„Nie wieder Liebe?"
Den Langkopf hasst, wer rundbekopft,
Der Minchner hasst den Preissen,
Der Saalschutz den S.A.-Mann klopft,
Der Nigger hasst die Weissen.
Der Kuli hasst Maschinenkraft
Und Schönberg hasst den Ländler;
Der Mime die Genossenschaft,
Der Käufer Zwischenhändler.
Und dennoch, die Geschichte lehrt:
Der Hass sich gegen Hasser kehrt.
Hass bringt nichts in den Magen,
Was Rassenhass und Rachedurst:
Geht’s um das Geld und um die
Wurst,
Wird man sich schon vertragen!
Den Vatikan hasst der Faschist,
Der Rowdy hasst den Ordner,
Das Eisbein hasst, wer Rohkost isst.
Liebt Albers denn den Kortner?
Der Wallace liebt nicht den Karl May ;
Wer Roquefort mag, hasst Chester;
Wer gabelsbergt, hasst Stolze-Schrey;
Den Tonfilm das Orchester.
Und dennoch, die Geschichte lehrt:
Oft hat sich Hass in Lieb verkehrt,
Ging’s allen an den Kragen.
Was Hassgesänge, überlaut,
Berührt der Hass die eigne Haut,
Wird man steh schon vertragen!
Manch Nazi schwört der K. P. D.
Jetzt Treue bis zum Tode;
Nach Chequers, London, Havelsee
Ward englisch wieder Mode!
Verstand siegt über Streit und Zank.
Nur Liebe kann uns nützen.
(Jetzt half sogar die Deutsche Bank
Die Danatbank mit stützen!)
Doch was auch die Geschichte lehrt:
Drei Gruppen wurden nie bekehrt,
Und man muss leider sagen:
Gilt’s Erbschaft, Grenzen und
Rayons —
Verwandte, Nachbarn, Compagnons
Werden sich nie vertragen!!
Karl Schnog
Windstärke 9
Die selige Queen Victoria besichtigte einmal
ihre Seekadetten. Gerade als sie die Front ab-
schritt, passierte ihr etwas Menschliches. Da aber
Königinnen, besonders wenn sie Parade ab-
nehmen, gemeinhin sich für höhere Wesen
haken, so war ihr die unfreiwillige Aeusserung
ihres inneren Zustandes sichtlich peinlich.
Ein Seekadett, der schon einmal etwas davon
gehört hatte, dass sich ein zukünftiger Offizier
auch gegebenenfalls für seine Landesfürstin
opfern müsse, trat daher vor die Front und sagte:
»,Verzeihung, Majestät, das war ich.“
Ein Jahr später besichtigte die Queen einen
ihrer Panzerkreuzer, die sich ja auch heute noch
in höheren Kreisen einer grossen Beliebtheit er-
freuen. Sie traf dort den jungen Mann wieder,
der ihr damals aus der Verlegenheit geholfen
hatte, trat auf ihn zu und sagte:
„Nun, wie geht es Ihnen, Herr Kapitän?“
Der junge Mann antwortete:
„Verzeihung, Majestät, ich bin Fähnrich.“
„Nein“, sagte die Queen, „Sie sind Kapitän,
(*<-nn wer sich bei einem kleinen Wind schon so
f dstesgegenwärtig benimmt, der wird auch ein
Svhiff im Sturm führen können.“
Diese kleine Anekdote machte ihre Runde
idtzch sämtliche Offizierkasinos der Welt. Ganz
zuletzt kam sie aücü zu einem mederEayer'scüeri
Infanterieregiment.
„Aha“, sagte sich Hauptmann Huber, „dös
muss i mir merken, so macht man Karriere.*
Als einige Zeit später Prinzregent Luitpold
das Regiment besichtigte und die Front abschritt,
war die grosse Stunde des Hauptmanns Huber
gekommen. Nun, Sie werden schon erraten, was
dem alten Prinzregenten in diesem Moment
passierte. Hauptmann Huber trat vor die Front,
salutierte und rief, dass es weithin über den
Exerzierplatz schallte:
„Verzeihung, kgl. Hoheit, dös war’n Sie !“
Caritas
Der Lehrer fragt in der Schule, was Wohl-
tätigkeit ist. Meldet sich der kleine Max und sagt:
„Ich ging gestern mit meinem Vater spa-
zieren, da kam eine arme alte Frau, mein Vater
gab ihr 10 Pfennige.“
„Schön“, sagte der Lehrer, „es ist gut Max,
das ist Wohltätigkeit.“
Meldet sich der kleine Franz:
„Herr Lehrer, ich weiss auch, was Wohl-
tätigkeit ist. Gestern kam ein Bettler an unsere
Tür, der grossen Hunger hatte, meine Mutter
gab ihm einen Teller Suppe.“
„Gut“, sagte der Lehrer, „auch das ist
Wohltätigkeit.“
Hebt Moritz den Finger.
„Na, Moritz, kannst du mir auch ein Beispiel
für Wohltätigkeit anführen?“
„Jawohl, Herr Lehrer“, sagte Moritz. „Es
lag einmal ein Sperling auf der Landstrasse, der
war sehr krank und konnte sich kaum mehr
rühren. Da kam eine Kuh, und die Kuh setzte
etwas auf die Strasse, was eben eine Kuh auf
die Strasse zu setzen pflegt, und genau auf die
Stelle, auf der der Sperling sass. Der Sperling
befreite sich mühsam aus dem Segen, der von
oEen gefallen war, un3 nachdem ihm 3ies ge-
lungen war, hüpfte er frisch und munter herum
und sang ein Liedchen. In dem Moment kam ein
grosser Raubvogel, stürzte sich auf unseren
Sperling herab und frass ihn auf.“
„Ja, Moritz“, sagte er Lehrer, „das ist ja
sehr schön, was du da erzählst, aber was hat das
mit Wohltätigkeit zu tun?“
„Eigentlich nur indirekt, Herr Lehrer. Es
ist aber doch wieder einmal ein schöner Beweis
dafür, dass, wer aus dem Dreck rauskommt,
nicht zu früh jubilieren soll.“
Das Freibillett
Den alten Baron, den ersten Direktor des „Winter-
gartens“, bat ein Artist um eine Freikarte.
„Freikarten geben wir prinzipiell nicht!“
„Ich bin seit Monaten engagementslos und habe
wirklich kein Geld . . .“
Da langte Baron in seine Westentasche: „Hier
haben Sie eine Mark, kaufen Sie sich ein Billett!“
Der Artist akzeptierte strahlend die Mark:
„Tausend Dank, Herr Direktor. Aber wenn ich
schon zahlen muss, jeh ick lieber in’s Apollo. Da
sind die Programme besser. N’Abendl“
Valutenanmeldung
Vor einem Schalter der Reichsbank, wo die
Valutenbesitzer ihre Valutenbestände laut Gesetz an-
zumelden haben, erschien neulich ein uralter Herr,
legte drei Hotelmünzen hin und sagte: „Hier haben
Sie alles, was ich an fremdem Geld besitze!“
Der Kassierer beguckte die Münzen von vorn und
von hinten, schüttelte ratlos den Kopf und fragte
schliesslich: „Was ist denn das für eigenartiges Geld?
Das kenne ich ja gar nicht!“
„Dann sind Sie ein trauriger Valutenkassierer!"
sagte böse der uralte Herr, wenn Sie nicht einmal
die römischen Denare aus der Zeit des Caligula
kennen!** Salpeter
lllllli;illllll!!!lllllll!lllllllllliilllllli!llll!llllllll!llllllllllllllllll!llll!lllinnillll!lillllllllllllllllinilll!llllllllllllllllllllllllllllllillll!lllll!llllinilllllllllllll
Das deutsch-nationale Einheitsgesicht
„Prost, es lebe die Volksentgleisung!"
niniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiuiiiiiifiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin
Herrliche Zeiten gesichert!
Reichswirtschaftsminister Dr. Vogler zerhaut gordischen Knoten
Dortmund, 6. August.
Im Rahmen eines allgemeinen Presse-Empfanges erläuterte der neuernannte Reichs-
wirtschaftsminister Dr. Vogler die von ihm mit sofortiger Wirkung getroffenen Massnahmen
zur Behebung der deutschen Nöte. Es bedarf keiner weiteren Versicherung, dass diese Mass-
nahmen mit einem Schlag die Unsicherheit der letzten Monate beenden und eine Aera eröffnen,
die man getrost als den Beginn herrlicher Zeiten bezeichnen darf. Es handelt sich um folgende
Punkte:
1. Sofortige Verständigung mit Frankreich durch Abbruch der diplomatischen
Beziehungen;
2. Hebung der Konsumfähigkeit durch subventionierte Stillegung der ohnehin un-
rentablen Betriebe;
3. Wiederherstellung verfassungsmässiger Zustände, Uebernahme der Regierung
durch den Langnam-Verein;
4. Liquidierung der Arbeitslosigkeit mit Hilfe der Aufhebung der Sozial-
versicherung;
5. Unabhängigkeit vom fremden Geldmarkt durch Ansammlung deutscher Kapi-
talien in Holland und der Schweiz;
6. Drosselung der Einfuhr vermittels Stärkung der allgemeinen Bedürfnislosigkeit;
7. Einberufung des Reichstags zwecks Auflösung des Reichstags, Auflösung des
preussischen Landtags zwecks Einberufung;
8. Allgemeine Senkung des Lohnniveaus durch Preisstützung, inneres Moratorium
durch Einkommensstreichung.
Wie wir in letzter Stunde erfahren, hat Herr Dr. Vogler die Uebernahme des neuen
Amtes wegen Ueb Erarbeitung abgelehnt. Damit dürfte der Fortbestand unmöglicher Ver-
hältnisse bis auf weiteres gesichert erscheinen.
Reportage
Anlässlich der Rückkehr des „Grafen
Zeppelin“ von der Nordpolfahrt, veranstal-
tete der Berliner Sender des Rundfunks bei
der Landung des Luftschiffs eine Reportage
vom Tempelhofer Feld. Da die Uebertra-
gung durch akustische Störungen (böse Zun-
gen hielten die Nebengeräusche für das Ge-
lächter der Umstehenden ...) beeinträchtigt
wurde, geben wir hier eine Wiederholung der
Fragen, wie sie von unserem auf den Lan-
dungsplatz entsandten Sonderberichterstatter
Nanu mitstenographiert wurden:
„... Ich höre, Sie kommen soeben vom
Nordpol, Herr Dr. Eckener — Ist es Ihre
erste Reise in das Polargebiet oder haben Sie
früher schon mal eine Nordlandreise ge-
macht? ... Wenn ja — Sahen Sie die Mit-
ternachtssonne und haben Sie die Landung
auf dem Eise benutzt, um Eisbären zu
schiessen und für den Eisbrecher „Malygin*
Ansichtskarten zu schreiben?... War’s kalt
und hatten Sie als Ballast genügend Packeis
an Bord?... Haben Sie Walfischjäger in
ihrer Nationaltracht, dem Eskimono, ge-
sehen?. . *. Und da es sich ja um eine Gesell-
schaftsreise handelte-Herr Doktor, was
taten Sie zur Unterhaltung Ihrer Passagiere?
Man hat mir erzählt, dass es da oben im
Norden niemals ganz dunkel wird — Die
Abende an Bord sind also besonders lang und
trotz des Anblicks typischer Eskimo-Sied-
lungen in ihrem schmucken Grün sicherlich
etwas monoton ... Erzählen Sie uns doch
von den Bordspielen, die veranstaltet wurden!
Wahrscheinlich wurde viel gepokert und um
steife Grogs geknobelt... Ich selbst habe
auch einmal solche Vergnügungsfahrt nach
Norden unternommen, an die Nordsee!
Allerdings bei hohem Wellengang... A
propos Wellengang: Die langen und die kur-
zen Wellen machten ja auch Ihnen zu schaf-
fen, Herr Doktor — Vielleicht erzählt uns
Ihr Funkoffizier etwas von den akustischen
Störungen auf der Fahrt-—“
„Hier, meine Damen und Herren, ist
der erste Funkoffizier des „Grafen Zeppe-
lin“! Es wird Sie als Radiohörer zweifellos
interessieren, einige meiner Fragen von ihm
selbst beantwortet zu bekommen... 24 Stun-
den waren wir ohne Nachricht und über das
Schicksal des Luftschiffes im Unklaren! Aus
dem Gebiet des ewigen Schweigens
dringen keine funkentelegraphischen Nach-
richten zu uns, weshalb diese Zone ihren
Namen ja mit Recht trägt-“
„Und hier, meine verehrten Radiohörer,
kommt Professor Samojlowitsch selbst. Er
gilt neben Vandevelde als der beste Kenner
der Fortpflanzungstheorie, und wie ich höre
galt seine Teilnahme an der Fahrt der Frage:
In welchem Verhältnis steht die Grösse der
Arktis zur Bevölkerungsdichte der Eskimos?
Das wissenschaftliche Ergebnis dieser Rund-
frage liegt bereits vor — Das Manuskript
wurde von Professor Samojlowitsch mit
einem Penkala-Füllbleistift geschrieben!...“
Hier brach die denkwürdige Reportage
ab — nicht etwa, weil der Rundfunkreporter
Reklame für eine Reklame machte, sondern
weil er sich versehentlich in der Bleistift-
Marke geirrt hatte.
Fremder Humor
Der Ausgleich
Der Reverend: „GlaubenSie mir, Mrs. Thompson,
es gibt eine ausgleichende Gerechtigkeit.“
Mrs. Thompson: „Wieso? Herr Pastor — ich
war nie mehr fröhlich, seit mich mein Mann ver-
lassen hat.“
Der Reverend: „Aber er, Mrs. Thompson!“
„Sydney Bulletin.“
Lili
Der sechsjährige Tom geht vom Spiel im Garten
einen Augenblick beiseite, um einem kleinen Bedürfnis
abzuhelfen.
Die fünfjährige Lili, die keinen Bruder hat, sieht
ihn am Baum. Sie sagt, erstaunt und beneidend:
„Wie praktisch!“ „Parisiana.“
Der Unterschied
Jack: „Ich liebe und werde geliebt.“
Jim: „Mensch, warum bist du dann so traurig?*’
Jack: „Es ist nicht ein und dieselbe!“
„Boston Transcript.“
Eben deshalb
Das Zeitstück eines jüngeren Schriftstellers wird
gespielt. Es behandelt die letzte Wirtschaftskrisis i»
Amerika und kennzeichnet sie durch ausführliche
Reden in einem imaginären Senat sowie durch lang-
wierigen Einschub von Zeitungsartikeln. Man hört*
wie den Zuschauern die Haare wachsen.
Ein Herr im Parkett bricht auf und muss an dein
Autor vorbei.
Der Autor (leise): „Warum gehen Sie — mein
Stück ist noch nicht zu Ende.“
Per Herr; „Eben deshalb.“ „Gens aui rienl,‘>
Den Langkopf hasst, wer rundbekopft,
Der Minchner hasst den Preissen,
Der Saalschutz den S.A.-Mann klopft,
Der Nigger hasst die Weissen.
Der Kuli hasst Maschinenkraft
Und Schönberg hasst den Ländler;
Der Mime die Genossenschaft,
Der Käufer Zwischenhändler.
Und dennoch, die Geschichte lehrt:
Der Hass sich gegen Hasser kehrt.
Hass bringt nichts in den Magen,
Was Rassenhass und Rachedurst:
Geht’s um das Geld und um die
Wurst,
Wird man sich schon vertragen!
Den Vatikan hasst der Faschist,
Der Rowdy hasst den Ordner,
Das Eisbein hasst, wer Rohkost isst.
Liebt Albers denn den Kortner?
Der Wallace liebt nicht den Karl May ;
Wer Roquefort mag, hasst Chester;
Wer gabelsbergt, hasst Stolze-Schrey;
Den Tonfilm das Orchester.
Und dennoch, die Geschichte lehrt:
Oft hat sich Hass in Lieb verkehrt,
Ging’s allen an den Kragen.
Was Hassgesänge, überlaut,
Berührt der Hass die eigne Haut,
Wird man steh schon vertragen!
Manch Nazi schwört der K. P. D.
Jetzt Treue bis zum Tode;
Nach Chequers, London, Havelsee
Ward englisch wieder Mode!
Verstand siegt über Streit und Zank.
Nur Liebe kann uns nützen.
(Jetzt half sogar die Deutsche Bank
Die Danatbank mit stützen!)
Doch was auch die Geschichte lehrt:
Drei Gruppen wurden nie bekehrt,
Und man muss leider sagen:
Gilt’s Erbschaft, Grenzen und
Rayons —
Verwandte, Nachbarn, Compagnons
Werden sich nie vertragen!!
Karl Schnog
Windstärke 9
Die selige Queen Victoria besichtigte einmal
ihre Seekadetten. Gerade als sie die Front ab-
schritt, passierte ihr etwas Menschliches. Da aber
Königinnen, besonders wenn sie Parade ab-
nehmen, gemeinhin sich für höhere Wesen
haken, so war ihr die unfreiwillige Aeusserung
ihres inneren Zustandes sichtlich peinlich.
Ein Seekadett, der schon einmal etwas davon
gehört hatte, dass sich ein zukünftiger Offizier
auch gegebenenfalls für seine Landesfürstin
opfern müsse, trat daher vor die Front und sagte:
»,Verzeihung, Majestät, das war ich.“
Ein Jahr später besichtigte die Queen einen
ihrer Panzerkreuzer, die sich ja auch heute noch
in höheren Kreisen einer grossen Beliebtheit er-
freuen. Sie traf dort den jungen Mann wieder,
der ihr damals aus der Verlegenheit geholfen
hatte, trat auf ihn zu und sagte:
„Nun, wie geht es Ihnen, Herr Kapitän?“
Der junge Mann antwortete:
„Verzeihung, Majestät, ich bin Fähnrich.“
„Nein“, sagte die Queen, „Sie sind Kapitän,
(*<-nn wer sich bei einem kleinen Wind schon so
f dstesgegenwärtig benimmt, der wird auch ein
Svhiff im Sturm führen können.“
Diese kleine Anekdote machte ihre Runde
idtzch sämtliche Offizierkasinos der Welt. Ganz
zuletzt kam sie aücü zu einem mederEayer'scüeri
Infanterieregiment.
„Aha“, sagte sich Hauptmann Huber, „dös
muss i mir merken, so macht man Karriere.*
Als einige Zeit später Prinzregent Luitpold
das Regiment besichtigte und die Front abschritt,
war die grosse Stunde des Hauptmanns Huber
gekommen. Nun, Sie werden schon erraten, was
dem alten Prinzregenten in diesem Moment
passierte. Hauptmann Huber trat vor die Front,
salutierte und rief, dass es weithin über den
Exerzierplatz schallte:
„Verzeihung, kgl. Hoheit, dös war’n Sie !“
Caritas
Der Lehrer fragt in der Schule, was Wohl-
tätigkeit ist. Meldet sich der kleine Max und sagt:
„Ich ging gestern mit meinem Vater spa-
zieren, da kam eine arme alte Frau, mein Vater
gab ihr 10 Pfennige.“
„Schön“, sagte der Lehrer, „es ist gut Max,
das ist Wohltätigkeit.“
Meldet sich der kleine Franz:
„Herr Lehrer, ich weiss auch, was Wohl-
tätigkeit ist. Gestern kam ein Bettler an unsere
Tür, der grossen Hunger hatte, meine Mutter
gab ihm einen Teller Suppe.“
„Gut“, sagte der Lehrer, „auch das ist
Wohltätigkeit.“
Hebt Moritz den Finger.
„Na, Moritz, kannst du mir auch ein Beispiel
für Wohltätigkeit anführen?“
„Jawohl, Herr Lehrer“, sagte Moritz. „Es
lag einmal ein Sperling auf der Landstrasse, der
war sehr krank und konnte sich kaum mehr
rühren. Da kam eine Kuh, und die Kuh setzte
etwas auf die Strasse, was eben eine Kuh auf
die Strasse zu setzen pflegt, und genau auf die
Stelle, auf der der Sperling sass. Der Sperling
befreite sich mühsam aus dem Segen, der von
oEen gefallen war, un3 nachdem ihm 3ies ge-
lungen war, hüpfte er frisch und munter herum
und sang ein Liedchen. In dem Moment kam ein
grosser Raubvogel, stürzte sich auf unseren
Sperling herab und frass ihn auf.“
„Ja, Moritz“, sagte er Lehrer, „das ist ja
sehr schön, was du da erzählst, aber was hat das
mit Wohltätigkeit zu tun?“
„Eigentlich nur indirekt, Herr Lehrer. Es
ist aber doch wieder einmal ein schöner Beweis
dafür, dass, wer aus dem Dreck rauskommt,
nicht zu früh jubilieren soll.“
Das Freibillett
Den alten Baron, den ersten Direktor des „Winter-
gartens“, bat ein Artist um eine Freikarte.
„Freikarten geben wir prinzipiell nicht!“
„Ich bin seit Monaten engagementslos und habe
wirklich kein Geld . . .“
Da langte Baron in seine Westentasche: „Hier
haben Sie eine Mark, kaufen Sie sich ein Billett!“
Der Artist akzeptierte strahlend die Mark:
„Tausend Dank, Herr Direktor. Aber wenn ich
schon zahlen muss, jeh ick lieber in’s Apollo. Da
sind die Programme besser. N’Abendl“
Valutenanmeldung
Vor einem Schalter der Reichsbank, wo die
Valutenbesitzer ihre Valutenbestände laut Gesetz an-
zumelden haben, erschien neulich ein uralter Herr,
legte drei Hotelmünzen hin und sagte: „Hier haben
Sie alles, was ich an fremdem Geld besitze!“
Der Kassierer beguckte die Münzen von vorn und
von hinten, schüttelte ratlos den Kopf und fragte
schliesslich: „Was ist denn das für eigenartiges Geld?
Das kenne ich ja gar nicht!“
„Dann sind Sie ein trauriger Valutenkassierer!"
sagte böse der uralte Herr, wenn Sie nicht einmal
die römischen Denare aus der Zeit des Caligula
kennen!** Salpeter
lllllli;illllll!!!lllllll!lllllllllliilllllli!llll!llllllll!llllllllllllllllll!llll!lllinnillll!lillllllllllllllllinilll!llllllllllllllllllllllllllllllillll!lllll!llllinilllllllllllll
Das deutsch-nationale Einheitsgesicht
„Prost, es lebe die Volksentgleisung!"
niniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiuiiiiiifiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin
Herrliche Zeiten gesichert!
Reichswirtschaftsminister Dr. Vogler zerhaut gordischen Knoten
Dortmund, 6. August.
Im Rahmen eines allgemeinen Presse-Empfanges erläuterte der neuernannte Reichs-
wirtschaftsminister Dr. Vogler die von ihm mit sofortiger Wirkung getroffenen Massnahmen
zur Behebung der deutschen Nöte. Es bedarf keiner weiteren Versicherung, dass diese Mass-
nahmen mit einem Schlag die Unsicherheit der letzten Monate beenden und eine Aera eröffnen,
die man getrost als den Beginn herrlicher Zeiten bezeichnen darf. Es handelt sich um folgende
Punkte:
1. Sofortige Verständigung mit Frankreich durch Abbruch der diplomatischen
Beziehungen;
2. Hebung der Konsumfähigkeit durch subventionierte Stillegung der ohnehin un-
rentablen Betriebe;
3. Wiederherstellung verfassungsmässiger Zustände, Uebernahme der Regierung
durch den Langnam-Verein;
4. Liquidierung der Arbeitslosigkeit mit Hilfe der Aufhebung der Sozial-
versicherung;
5. Unabhängigkeit vom fremden Geldmarkt durch Ansammlung deutscher Kapi-
talien in Holland und der Schweiz;
6. Drosselung der Einfuhr vermittels Stärkung der allgemeinen Bedürfnislosigkeit;
7. Einberufung des Reichstags zwecks Auflösung des Reichstags, Auflösung des
preussischen Landtags zwecks Einberufung;
8. Allgemeine Senkung des Lohnniveaus durch Preisstützung, inneres Moratorium
durch Einkommensstreichung.
Wie wir in letzter Stunde erfahren, hat Herr Dr. Vogler die Uebernahme des neuen
Amtes wegen Ueb Erarbeitung abgelehnt. Damit dürfte der Fortbestand unmöglicher Ver-
hältnisse bis auf weiteres gesichert erscheinen.
Reportage
Anlässlich der Rückkehr des „Grafen
Zeppelin“ von der Nordpolfahrt, veranstal-
tete der Berliner Sender des Rundfunks bei
der Landung des Luftschiffs eine Reportage
vom Tempelhofer Feld. Da die Uebertra-
gung durch akustische Störungen (böse Zun-
gen hielten die Nebengeräusche für das Ge-
lächter der Umstehenden ...) beeinträchtigt
wurde, geben wir hier eine Wiederholung der
Fragen, wie sie von unserem auf den Lan-
dungsplatz entsandten Sonderberichterstatter
Nanu mitstenographiert wurden:
„... Ich höre, Sie kommen soeben vom
Nordpol, Herr Dr. Eckener — Ist es Ihre
erste Reise in das Polargebiet oder haben Sie
früher schon mal eine Nordlandreise ge-
macht? ... Wenn ja — Sahen Sie die Mit-
ternachtssonne und haben Sie die Landung
auf dem Eise benutzt, um Eisbären zu
schiessen und für den Eisbrecher „Malygin*
Ansichtskarten zu schreiben?... War’s kalt
und hatten Sie als Ballast genügend Packeis
an Bord?... Haben Sie Walfischjäger in
ihrer Nationaltracht, dem Eskimono, ge-
sehen?. . *. Und da es sich ja um eine Gesell-
schaftsreise handelte-Herr Doktor, was
taten Sie zur Unterhaltung Ihrer Passagiere?
Man hat mir erzählt, dass es da oben im
Norden niemals ganz dunkel wird — Die
Abende an Bord sind also besonders lang und
trotz des Anblicks typischer Eskimo-Sied-
lungen in ihrem schmucken Grün sicherlich
etwas monoton ... Erzählen Sie uns doch
von den Bordspielen, die veranstaltet wurden!
Wahrscheinlich wurde viel gepokert und um
steife Grogs geknobelt... Ich selbst habe
auch einmal solche Vergnügungsfahrt nach
Norden unternommen, an die Nordsee!
Allerdings bei hohem Wellengang... A
propos Wellengang: Die langen und die kur-
zen Wellen machten ja auch Ihnen zu schaf-
fen, Herr Doktor — Vielleicht erzählt uns
Ihr Funkoffizier etwas von den akustischen
Störungen auf der Fahrt-—“
„Hier, meine Damen und Herren, ist
der erste Funkoffizier des „Grafen Zeppe-
lin“! Es wird Sie als Radiohörer zweifellos
interessieren, einige meiner Fragen von ihm
selbst beantwortet zu bekommen... 24 Stun-
den waren wir ohne Nachricht und über das
Schicksal des Luftschiffes im Unklaren! Aus
dem Gebiet des ewigen Schweigens
dringen keine funkentelegraphischen Nach-
richten zu uns, weshalb diese Zone ihren
Namen ja mit Recht trägt-“
„Und hier, meine verehrten Radiohörer,
kommt Professor Samojlowitsch selbst. Er
gilt neben Vandevelde als der beste Kenner
der Fortpflanzungstheorie, und wie ich höre
galt seine Teilnahme an der Fahrt der Frage:
In welchem Verhältnis steht die Grösse der
Arktis zur Bevölkerungsdichte der Eskimos?
Das wissenschaftliche Ergebnis dieser Rund-
frage liegt bereits vor — Das Manuskript
wurde von Professor Samojlowitsch mit
einem Penkala-Füllbleistift geschrieben!...“
Hier brach die denkwürdige Reportage
ab — nicht etwa, weil der Rundfunkreporter
Reklame für eine Reklame machte, sondern
weil er sich versehentlich in der Bleistift-
Marke geirrt hatte.
Fremder Humor
Der Ausgleich
Der Reverend: „GlaubenSie mir, Mrs. Thompson,
es gibt eine ausgleichende Gerechtigkeit.“
Mrs. Thompson: „Wieso? Herr Pastor — ich
war nie mehr fröhlich, seit mich mein Mann ver-
lassen hat.“
Der Reverend: „Aber er, Mrs. Thompson!“
„Sydney Bulletin.“
Lili
Der sechsjährige Tom geht vom Spiel im Garten
einen Augenblick beiseite, um einem kleinen Bedürfnis
abzuhelfen.
Die fünfjährige Lili, die keinen Bruder hat, sieht
ihn am Baum. Sie sagt, erstaunt und beneidend:
„Wie praktisch!“ „Parisiana.“
Der Unterschied
Jack: „Ich liebe und werde geliebt.“
Jim: „Mensch, warum bist du dann so traurig?*’
Jack: „Es ist nicht ein und dieselbe!“
„Boston Transcript.“
Eben deshalb
Das Zeitstück eines jüngeren Schriftstellers wird
gespielt. Es behandelt die letzte Wirtschaftskrisis i»
Amerika und kennzeichnet sie durch ausführliche
Reden in einem imaginären Senat sowie durch lang-
wierigen Einschub von Zeitungsartikeln. Man hört*
wie den Zuschauern die Haare wachsen.
Ein Herr im Parkett bricht auf und muss an dein
Autor vorbei.
Der Autor (leise): „Warum gehen Sie — mein
Stück ist noch nicht zu Ende.“
Per Herr; „Eben deshalb.“ „Gens aui rienl,‘>