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Adam und Eva von i5°7.

287

Dürers Adam und Eva von 1507 find die vollendetften nackten
Menfchengeftalten, welche die Kunft des Nordens bis dahin hervor-
gebracht hat. Die Stellung Adams ift ähnlich derjenigen auf dem
Kupferftiche von 1504, nur hebt er den beher gebildeten jugendlichen
Kopf, der mehr von vorne gefehen ift, mit geöffneten Lippen, dafs
die Zunge fichtbar wird, wie in freudigem Entzücken empor; dazu
die abwärts gehaltene wie zur Abwehr gefpreizte rechte Hand und
das flatternde blonde Haar, indefs die linke den von Eva darge-
reichten Zweig mit dem Apfel fafst. Eva fchreitet lächelnd, etwas
vorgebeugt gerade heraus, indem fie einen Fufs über den anderen
vorfetzt, was die Schlankheit ihrer Körperverhältniffe noch erhöht.
Dürer liebt diefe Fufsftellung für nackte weibliche Figuren, desgleichen
eine eigenthümliche Spreizung der Finger, welche über das Motiv
der jeweiligen Bewegung hinaus geht. Sehr fcharf hebt fich das helle
Fleifch von dem beinahe fchwarzen Hintergründe ab; es ift ungemein
flüffig gemalt, in grauen Schatten fehr zart vertrieben. Dabei ift die
Ausführung keineswegs kleinlich, ja breiter und weniger gequält, als
an den übrigen Meifterwerken Dürers in jenen Jahren; die Haarlocken
z. B. find nicht einzeln nachgezogen, fondern durch paftoferen Auf-
trag von Lichtpartien viel allgemeiner belebt. Wenn die freiere
malerifche Behandlung der Bellini'fchen Schule auf Dürer eingewirkt
hat, fo verräth fich dies am meiften in diefem Werke, zu dem
er noch in Venedig die Vorftudien gemacht hatte. Kopf und Formen
der Eva deuten dahin, die Blätter und Früchte des Baumes find füd-
lichen Urfprungs, einige von den Thieren, mit denen er das erfte
Elternpaar umgiebt, konnte er daheim nicht fo naturgetreu ftudieren.
Neben Adam fieht man einen Eber und einen Hirfchkopf — das
Studium zu letzterem in Wafferfarben enthält die Sammlung Pofonyi-
Hullot Nr. 353-—'Weiter vorne ein Fafanenmännchen, fehr gut ausge-
führt. Hinter der Eva ift eine Löwin im Einfchlafen begriffen, genau
nach der Natur gezeichnet; auf dem Afte weiter oben fitzt ein grauer,
rothgefchwänzter Papagei in getreuefter Nachbildung, ein anderer
bunter ganz oben ift fchon weniger getroffen; im Vordergrunde unten

Erfatzcopie, von den Franzofen 1796 in
Nürnberg weggenommen und fodann nach
Mainz gebracht. Vergl. Heller a. a. O.
188, 211 u. 239. O. Mündler, Beiträge zu
Burckhardts Cicerone, Jahrb. f. Kunftw.
II, 284. Will, Gelehrten-Lexicon, 1755, ]>
298, erwähnt des Bildes noch auf dem
Nürnberger Rathhaufe: »welches Stück
1200 Rth. gekoftet hat, bis es an Ort und

Stelle kam« ohne Angabe feiner Quelle
und obwohl damals gewifs nur noch die
Copie dort war. Das Original ift geftochen
von Calzi und Ferretti in der Galleria
Pitti des Luigi Bardi, Firenze 1840. III.
Taf. 38 und 39 unter Lucas Cranachs
Namen. Eine Reducüon des Doppelbildes
giebt unfere Initiale an der Spitze des
Capitels.
 
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