audienz geben ; 100 Artikel und jeglicher Artikel 100 Worte brauchen
eben 9 Tage, 7 Stunden, 52 Minuten, ohne die Sofpiri% die hab'
ich noch gar nicht mitgerechnet. Darum werdet Ihr fie nicht auf
einmal reden können, es würde fich dehnen, wie eines alten Tättels
Rede«. Aber auch die wirklichen Erfolge des Freundes verfetzen
1) Berichtet doch Hans Imlioff, der Ur-
enkel Pirkheimers, in deffen Tugendbüch-
lein 1606, S. 69, vermuthlich nach Aufzeich-
nungen in deffen Nachlaffe ganz Aehnliches
über feine Beredfamkeit: »Denn er hatte
Weht blofs eine männliche, kräftige Stimme,
fondern auch ein überaus herrliches und
faft unglaubliches Gedächtnifs, fo dafs er
oftmals nicht blofs fechzig und mehr weit-
fchweifige Artikel und Befchwerdepunkte,
die gegen feine Oberen und Committenten,
emen Ehrbaren Ralh, durch Andere vorge-
bracht wurden, flehenden Fufses alsbald
und im Continuo repetieren, verantworten
und widerlegen, fondern auch laut feiner
Inftruction eben fo viele dagegen vortragen
konnte, ohne dafs ihm dabei je fein Ge-
dächtnifs verfagt hätte«.
2) In des Teufels Namen! fo viel für
das Gefchwätz, als Euch beliebt. Ich wette
darauf —
3) vollftopfen.
4) Seufzer,
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er vielleicht in feinen Liebeshändeln; die Anfpielungen darauf bieten
Dürern einen unerfchöpflichen Stoffzu theilweife recht derben Scherzen:
«Aber es reimt fich gar fchlecht, dafs fich folche Landsknechte mit
Zibet fchmieren. Ihr wollt auch ein rechter Seidenfchwanz werden
und meint, wenn Ihr nur den Dirnen wohlgefallt, fo fei es ausgemacht.
Wenn Ihr doch wenigftens fo ein lieblicher Menfch wäret wie ich,
fo thäte es mir nicht Zorn« u. f. w.
Pirkheimer war damals eben zu einer Verfammlung der Haupt-
leute und Räthe des Schwäbifchen Bundes nach Donauwörth ab-
geordnet, um dort alte Streitigkeiten mit dem Markgrafen Friedrich
von Brandenburg-Bayreuth, dem Burggrafen von Nürnberg, auszutragen.
Er berühmte fich nun ohne Zweifel in feinem Briefe an Dürer feiner
oratorifchen Begabung und theilte ihm feinen diplomatifchen Feldzugs-
plan mit1). Darauf fchrieb Dürer am 8. September 1506:
»Hochgelahrter, bewährter, weifer, vieler Sprachen mächtiger,
kühner Entdecker aller vorgebrachten Lügen und fchneller Erkenner
rechter Wahrheit! Ehrfamer, hochgeachteter Herr Wilibald Pirkheimer!
Euer unterthäniger Diener Albrecht Dürer gönnt Euch Heil, grofse
und würdige Ehre con diavolo tanto per la ciancia, cht te ne pare\ Jo
vnol dinegare il voßro cuore1), dafs Ihr denken werdet, ich fei auch ein
Redner von 100 Partite! Eine Stube in die man die Gedächtnifsgötzen
fetzt, mufs freilich mehr als vier Winkel haben. Ich vuol mein Capo
nicht damit impacciarez), ich will's Euch recommandare, denn ich
glaube, dafs nicht fo molte Kämmerchen im Kopfe find, dafs Ihr in
jeglichem ein Biffele behaltet. Der Markgraf wird nicht fo lange
Audienz geben ; 100 Artikel und jeglicher Artikel 100 Worte brauchen
eben 9 Tage, 7 Stunden, 52 Minuten, ohne die Sofpiri% die hab'
ich noch gar nicht mitgerechnet. Darum werdet Ihr fie nicht auf
einmal reden können, es würde fich dehnen, wie eines alten Tättels
Rede«. Aber auch die wirklichen Erfolge des Freundes verfetzen
1) Berichtet doch Hans Imlioff, der Ur-
enkel Pirkheimers, in deffen Tugendbüch-
lein 1606, S. 69, vermuthlich nach Aufzeich-
nungen in deffen Nachlaffe ganz Aehnliches
über feine Beredfamkeit: »Denn er hatte
Weht blofs eine männliche, kräftige Stimme,
fondern auch ein überaus herrliches und
faft unglaubliches Gedächtnifs, fo dafs er
oftmals nicht blofs fechzig und mehr weit-
fchweifige Artikel und Befchwerdepunkte,
die gegen feine Oberen und Committenten,
emen Ehrbaren Ralh, durch Andere vorge-
bracht wurden, flehenden Fufses alsbald
und im Continuo repetieren, verantworten
und widerlegen, fondern auch laut feiner
Inftruction eben fo viele dagegen vortragen
konnte, ohne dafs ihm dabei je fein Ge-
dächtnifs verfagt hätte«.
2) In des Teufels Namen! fo viel für
das Gefchwätz, als Euch beliebt. Ich wette
darauf —
3) vollftopfen.
4) Seufzer,