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Erster Entwurf. Neuer Plan.

Ausschmückung des Gewölbes. Eine flüchtige Skizze im Londoner
British Museum (Verz. 310, vergleiche auch eine andere im Be-
sitze des Herrn Wauters in Paris N. 513 A) giebt uns eine all-
gemeine Vorstellung davon, auf welche Weise der Bildhauer sich
mit dieser Zumuthung abzufinden bemüht war. Er gliedert den
Spiegel des Gewölbes kassettenförmig, indem er in dessen Mitte
übereck gestellte Quadrate, je eines zwischen zwei sich gegen-
überliegenden Gewölbezwickeln, und zwischen den Quadraten klei-
nere oblonge Felder (seitwärts Rundfelder, welche diese kleineren
Felder einschliessen) anordnete. Der Rahmen der Quadrate zeigt
vor die Ecken gelegt: kleine runde Medaillons. An den Gewölbe-
zwickeln sind, die Apostel in sich aufnehmend, Throne zu
sehen, deren hoher oberer Theil, mit Viktorien, welche das Gesims
tragen, und Seitenvoluten geschmückt, auf den Gewölbespiegel
übergreift.
Als Gehülfen, der in der Freskotechnik erfahren ist, hat Michel-
angelo Francesco Granacci aus Florenz kommen lassen. Am 10. Mai
beginnt Piero di Jacopo Roselli, der das Gerüst angefertigt hat,
die Herrichtung der Decke, mit der er am 27. Juli fertig wird. In-
zwischen aber hat der Meister es vom Papste erreicht, dass jener
„ärmliche“ Entwurf aufgegeben und der von ihm ersonnene andere
grosse, figurenreiche, der auch die Bemalung der Stichkappen und
Lünetten in sich schliesst, angenommen wird. Granacci holt Giu-
liano Bugiardini, Jacopo Jndaco, Agnolo Donnino und Bastiano da
San Gallo, zu denen dann noch Jacopo di Sandro sich gesellt, als
Mitarbeiter aus Florenz. Da sie sich aber nicht als dienlich er-
weisen , werden sie bald wieder heimgesandt. Im Herbst beginnt
Michelangelo, nun allein seinen eigenen Kräften vertrauend, die
Malerei an der Thürwand. Im Verlaufe von nicht ganz zwei Jahren
wird der erste Theil der Arbeit: die Bemalung der Decke und der
Gewölbezwickel vollendet. Und zwar ist die eine Hälfte der Decke
von Noahs Verhöhnung bis zu Evas Erschaffung Ende 1509 ab-
geschlossen und vom Papste, nach Abbrechen des Gerüstes, besichtigt
worden. Die zweite Hälfte, von der Erschaffung Evas bis zur Altar-
wand, ward von Ende 1509 bis August 15IO ausgeführt.
Infolge Geldmangels, dem Michelangelo durch zweimalige Be-
suche beim Papste in Bologna (Ende September und Dezember)
abzuhelfen suchte, tritt eine Pause in der Malerei bis zum
August 1511 ein. Er beschäftigt sich nur mit den Kartons für die
 
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