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EINLEITUNG.

[an kann wohl behaupten, dass die Kunstgeschichte den Nachweis, in wie weit
iund in welcher Weise die Antike auf die Kunst des Quattrocento und Quinto-

ülcento gewirkt hat, zu führen noch schuldig ist. So viel man von dem Einflüsse
des Alterthumes gesprochen hat, so verhältnissmässig selten ist derselbe doch im
Einzelnen bestimmt und zusammenhängend verfolgt worden. Archäologie und neuere
Kunstgeschichte müssten sich freilich zu diesem Zwecke die Hand reichen und gemeinsam
vorgehen; auch für die erstere, die auf diesem Gebiete wenig vorgearbeitet und den
Antikenbestand in Italien zur Zeit der Renaissance noch nicht hinlänglich erforscht hat,
wird eine genaue Prüfung der Zeichnungen und Kupferstiche sowohl, wie der Gemälde
nutzbare Resultate ergeben. Das verrathen bereits die einleitenden, fruchtbar anregenden
Arbeiten von Otto Jahn und Matz über die Zeichnungen des Pighius in Berlin und Coburg.

Befassen sich die Stiche des XV. Jahrhunderts mit wenigen Ausnahmen noch
nicht mit einer getreuen Wiedergabe antiker Werke, wenn sie auch häufig die Benutzung
solcher zeigen und manchen interessanten Aufschluss über die Art und Weise der
Entlehnung und Ummodelung geben, so wird das mit dem Auftreten Marcantonio
Raimondis aus Bologna anders. Geübt in der Führung des Grabstichels durch das Copiren
der Dürer'schen Meisterwerke und die Nachahmung der deutschen Stechweise und so für
grössere Aufgäben vorbereitet, kam derselbe nach Rom, dem Centrum künstlerischer
Thätigkeit und antiquarischer Gelehrsamkeit, der Stadt, in der sich ein unermesslicher
Reichthum von antiken Monumenten aller Art vorfand. Eine Reihe von Jahren war es
ihm hier vergönnt, an der Seite Raphaels zu arbeiten, der nicht allein eigene Compositionen,
sondern auch Zeichnungen nach Antiken von ihm stechen Hess, wie uns Vasari in seiner
anziehenden Schilderung dieser gemeinschaftlichen Thätigkeit, die für die spätere Entwick-
lung und veränderte Richtung des Kupferstichs so bedeutungsvoll wurde, berichtet.

Eine kritische Behandlung der Werke von Marcantonio und seinen beiden
Schülern Agostino Veneziano und Marco Dente, die wie er selbst aus dem Norden
 
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