Gefühlssprache und nachahmende Sprache. 201
bination, des Verfalles und der Verstümmlung, allmählich mehr und
mehr ihre ursprüngliche Gestalt verlieren. Um ein einziges Bei-
spiel zu nennen, kann das französische huer ,,jauchzen“ (walisisch
ein vollkommnes Nachahmungs verbum sein; doch wenn es
in das moderne englische Jiue and cry (Geschrei und Aufgebot zur
Verfolgung eines Verbrechers) übergeht, so zerstört die veränderte
Aussprache der Vokale alle Nachahmung. Für die Sprachbildner
kam dies Alles wenig in Betracht. Sie bedurften nur anerkannter
Wörter, um anerkannte Gedanken auszudrücken, und gelangten
ohne Zweifel durch wiederholte Versuche zu Systemen, welche sich
als zu diesem Zwecke tauglich erwiesen. Den modernen Philologen
aber, welcher das Problem zu verstehen und die Bahn der Wörter
auf ursprüngliche NachahmungsWörter zu verfolgen strebt, setzen
diese Schwierigkeiten in grosse Verlegenheit. Es können nicht nur
Tausende von Wörtern, welche wirklich von solchen Nachahmungen
abgeleitet sind, in den zahlreichen Umwandlungen, welche einander
folgten, alle sicheren Spuren ihrer Geschichte verloren haben; dieser
blosse Mangel der Kenntlichkeit ist noch das geringere Uebel. Weit
schlimmer ist der Umstand, dass der Weg einer unbeschränkten
Zahl falscher Lösungen offen liegt, welche uns äusserlich als ebenso
wahr erscheinen wie andere, welche wir historisch als wahr kennen.
Eines ist klar, dass es nutzlos ist zu gewaltsamen Mitteln seine
Zuflucht zu nehmen, sich in die Menge der Wörter hineinzustürzen
und sie rechts und links so wegzuerklären, als sei jedes aus irgend
einer entlegenen Anwendung eines nachahmenden Geräusches ge-
bildet. Der Anhänger der Nachahmungstheorie, welcher dies ver-
sucht, und sich auf seine eigene Urtheilskraft verlässt, hat an eine
schwierige Aufgabe Hand angelegt, denn von allen Richtern über
die Frage hat er sich selbst zum allerschlechtesten herangebildet
und erzogen. Seine Einbildung sagt ihm immer, was sein Urtheil
als wahr erkennen soll; wie ein Zeuge, der auf die Fragen seines
Advokaten antwortet, antwortet auch er in gutem Glauben, wie
weit aber unparteiisch, wissen wir Alle. So ging es mit De Blosses,
dem dieser Zweig der Philologie so viel verdankt. Es genügt
nicht, dass er ein scharfes Ohr für die Stimme der Natur hatte;
sie muss positiv in der Sprache des Alphabets zu ihm gesprochen
haben, denn er konnte den Klang der Hohlheit in dem sk von
uxd/rrto „graben“, den der Härte in dem cal von caUosite „Schwiele“,
den der Einfügung eines Körpers zwischen zwei andere in dem tr
von trans, intra hören. Bei Untersuchungen, welche so geeignet
bination, des Verfalles und der Verstümmlung, allmählich mehr und
mehr ihre ursprüngliche Gestalt verlieren. Um ein einziges Bei-
spiel zu nennen, kann das französische huer ,,jauchzen“ (walisisch
ein vollkommnes Nachahmungs verbum sein; doch wenn es
in das moderne englische Jiue and cry (Geschrei und Aufgebot zur
Verfolgung eines Verbrechers) übergeht, so zerstört die veränderte
Aussprache der Vokale alle Nachahmung. Für die Sprachbildner
kam dies Alles wenig in Betracht. Sie bedurften nur anerkannter
Wörter, um anerkannte Gedanken auszudrücken, und gelangten
ohne Zweifel durch wiederholte Versuche zu Systemen, welche sich
als zu diesem Zwecke tauglich erwiesen. Den modernen Philologen
aber, welcher das Problem zu verstehen und die Bahn der Wörter
auf ursprüngliche NachahmungsWörter zu verfolgen strebt, setzen
diese Schwierigkeiten in grosse Verlegenheit. Es können nicht nur
Tausende von Wörtern, welche wirklich von solchen Nachahmungen
abgeleitet sind, in den zahlreichen Umwandlungen, welche einander
folgten, alle sicheren Spuren ihrer Geschichte verloren haben; dieser
blosse Mangel der Kenntlichkeit ist noch das geringere Uebel. Weit
schlimmer ist der Umstand, dass der Weg einer unbeschränkten
Zahl falscher Lösungen offen liegt, welche uns äusserlich als ebenso
wahr erscheinen wie andere, welche wir historisch als wahr kennen.
Eines ist klar, dass es nutzlos ist zu gewaltsamen Mitteln seine
Zuflucht zu nehmen, sich in die Menge der Wörter hineinzustürzen
und sie rechts und links so wegzuerklären, als sei jedes aus irgend
einer entlegenen Anwendung eines nachahmenden Geräusches ge-
bildet. Der Anhänger der Nachahmungstheorie, welcher dies ver-
sucht, und sich auf seine eigene Urtheilskraft verlässt, hat an eine
schwierige Aufgabe Hand angelegt, denn von allen Richtern über
die Frage hat er sich selbst zum allerschlechtesten herangebildet
und erzogen. Seine Einbildung sagt ihm immer, was sein Urtheil
als wahr erkennen soll; wie ein Zeuge, der auf die Fragen seines
Advokaten antwortet, antwortet auch er in gutem Glauben, wie
weit aber unparteiisch, wissen wir Alle. So ging es mit De Blosses,
dem dieser Zweig der Philologie so viel verdankt. Es genügt
nicht, dass er ein scharfes Ohr für die Stimme der Natur hatte;
sie muss positiv in der Sprache des Alphabets zu ihm gesprochen
haben, denn er konnte den Klang der Hohlheit in dem sk von
uxd/rrto „graben“, den der Härte in dem cal von caUosite „Schwiele“,
den der Einfügung eines Körpers zwischen zwei andere in dem tr
von trans, intra hören. Bei Untersuchungen, welche so geeignet