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Thieme, Paul [VerfasserIn]
Der Fremdling im Ṛgveda: eine Studie über die Bedeutung der Worte ari, arya, aryaman und ārya — Leipzig, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.40195#0114
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3. Kapitel: arya

„Sohn eines Ariers“ heiße. Offenbar ist die Gepflogenheit,
den Namen des Gatten, den ja die Frau nicht in den Mund
nehmen darf, in dieser Weise zu ersetzen, in den Verhält-
nissen der Großfamilie entstanden, in denen die junge Frau
im Hause des Schwiegervaters lebte. Dieser war also der
arya „Hausherr“, und der Gatte der „Sohn des Hausherrn“.
Irgendwelche Zweifel, die jedoch ganz unbegründet wären,
würde das Pali forträumen. Hier existiert nur ein ayyarputta
(kein ariya°\). Auch Pali ayyalca, prakrt. ajjaa „Großvater“
sind natürlich aus der Bedeutung „Hausherr“ (in der Groß-
familie) abgeleitet.
Man kann dem nicht entgegenhalten, daß es im Sanskrit
ein äryaputra (Räm.) und äryaka „Großvater“ (Epos) gibt.
Denn das sind nichts als falsche Umsetzungen des volks-
sprachlichen ajja0. Daß im klassischen Sanskrit auch sonst
ärya die Funktion des fast verschwundenen arya übernommen
hat, dafür gibt es ein hübsches Beispiel. Bhavabhüti läßt in
Uttararämac. I Laksmana den Räma mit ärya, die Sitä mit
ärye anreden (z. B. a. a. 0. V. 12/13, 15/16). Daß das nicht
einfach heißt „Edler, Edle“, ergibt sich schon daraus, daß
Räma und Sitä dem Laksmana nicht mit ärya erwidern,
sondern mit vatsa, vaccha „Kind“ (V. 12/13, 29/30; 18/19): als
ältester Bruder und Hausherr behandelt Räma die jüngeren
Brüder wie seine Söhne1), und entsprechend verfährt Sitä.
Für Laksmana ist aber nicht nur Sitä eine ärya, sondern auch
Mändavi, die Frau des Zweitältesten Bruders Bharata: iyam,
ärya. iyam apy äryä Mändavi „Dies (die auf dem Bild aar-
gestellte Figur) ist die Herrin (Sitä). Und dies ist die
H er rin Mandavi“ (V. 18/19), während er die Frau seines
jüngeren Bruders Satrughna im gleichen Satz als seine
„Schwiegertochter“ bezeichnet: iyam api vadhüh
Srutahirtih. Wer wird bestreiten wollen, daß die Paare:
äryawatsa, äryäwadhü nur dann sinnvolle Gegensätze aus-
drücken, wenn ärya für arya „Herr, Hausherr, pater familias“
stellt ?
x) Vgl. z. B. Mah. Bh. (Calc.) 13. 2610: jyestho bhrätä pitä väpi
yad ca vidyärn prayacchati, trayas te pitaro jneyäk . . .
 
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