DAS LEBEN DES KÜNSTLERS
Wilhelm Lehmbruck wurde am 4. Januar 1881 in
Meiderich bei Duisburg geboren. Er war das vierte
von acht Kindern eines Bergmanns, dessen Vorfahren als
Bauern in Gahlen an der Lippe gelebt hatten. Sein Drang
nach bildnerischem Formen erwachte früh. Schon als
Junge liebte Wilhelm Lehmbruck die Arbeit mit dem
Schnitzmesser und die Übersetzung zeichnerischer Vor-
lagen in plastische Formen. Die erste Ausbildung erhielt
Lehmbruck auf der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf,
die er von Ostern 1895 bis 1899 besuchte. Gleichzeitig ar-
beitete er für Metallwarenfabriken und andere gewerb-
liche Unternehmen, um sich seinen Lebensunterhalt zu
verdienen. Nach dem Tode des Vaters (1899) war Lehm-
bruck vorübergehend als Gehilfe Düsseldorfer Bildhauer
tätig. 1901 trat er in die Akademie von Düsseldorf ein.
Dort blieb er bis 1908, zuletzt als Meisterschüler von
Karl Janssen. Fleiß, technisches Können und Anpassungs-
fähigkeit brachten dem jungen Akademiker bald offizielle
Erfolge. Die ungewöhnlich lange Lehrzeit wurde 1905
durch eine Italienreise, 1908 durch eine Fahrt nach Paris
unterbrochen. Aber mehr als Italien, das er als Bildungs-
reisender besuchte, zog das zeitgenössische Paris den jun-
gen ehrgeizigen Bildhauer an. Er stellte dort 1907 zum
erstenmal im Grand Palais aus und wurde noch im selben
Jahr Mitglied der „Societe Nationale des Beaux-Arts“.
1910 siedelte Lehmbruck mit seiner kleinen Familie ganz
nach Paris über. Erst der Ausbruch des Weltkrieges trieb
ihn 1914 nach Deutschland zurück. Während der Pariser
Jahre hat Lehmbruck nicht nur seine persönliche Aus-
drucksweise gefunden, sondern auch die meisten seiner
Hauptwerke geschaffen: als erstes 1910 die große weib-
liche Figur der „Stehenden“, ein Jahr später die
„Kniende“, 1913 den „Emporsteigenden Jüngling“ und
1913/14 die „Sinnende“. In Paris begann ebenfalls Lehm-
brucks graphisches Werk, vornehmlich Radierungen mit
der kalten Nadel. Die glückliche Schaffensphase der letz-
ten Vorkriegszeit wurde 1912 durch eine zweite Reise
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Wilhelm Lehmbruck wurde am 4. Januar 1881 in
Meiderich bei Duisburg geboren. Er war das vierte
von acht Kindern eines Bergmanns, dessen Vorfahren als
Bauern in Gahlen an der Lippe gelebt hatten. Sein Drang
nach bildnerischem Formen erwachte früh. Schon als
Junge liebte Wilhelm Lehmbruck die Arbeit mit dem
Schnitzmesser und die Übersetzung zeichnerischer Vor-
lagen in plastische Formen. Die erste Ausbildung erhielt
Lehmbruck auf der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf,
die er von Ostern 1895 bis 1899 besuchte. Gleichzeitig ar-
beitete er für Metallwarenfabriken und andere gewerb-
liche Unternehmen, um sich seinen Lebensunterhalt zu
verdienen. Nach dem Tode des Vaters (1899) war Lehm-
bruck vorübergehend als Gehilfe Düsseldorfer Bildhauer
tätig. 1901 trat er in die Akademie von Düsseldorf ein.
Dort blieb er bis 1908, zuletzt als Meisterschüler von
Karl Janssen. Fleiß, technisches Können und Anpassungs-
fähigkeit brachten dem jungen Akademiker bald offizielle
Erfolge. Die ungewöhnlich lange Lehrzeit wurde 1905
durch eine Italienreise, 1908 durch eine Fahrt nach Paris
unterbrochen. Aber mehr als Italien, das er als Bildungs-
reisender besuchte, zog das zeitgenössische Paris den jun-
gen ehrgeizigen Bildhauer an. Er stellte dort 1907 zum
erstenmal im Grand Palais aus und wurde noch im selben
Jahr Mitglied der „Societe Nationale des Beaux-Arts“.
1910 siedelte Lehmbruck mit seiner kleinen Familie ganz
nach Paris über. Erst der Ausbruch des Weltkrieges trieb
ihn 1914 nach Deutschland zurück. Während der Pariser
Jahre hat Lehmbruck nicht nur seine persönliche Aus-
drucksweise gefunden, sondern auch die meisten seiner
Hauptwerke geschaffen: als erstes 1910 die große weib-
liche Figur der „Stehenden“, ein Jahr später die
„Kniende“, 1913 den „Emporsteigenden Jüngling“ und
1913/14 die „Sinnende“. In Paris begann ebenfalls Lehm-
brucks graphisches Werk, vornehmlich Radierungen mit
der kalten Nadel. Die glückliche Schaffensphase der letz-
ten Vorkriegszeit wurde 1912 durch eine zweite Reise
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