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Animismus.

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dass die Eingeborenen, wenn sie einen wilden Bienenstock aus-
nehmen, in der Regel ein Bischen Honig für Buddai zurücklassen;
dass bei gewissen alle zwei Jahre stattfindenden Versammlungen
der Stämme von Queensland junge Mädchen geopfert werden, um
eine böse Gottheit auszusöhnen; und dass schliesslich, nach der
Aussage des Rev. W. Ridley, „er, so oft er mit den Einwohnern
verkehrte, fand, dass sie bestimmte Traditionen von übernatürlichen
Wesen hatten, von Baiame, dessen Stimme sie im Donner hören, und
der alle Dinge gemacht hat, von Turramullum, dem Dämonenführer,
welcher der Urheber der Krankheiten, des Unglücks und der Weisheit
ist und in Gestalt einer Schlange bei ihren grossen Versammlungen
erscheint u. s. w.“1). Aus dem übereinstimmenden Zeugnisse einer
grossen Zahl von Beobachtern wissen wir jetzt, dass die Einge-
bornen von Australien schon zur Zeit der Entdeckung von einem
höchst lebhaften Glauben an Seelen, Dämonen und Gottheiten er-
füllt gewesen und es immer geblieben sind. Kaum weniger über-
raschend ist Moffats Behauptung rücksichtlich der Betschuanen —
dass man „von Unsterblichkeit des Menschen bei diesem Volke nie
sprechen höre“, nachdem er in dem vorhergehenden Satze bemerkt
hat, das Wort für die Schatten oder Manen der Todten sei „liriti“2).
In Südamerika ferner erklärt Don Felix de Azara die Behauptung
der Geistlichen, dass die eingeborenen Stämme eine Religion hätten,
für durchaus falsch. Er behauptet einfach, sie hätten keine; trotz-
dem erzählt er im Laufe seines Werkes Thatsachen, wie dass die
Payaguas mit ihren Todten Waffen und Kleider vergraben und
einige Vorstellungen von einem künftigen Leben haben, und dass
die Guanas an ein Wesen glauben, das die Guten belohnt und
die Bösen bestraft. Gewiss rechtfertigt die Unvorsichtigkeit, mit
der dieser Autor den niederem Rassen dieser Gegend alle Religion
und Gesetze abspricht, D’Orbigny’s scharfe Kritik: „Dies sagt er
in der That von allen Völkern, die er beschreibt, während er durch
die Thatsachen, auf die er seine Behauptungen stützt, gerade das
Gegentheil beweist“3).

*) J. D. Zang, ,, Queensland “, pp. 340, 374, 380, 388, 444. (Buddai erscheint
p. 379 als Urheber einer Ueberschwemmung; er ist wahrscheinlich identisch mit
Budyah.
2) Moffat, „South Africa“, p. 261.
8) Azara, ,,Voy. dans l’Amerique Meridionale“, vol. II. pp. 3, 14, 25, 51, 60,
91, 119, etc.; Z'Orbigny, „L’Homme Americain“, vo\. II. p. 318.
 
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