Zeitgemässe Politik
», Unsere Weltanschauungen sind verschieden, meine
H erren, und unsere Ziele auch — aber wir könnten uns wenigstens über einen gemeinsamen Weg einigen!“
■ Die Ovation
Von An ton Kuh
Der Mensch soll demütig vor dem Herrn stehen. Die
Hybris erfährt immer ihre Züchtigung.
Der folgende Ausschnitt aus meiner Selbstbiographie
diene als Exempel:
Wir sassen in der nächtlichen Künstlerkneipe, fünf
markante Gesichter; neben mir Albert Steinrück.
Ein Herr am Nebentisch, blass und angetrunken, liess
kein Auge von ihm, fasste sich endlich ein Herz, kam mit
dem gefüllten Kelchglas herüber und begrüsste den „be-
rühmten Gestalter“.
Wir musterten den Fremden; ein seltsamer Mann:
Gemisch aus Weltreisendem und Weinreisendem; halb
Offizier in Zivil, halb Künstler. Er sprach eine Sprache,
die einem Finnen gehören konnte, einem Ungarn oder
einem Lappländer (wir einigten uns auf „Schwede“),
und presste dabei die Vokale aus verengter Nasenhöhle,
als müsse er immer gegen den ansteigenden Alkoholdampf
blasen.
Weiss Gott, wie’s dazu kam: plötzlich war ein Disput
über Mussolini im Gang, einer pro, einer contra. Der
Fremdling redete sich heiss. Da hielt es mich nicht länger
■— man hatte mich so lange schweigend zuhören lassen! —
ich ergriff das Wort, warf pfeilgeschwind und ohne mich
unterbrechen zu lassen den angesammelten Mundvorrat
hin, jauchzte in glühenden Argumenten — ich glaube, ein
paar Kellner applaudierten am Ende.
Der Schwede war still geworden, sah mich wie das
achte Weltwunder an. Dann rückte er näher zu nur,
schüttelte den Kopf und sprach:
„Na hören Sie . .. phantastisch . . . ich sitze ahnungs-
los da . . . sehe Herrn Steinrück . . . wir sprechen über
Politik... ein Mann beginnt zu reden... ich seh’ ihn
an... der Mann interessiert mich... ich höre... (er
ergriff sein Glas, ich instinktiv das meine) ich staune —
lausche!... und ich muss Ihnen — wie ist Ihr Name?
Kühen? Kuk? Kuh... Herr Kuhn, ich muss Ihnen
sagen: Jedes Wort aus Ihrem Mund“ (er steht mit er-
hobenem Glas auf, was kann man da machen? Ich
erhebe mich ebenfalls vom Sessel, ein bescheidener Tri-
umphator, verlegen, bei falls wehrend), „jedes Wort, das
Sie uns geschenkt haben, Herr Kuk ... jedes Wort war—-
jäher — jedes Wort war .. (ledernder Ausbruch)
Unsinn!!... Reiner Unsinn!!!“
■... Die Abrechnung
Von Roda Roda
Es möge niemand aufschreien, den ich nicht gehauen
habe — insbesondere tue die Filmbranche nun nicht ge-
kränkt — ich bezichtige sie keineswegs der Unehrlichkeit.
Wo bliebe auch der Glaube an das gute Prinzip im
Menschen, finge man an, schon gar die Filmverleiher zu
verdächtigen?
Kurz und gut: Ich hatte im Film „Liebesweben.“ mit-
gespielt, und zum Dank, als Honorar, sollte ich aus den
Umsätzen fünf Prozent erhalten.
Nach einiger Zeit schickt man mir die Abrechnung:
Deutschland, Amerika, Frankreich . . . usw.; die Türkei,
die Schweiz, Südsiawien . . usw.; Hellas, Chile, Hon-
duras; nicht einmal Oesterreich war vergessen.
Begegnet mir Frau Dehnecke, lächelt mich kapriziös
an und sagt:
„Sie Böser! Ich winke Ihnen freundlich zu — und
Sie kucken nicht einmal her.“
Das — mir — wo ich Frau Dehnecke glühheiss um-
werbe. Ich weise die Anklage entrüstet von mir.
Da zeigt sich, dass Frau Dehnecke Possen mit mir
treibt. Sie hat mich gar nicht leibhaft gesehen — nur
meinem Flimmerbild im „Liebesweben“ hat sie zu-
gewinkt . . .
„Wo denn, Gnädigste?“
„Auf Reisen,“ meint sie leichthin, „in Alexandrien.“
Zu Hause Blick in die Abrechnung: Aegypten
kommt nicht vor. — Brief an die Filmgesellschaft:
„Warum habt Ihr Aegypten nicht verrechnet?“ — Ant
wort der Filmleute: „Entschuldigen Sie das Versehen;
anbei Scheck für Aegypten.“
„Allergnädigste,“ sage ich zu Frau Dehnecke, als ich
ihr wieder begegne, „ich verdanke Ihrem Scherz sound-
soviel Mark ..."
Sie darauf: „. . . . Und denken Sie sich: es war ein
Irrtum. Ich war dort gar nicht im Kino; sondern in Da-
maskus war ich im Kino.“
Brief an die Filmleute — wie oben; Scheck über Erlös
in Syrien.
Treffen auf der Strasse:
„Süsseste, schönste Frau — Sie haben mir abermals
Geld verschafft . .
„Ach, Lieber, wo wir doch nun besser bekannt mit-
einander sind, muss ich’s Ihnen gestehen: Ich hatte ein
wenig aufgeschnitten; bin über die Adria gar nicht hin-
ausgekommen; und auf der Leinwand begrüsst habe ich
Sie in Rimini.“
Rimini? — Geharnischter Mahnbrief an die Film-
gesellen; zerknirschte Antwort; Scheck hinsichtlich Ita-
liens.
. . . Dies Spiel konnte lange so fortgehen und sehr
lukrativ für mich werden. — Leider hat mir die herrliche
Frau heut unter Tränen anvertraut, dass sie sich dieses
Jahr gar nicht aus Berlin gerührt hat.
Aus ausländischen Blättern
D i e Verhei rat et en
Eine „Sittlichkeits-Union“ in der strengen Bretagne
schreibt eine Portiersteile für verheiratete Leute aus.
Ein junger Mann und eine junge Frau melden sich.
Die Präsidentin: „Haben Sie einen ähnlichen Posten
schon mal bekleidet?“
„Nein.“
„Sind Sie aber firm in allen einschlägigen Arbeiten?*4
„Das schon!“
„Zeigen Sie Ihre Papiere . . . Erlauben Sie mal: der
Mann heisst Durand, die l-rau heisst Dupont? Stimmt
das? Wie ist das möglich? Sind Sie verheiratet?“
„Ja.“
Dann können Sie doch nicht verschiedene Namen
haben.“
„Wir sind verheiratet . , . Jeder von uns . . . Bloss
nicht untereinander . . .“
Die Präsidentin: „Ha!“ (fällt in Ohnmacht).
„Fraufrou(%
Abreise
„Drei Jahre sudwir verheiratet, jetzt fährst du zum
erstenmal ohne mich!“
„Sctiatzl, ich kann dich doch nicht bis nach Haiti mit-
nehmen . . . Es ist eine Geschäftsreise ... In zwei
Monaten bin ich zurück.“
„Pass nur gut auf, dass du kein gelbes Fieber kriegst!’4
„Schatzl, ich werde mich schon in acht nehmen.“
„Und dann noch eins ..."
„Na?“
SS
„Schatzl, sprich doch!“
„Liebling, vergiss nicht, der Arzt hat dir schwarzes
Flei-ch verboten . . „El Sogar (Buenos Aires)
Für die Redaktion verantwortlich- Dr. Hermann Sinsheimer, Berlin. Einsendungen an den „TTlk“ sind ausschliesslich an die Redaktion, Berlin SW 100 zu richten- Rück
Sendungen erfolgen nur, wenn ein frankierter und adressierter Briefumschlag beiliegt Druck und y erlag von Rudolf Messe in Berlin, ’ ’
», Unsere Weltanschauungen sind verschieden, meine
H erren, und unsere Ziele auch — aber wir könnten uns wenigstens über einen gemeinsamen Weg einigen!“
■ Die Ovation
Von An ton Kuh
Der Mensch soll demütig vor dem Herrn stehen. Die
Hybris erfährt immer ihre Züchtigung.
Der folgende Ausschnitt aus meiner Selbstbiographie
diene als Exempel:
Wir sassen in der nächtlichen Künstlerkneipe, fünf
markante Gesichter; neben mir Albert Steinrück.
Ein Herr am Nebentisch, blass und angetrunken, liess
kein Auge von ihm, fasste sich endlich ein Herz, kam mit
dem gefüllten Kelchglas herüber und begrüsste den „be-
rühmten Gestalter“.
Wir musterten den Fremden; ein seltsamer Mann:
Gemisch aus Weltreisendem und Weinreisendem; halb
Offizier in Zivil, halb Künstler. Er sprach eine Sprache,
die einem Finnen gehören konnte, einem Ungarn oder
einem Lappländer (wir einigten uns auf „Schwede“),
und presste dabei die Vokale aus verengter Nasenhöhle,
als müsse er immer gegen den ansteigenden Alkoholdampf
blasen.
Weiss Gott, wie’s dazu kam: plötzlich war ein Disput
über Mussolini im Gang, einer pro, einer contra. Der
Fremdling redete sich heiss. Da hielt es mich nicht länger
■— man hatte mich so lange schweigend zuhören lassen! —
ich ergriff das Wort, warf pfeilgeschwind und ohne mich
unterbrechen zu lassen den angesammelten Mundvorrat
hin, jauchzte in glühenden Argumenten — ich glaube, ein
paar Kellner applaudierten am Ende.
Der Schwede war still geworden, sah mich wie das
achte Weltwunder an. Dann rückte er näher zu nur,
schüttelte den Kopf und sprach:
„Na hören Sie . .. phantastisch . . . ich sitze ahnungs-
los da . . . sehe Herrn Steinrück . . . wir sprechen über
Politik... ein Mann beginnt zu reden... ich seh’ ihn
an... der Mann interessiert mich... ich höre... (er
ergriff sein Glas, ich instinktiv das meine) ich staune —
lausche!... und ich muss Ihnen — wie ist Ihr Name?
Kühen? Kuk? Kuh... Herr Kuhn, ich muss Ihnen
sagen: Jedes Wort aus Ihrem Mund“ (er steht mit er-
hobenem Glas auf, was kann man da machen? Ich
erhebe mich ebenfalls vom Sessel, ein bescheidener Tri-
umphator, verlegen, bei falls wehrend), „jedes Wort, das
Sie uns geschenkt haben, Herr Kuk ... jedes Wort war—-
jäher — jedes Wort war .. (ledernder Ausbruch)
Unsinn!!... Reiner Unsinn!!!“
■... Die Abrechnung
Von Roda Roda
Es möge niemand aufschreien, den ich nicht gehauen
habe — insbesondere tue die Filmbranche nun nicht ge-
kränkt — ich bezichtige sie keineswegs der Unehrlichkeit.
Wo bliebe auch der Glaube an das gute Prinzip im
Menschen, finge man an, schon gar die Filmverleiher zu
verdächtigen?
Kurz und gut: Ich hatte im Film „Liebesweben.“ mit-
gespielt, und zum Dank, als Honorar, sollte ich aus den
Umsätzen fünf Prozent erhalten.
Nach einiger Zeit schickt man mir die Abrechnung:
Deutschland, Amerika, Frankreich . . . usw.; die Türkei,
die Schweiz, Südsiawien . . usw.; Hellas, Chile, Hon-
duras; nicht einmal Oesterreich war vergessen.
Begegnet mir Frau Dehnecke, lächelt mich kapriziös
an und sagt:
„Sie Böser! Ich winke Ihnen freundlich zu — und
Sie kucken nicht einmal her.“
Das — mir — wo ich Frau Dehnecke glühheiss um-
werbe. Ich weise die Anklage entrüstet von mir.
Da zeigt sich, dass Frau Dehnecke Possen mit mir
treibt. Sie hat mich gar nicht leibhaft gesehen — nur
meinem Flimmerbild im „Liebesweben“ hat sie zu-
gewinkt . . .
„Wo denn, Gnädigste?“
„Auf Reisen,“ meint sie leichthin, „in Alexandrien.“
Zu Hause Blick in die Abrechnung: Aegypten
kommt nicht vor. — Brief an die Filmgesellschaft:
„Warum habt Ihr Aegypten nicht verrechnet?“ — Ant
wort der Filmleute: „Entschuldigen Sie das Versehen;
anbei Scheck für Aegypten.“
„Allergnädigste,“ sage ich zu Frau Dehnecke, als ich
ihr wieder begegne, „ich verdanke Ihrem Scherz sound-
soviel Mark ..."
Sie darauf: „. . . . Und denken Sie sich: es war ein
Irrtum. Ich war dort gar nicht im Kino; sondern in Da-
maskus war ich im Kino.“
Brief an die Filmleute — wie oben; Scheck über Erlös
in Syrien.
Treffen auf der Strasse:
„Süsseste, schönste Frau — Sie haben mir abermals
Geld verschafft . .
„Ach, Lieber, wo wir doch nun besser bekannt mit-
einander sind, muss ich’s Ihnen gestehen: Ich hatte ein
wenig aufgeschnitten; bin über die Adria gar nicht hin-
ausgekommen; und auf der Leinwand begrüsst habe ich
Sie in Rimini.“
Rimini? — Geharnischter Mahnbrief an die Film-
gesellen; zerknirschte Antwort; Scheck hinsichtlich Ita-
liens.
. . . Dies Spiel konnte lange so fortgehen und sehr
lukrativ für mich werden. — Leider hat mir die herrliche
Frau heut unter Tränen anvertraut, dass sie sich dieses
Jahr gar nicht aus Berlin gerührt hat.
Aus ausländischen Blättern
D i e Verhei rat et en
Eine „Sittlichkeits-Union“ in der strengen Bretagne
schreibt eine Portiersteile für verheiratete Leute aus.
Ein junger Mann und eine junge Frau melden sich.
Die Präsidentin: „Haben Sie einen ähnlichen Posten
schon mal bekleidet?“
„Nein.“
„Sind Sie aber firm in allen einschlägigen Arbeiten?*4
„Das schon!“
„Zeigen Sie Ihre Papiere . . . Erlauben Sie mal: der
Mann heisst Durand, die l-rau heisst Dupont? Stimmt
das? Wie ist das möglich? Sind Sie verheiratet?“
„Ja.“
Dann können Sie doch nicht verschiedene Namen
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„Wir sind verheiratet . , . Jeder von uns . . . Bloss
nicht untereinander . . .“
Die Präsidentin: „Ha!“ (fällt in Ohnmacht).
„Fraufrou(%
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„Drei Jahre sudwir verheiratet, jetzt fährst du zum
erstenmal ohne mich!“
„Sctiatzl, ich kann dich doch nicht bis nach Haiti mit-
nehmen . . . Es ist eine Geschäftsreise ... In zwei
Monaten bin ich zurück.“
„Pass nur gut auf, dass du kein gelbes Fieber kriegst!’4
„Schatzl, ich werde mich schon in acht nehmen.“
„Und dann noch eins ..."
„Na?“
SS
„Schatzl, sprich doch!“
„Liebling, vergiss nicht, der Arzt hat dir schwarzes
Flei-ch verboten . . „El Sogar (Buenos Aires)
Für die Redaktion verantwortlich- Dr. Hermann Sinsheimer, Berlin. Einsendungen an den „TTlk“ sind ausschliesslich an die Redaktion, Berlin SW 100 zu richten- Rück
Sendungen erfolgen nur, wenn ein frankierter und adressierter Briefumschlag beiliegt Druck und y erlag von Rudolf Messe in Berlin, ’ ’