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Thiersch, Hermann
Pharos: Antike, Islam und Occident ; ein Beitrag zur Architekturgeschichte — Leipzig, Berlin, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.6241#0114
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ber-
iren

KAPITEL V

DIE NACHWIRKUNGEN DES PHAROS
IM MITTELALTER

1. In der islamischen Baukunst

(ZUR GESCHICHTE DER MINARETTE)

Motto: ,,Lcs minarets ont leur geographie
comme les clochers auront la leur."
Choisy, Histoire de l'architec-
ture II, 126.

In der Einleitung schon (S. 5) wurde des merkwürdigen Zusammenhanges gedacht, der zwischen dem Pharos
und den ägyptischen Moscheetürmen besteht. Diese zuerst überraschende Tatsache verständlicher zu machen, ist
es nötig, auf die Geschichte der ägyptischen Minarette, wie der islamischen Baukunst überhaupt, näher einzugehen.

Die Geschichte des Minarets zu schreiben wäre eine verlockende Aufgabe, die heute gelöst werden kann. Ich ver-
mag sie hier nur vorzubereiten, indem ich versuchen will, die drei Haupttypen nach ihren Verbreitungsgebieten zu
sondern und bei allen dreien die Wurzel, eine dreifach verschiedene, in der Antike nachzuweisen. Denn es geht
nicht mehr an, sich zu begnügen mit einem Satze, wie er selbst einem so vorzüglichen Kenner der arabischen Architektur
wie Franz-Pascha noch genügt hat: „Frei, ohne Vorbild wurden die Minarette erfunden" (Baukunst des Islam, S. 21).

Ich war eben daran, den Entwicklungsgang, so wie er sich mir herausgestellt, abschließend zu formulieren, als
ich zu meiner Überraschung an unvermuteter Stelle, in einer schwer zugänglichen Publikation mit wenig Worten
einen Teil der Grundzüge schon festgelegt fand. Dies war geschehen durch den schon oben S. 77 genannten Eng-
länder Kay in einer Diskussion, die sich an einen Vortrag von Phene Spiers in der „Society of British Architects"
über die Omajaden-Moschee in Damaskus angeknüpft hatte. Kay sprach damals schon (1896) die Übertragung des
Damaszener Minarettypus nach Spanien und Nordafrika aus. Ebenso erkannte er vollkommen richtig im alexan-
drinischen Pharos das Vorbild der ägyptischen Minarette. Diese seine mündlichen Bemerkungen sind mit der ganzen
übrigen damaligen Diskussion abgedruckt worden, in dem „Journal of the Royal Institute of British Architects" (1896,
p. 61 und ff.). Ebenso klar, besonders in bezug auf den Pharos, hat auch schon A. Choisy gesehen. Er sagt, Histoire
de l'architecture II, p. 127: „Tres probablement cette succession de plans polygonaux (in den verschiedenen Stockwerken)
avait ete suggeree aux musulmanns d'Egypte par le phare d'Alexandrie, oü l'octogone se superposait au carre."

Dann hat van Berchem die Frage gestreift; er sagt, Materiaux pour un Corpus inscr. arab. p. 481 note 1: „Cette
ordonnance des etages est celle des minarets du Caire jusqu'au XVI. siecle .... II semble difficile de nier une
influence directe du Phare d'Alexandrie, auquel Ahmed Ibn Touloun precisement fit faire des travaux."

Auch E. Reitemeyer war ganz von sich aus (1903) für Ägypten auf die richtige Fährte gekommen. Sie sagt
a. a. 0. S. 109, Anm. 1: „Bei dem arabischen Wort, mit dem der Leuchtturm bezeichnet wird, Manarah, was einen
Ort bedeutet, wo ein Licht angebrannt wird, fällt mir auf, daß es auch für die Türme der Moscheen, die wir Minarette
nennen, angewandt wird, für welche doch der Sinn des Wortes „ein Ort des Lichtes" weniger gut paßt. Sollten
vielleicht die Araber ihre Minarette nach dem Leuchtturm von Alexandrien benannt haben, als dem
mf großartigsten Turm, den es in den von ihnen eroberten Ländern gab?"

drer Am allerfrühesten und zugleich am vollständigsten aber hat Alfred J. Butler in Oxford das Rechte gesehen. Schon

in der Atheneum-Nummer vom 20. November 1880 hat er (p. 681) folgende vortreffliche Beobachtung veröffentlicht:
„Before I reciveded the engraving (in Ebers, Ägypten I = unsre Abb. 2, S. 2), I was one day looking at a minaret
in Cairo, and having Abdellatifs' account of the Pharos fresh in mind I was Struck by the remarkable coincidence between
rabi- the details of the minaret before me and those of the Pharos in his description. He says the Pharos stood at that epoch

I Bei jn four stories: the first Square, the second octogonal, the third round and lastly, a lantern. The minaret also rose

in four stages Square, octogonal, round and on top a lantern or small cupola. Since then I have noticed dozens of
other minarets with the same four divisions in the same order and have no hesitation in saying that Abdellatifs' de-
scription of the Pharos is, in all exept absolute altitude, the typical description of the early minaret. In fact, it is quite
exceptional in Cairo to find an early minaret which does not reproduce in miniature the colossal tower of Sostratos.
So Singular and so universal a coincidence cannot be the result of an accident. It must be remembred that the Mo-

Thiersch, Der Pharos von Alexandria. 13
 
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