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Tilker, Andreas
Tanikama: Dämonologie und Exorzismus in Sri Lanka — 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.8392#0048
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Die Familie spielt bei der Diagnose und der Behandlungsauswahl eine
wichtige Rolle. In der Familie werden die möglichen Krankheitsursachen
des Patienten diskutiert, und sie stellt meist den Kontakt zu den Hei-
lern her.

Der Sastra Kariya wird von den Angehörigen des Patien-
ten und nicht von ihm selbst aufgesucht, um die Diagnose zu stellen.
Die Anwesenheit des Patienten ist also nicht unbedingt erforderlich,
da die Spezialisten mit der Familie die Umstände und Symptome der
Krankheit besprechen, wobei ihnen die "Zeichen" (Betelblätter,
Horoskop, Zeit und Ort des Auftretens der Krankheit etc.) dem Schlüs-
sel zur Diagnose geben und nicht das Befinden des Patienten.

Für ein großes Dämonenritual muß die Familie und oft die weitere Ver-
wandtschaft Übereinstimmung darüber erzielen, daß die Gesamtsituation
ein solches Ritual erforderlich macht, damit das nötige Geld aufge-
bracht wird (WAXLER 1977: 243).

Innerhalb des singhalesischen Behandlungssystems bietet eine Dämonenze-
remonie die Möglichkeit, die Verbindungen des Patienten und seiner
Familie mit dem sozialen Umfeld aufzuzeigen. Dies besonders dadurch,
daß Dämonenzeremonien öffentliche Haushaltsrituale sind, zu denen
Freunde, Nachbarn, Verwandte und jeder, der will, kommen kann, und
somit den Patienten und seinen Haushalt in den Mittelpunkt der allge-
meinen Aufmerksamkeit stellen und ein Milieu schaffen, in dem problema-
tische soziale Beziehungen zum Ausdruck gebracht und teilweise gelöst
werden können bzw. der Lösungswille zum Ausdruck gebracht wird.
Dämonenzeremonien bieten die Gelegenheit, den sozialen Status zur
Schau zu stellen, wodurch Beziehungen ausgedrückt und legitimiert wer-
den können, z.B. durch Beteiligung an den Kosten, Hilfe bei der
Herstellung der Ritualgegenstände und den rituellen Handlungen, An-
bieten eines Sitzplatzes und Einladung zum Essen ins Haus während des
Rituals.

Dä'monenzeremonien üben ihre Anziehungskraft u.a. dadurch aus, weil in
ihnen die mannigfaltigen persönlichen, sozialen und kosmischen Krank-
heitsaspekte in ihren privaten und öffentlichen Beziehungen und Aspek-
ten ausgedrückt werden.
 
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