Neuntes Kapitel.
Mythologie.
Fortsetzung.
Naturmythen, ihr Ursprung, Richtschnur für die Auslegung, Erhaltung des ursprüng
liehen Sinnes und der bedeutsamen Namen. ■— Naturmythen höherer wilder Rassen im
Vergleich mit verwandten Formen bei barbarischen und civilisirten Nationen. — Himmel
und Erde als Eltern des Alls. — Sonne und Mond: Finsterniss und Sonnenuntergang
als ein Heros oder eine Jungfrau, die von einem Ungethüm verschlungen wird; Auf-
steigen der Sonne aus dem Meer und Hinabsteigen zur Unterwelt; Rachen der Nacht
und des Todes, die Symplegaden; Auge des Himmels, Auge Odins und der Graien. —
Sonne und Mond als mythische Civilisatoren. — Der Mond, die Unbeständigkeit seiner
Gestalt, sein periodischer Tod und Wiedergeburt. — Sterne und ihre Generation. —
Sternbilder und ihre Bedeutung in der Mythologie und Astronomie. — Wind und
Sturm. — Donner. — Erdbeben.
Nachdem wir die allgemeinen Principien der Mythenentwick-
lung erkannt haben, können wir uns jetzt zu einer Betrachtung
der Klasse der Naturmythen wenden, und zwar vornehmlich zu
solchen, welche ihre früheste Quelle und reinste Bedeutung bei
den niedreren Rassen der Menschheit zu haben scheinen.
Wenn die Wissenschaft die Natur durchforscht, spricht sie von
den Thatsachen und deren Gesetzen in einer technischen Sprache,
welche für alle Eingeweihten klar und scharf ist, dem Ohr der Bar-
baren, der Bauern oder der Kinder aber wie ein mystischer Jargon
klingt. Und gerade für das Verständniss dieser einfachen unge-
schulten Menschen wird die Sprache der poetischen Sage gesprochen,
wenigstens soweit sie wahre Poesie und nicht eine künstliche ge-
suchte Nachahmung derselben ist. Der Dichter betrachtet dieselbe
natürliche Welt wie der Gelehrte, aber in seiner so ganz ver-
schiedenen Kunst strebt er, schwierige Gedanken dadurch, dass er
sie sichtbar und fassbar macht, leicht erscheinen zu lassen, vor-
nehmlich indem er das Wesen und die Bewegung der Welt auf
Mythologie.
Fortsetzung.
Naturmythen, ihr Ursprung, Richtschnur für die Auslegung, Erhaltung des ursprüng
liehen Sinnes und der bedeutsamen Namen. ■— Naturmythen höherer wilder Rassen im
Vergleich mit verwandten Formen bei barbarischen und civilisirten Nationen. — Himmel
und Erde als Eltern des Alls. — Sonne und Mond: Finsterniss und Sonnenuntergang
als ein Heros oder eine Jungfrau, die von einem Ungethüm verschlungen wird; Auf-
steigen der Sonne aus dem Meer und Hinabsteigen zur Unterwelt; Rachen der Nacht
und des Todes, die Symplegaden; Auge des Himmels, Auge Odins und der Graien. —
Sonne und Mond als mythische Civilisatoren. — Der Mond, die Unbeständigkeit seiner
Gestalt, sein periodischer Tod und Wiedergeburt. — Sterne und ihre Generation. —
Sternbilder und ihre Bedeutung in der Mythologie und Astronomie. — Wind und
Sturm. — Donner. — Erdbeben.
Nachdem wir die allgemeinen Principien der Mythenentwick-
lung erkannt haben, können wir uns jetzt zu einer Betrachtung
der Klasse der Naturmythen wenden, und zwar vornehmlich zu
solchen, welche ihre früheste Quelle und reinste Bedeutung bei
den niedreren Rassen der Menschheit zu haben scheinen.
Wenn die Wissenschaft die Natur durchforscht, spricht sie von
den Thatsachen und deren Gesetzen in einer technischen Sprache,
welche für alle Eingeweihten klar und scharf ist, dem Ohr der Bar-
baren, der Bauern oder der Kinder aber wie ein mystischer Jargon
klingt. Und gerade für das Verständniss dieser einfachen unge-
schulten Menschen wird die Sprache der poetischen Sage gesprochen,
wenigstens soweit sie wahre Poesie und nicht eine künstliche ge-
suchte Nachahmung derselben ist. Der Dichter betrachtet dieselbe
natürliche Welt wie der Gelehrte, aber in seiner so ganz ver-
schiedenen Kunst strebt er, schwierige Gedanken dadurch, dass er
sie sichtbar und fassbar macht, leicht erscheinen zu lassen, vor-
nehmlich indem er das Wesen und die Bewegung der Welt auf