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Eine Bronzetafel

Sahms Hilferuf

wird ausgebuddelt
^on Flappy Flipp

. Das war mitten im heissen Wüstensand
psiens, als plötzlich die Wünschelrute meines
teundes Sebastian Goo gängig wurde. Mein
Grrier Wilhelm bellte laut vor Freude, Goos
Kanarienvogel brach in ein sieghaftes Zwitschern
Flugs begannen wir zu buddeln. Sechs
Spatenstiche — und wir bissen auf Granit.
+s heisst, es war, wie sich bald herausstellte,
ltlehr Bronze als Granit; auf die Zusammen-
setzung der mit Inschriften besäten alten
’afel näher einzugehen, ist ausserhalb eines
J^ssenschaftlichen Werkes nicht möglich. Goo
bezeichnete ihre Masse als eine Art geologisches
-Anseschmalz. Ihn fesselte natürlich weit mehr
Inschrift. Er zog sofort seine Taschen-
*°garithmen und machte sich ans Entziffern.
’oreilig fragte ich: „Sind wir auf die Spuren
Alexanders gestossen? Oder auf die Kreuz-
fahrer?“ — „Viel antiker“, wehrte Goo.
■Aber unteib.ich mich nicht, sonst stolpere ich
bher die Konsonanten.“ Er brauchte drei
Stunden, um sich auszustolpern. Dann war die
Tafel, ungeachtet einzelner Sprünge und Ver-
bitterungen, glatt dechiffriert. Goo zog trotz-
dem ein enttäuschtes Gesicht. „Siehst du,
Hipp“, sagte er und steckte sich seine wohl-
verdiente Abdul Hamid an, „die waren damals
Senau so dof wie wir. Es handelt sich um eine
^oldatenspielerei, genauer gesagt um einen Gar-
nison- bzw. Regimentsbefehl aus dem alten
babylon. Dass die Menschheit nie aus dem
‘-■ahnen herauskommt!“

„Willst du mir nicht den Inhalt der Platte
Vorlesen?“ bat ich.
Goo verhängte den Kanarienvogel, damit er
l,its nicht durch unnützes Gezwitscher störe, und
begann:
„Wasserwärme im Euphrat: +446 Grad.
Kommandantur.
Punkt 1 : Der Stadtsatrap weist erneut
unter Androhung der Blendung darauf hin,
dass es unzulässig ist, vor dem Heiligtum des
Gottes Belus Frühstückspapyros wegzuwerfen
und die heiligen Krokodile mit Datteltorte
zu füttern.
Punkt 2: Das Pfeil- und Bogenregiment
Nr. 7 hat zu melden, warum der Gefreite
Samsu mit unrasierten Beinen auf Wache ge-
zogen ist.

„Ich wünschte, es wäre Nacht — oder Preussen käme!“


Punkt 3: Wie das Königliche Hof-
marschallamt meldet, hat die Königin Semi-
ramis („Sprung in der Platte!“ unterbrach
sich Goo) letzthin missfällig bemerkt, dass
ihre hängenden Gärten zu nächtlichen Ren-
dezvous benutzt werden. Die jüngeren Offi-
ziere werden unter Hinweis auf die Garnison-
bestimmungen der Stadt Babylon auf die
Ungebührlichkeit solchen Betragens hinge-
wiesen.
Punkt 4: Unter den Giraffen des
I. Mesopotamischen Ulanenregiments .Necho
von Aegypten' ist die Maul- und Klauen-
seuche ausgebrochen.“ —
„Die Sorgen hätt’ ich haben mögen!“
„Lies weiter, Sebastian.“
„Jetzt kommt ein Regimentsbefehl“, Goo
gähnte.
„Punkt 1: Morgen findet Feld- und Ab-
kochübung im Regiment statt. Die Gross-
kapitäne sind 6 Uhr vormittags an der Sonnen-
uhr vom Turm“ — dem bekannten 4 urm von
Babel, kalkuliere ich — „eingetroffen. Zwei
handfeste Nashornhalter melden sich 6,40
beim Oberkommandierenden vorm .Schwarzen
Walfisch zu Askalon' — Lieblich, was?
Punkt 2: Stabskapitän Tutan erhält einen
Erholungsurlaub nach Ninive, um sich massie-
ren zu lassen; derselbe hat sich beim Bauch-
tanz eine Flechse gedehnt.
Punkt 3: Notiz. Demnächst wird Prin-
zessin Salome, die Tochter des mit unserem
Staate engbefreundeten Königs Herodes,
unsere Stadt besuchen. Zur Paradewache
sind gutaussehende Leute mit reiner, weisser
Haut zu befehligen. Dieselben haben sich
vorher gut zu waschen.“ —
Goo gab der Tafel einen Fusstritt. „Also
auch noch leichtfertig! Das ist das zweite, was
ich aus diesen Hieroglyphen herauslese. Es hat
sich auch damals schon manches getan. Wenn
ich mir hier in unserem frauenlosen Zelt den
letzten Punkt so richtig überlege — weisst du,
Flippchen, da komme ich mir wirklich wie der
Heilige Sebastian vor.“
Fünf Minuten später säuselte uns der
Wüstenwind bei unserem Schlummerpunsch in
Morpheus’ Arme.
Dolly weiss
Ich sehe mir mit Dolly den Marokko-Film von
Sternberg an.
Beim Hinausgehen fragt Dolly ergriffen:
„Hat die Marlene was mit Menjou gehabt?“
„Ich glaube nicht. Sie liebt doch den anderen.. .“
„Dann hat sie!“ strahlt Dolly. S. G.


Es freu’n sich königlich die Knaben,
Wenn jemand auf die Nase fällt,

Es kann sich mancher dran erlaben,
Wenn einer das Geschirr zerschellt.

Die Frau freut sich, wenn ihre Taille
Den Neid erregt der Schwägerin,

Der Mensch ist eben ’ne Kanaille,
Nach Schadenfreude steht sein Sinn.


Die Russen sehen die Finanzen
Der andern Mächte gerne klamm,

Und Maxe lächelt, wenn dem Franzen
Der Vater zieht die Hosen stramm.



Herr Kunz sagt zu des Hinzen Pleite:
»Geschieht dem Burschen völlig recht",


Und schliesslich freu’n sich alle Leute,
Dass — diese Verse sind so schlecht.
 
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