DIE ALAMANNEN IM LICHTE VON ARCHÄOLOGIE
UND GESCHICHTE.
Die Geschichte der Alamannen.
Über den Ursprung und die alte Heimat der Alamannen erfahren wir nichts aus unseren
schriftlichen Quellen. Erst im Jahre 213 taucht ihr Name auf, als sie einen Mainübergang ver-
suchten. Kaiser Caracalla warf sie zurück. „Er (Caracalla) besiegte die Alamannen, einen volk-
reichen Stamm, der sich durch seine tüchtige Reiterei auszeichnete“, so lautet die früheste Nach-
richt, welche von ihnen überliefert ist171).
Welche der germanischen Völkerschaften, deren Namen uns Tacitus nennt, verbergen sich
unter dem neuen Stammesnamen? Scharfsinnige Schlüsse unserer Historiker kommen zu folgendem
Ergebnis 172): Es ist nicht daran zu zweifeln, daß die Alamannen suebischen Bluts sind, denn immer
wieder erscheint in älteren wie in jüngeren Quellen der Name Sueben für Alamannen. Ein suebischer
Stamm kommt aber ganz besonders für die Bildung des alamannischen Stammesbundes in Frage,
die Semnonen. Nach Tacitus’ Zeugnis waren sie der mächtigste Stamm der Sueben an Volkszahl
und Ansehen. Aber während wir die anderen größeren Suebenstämme wie Marcomannen, Hermun-
duren, Quaden, Langobarden — die Zugehörigkeit der letzteren zu den Sueben ist zwar umstritten
— auch in den folgenden Jahrhunderten verfolgen können, verschwinden die Semnonen ganz aus
unseren Augen. 179 werden sie zum letztenmal erwähnt, als die Quaden zu ihnen auswandern
wollten 173). Damals saßen sie noch in ihren alten Wohnsitzen, der heutigen Mark Brandenburg.
Kurz darauf müssen sie dieselben aufgegeben haben und man schließt mit Recht, daß sie auf ihrem
Zug südwärts ihren Namen abgelegt und in dem Bund der Alamannen aufgegangen sind, deren Kern
sie bildeten. Denn daran muß festgehalten werden, daß nicht nur die Semnonen allein in den Ala-
mannen fortleben.
Kauffman deutet den neuen Volksnamen als „Männerverband“ (got. alamans). Er sieht in
dem Bunde eine Vereinigung „verschiedener suebischer Völkerschaften Mitteldeutschlands, welche
sich zur planmäßigen Durchführung eines großen kolonisatorischen Unternehmens zusammen-
getan haben“ 174). Dieser Deutung können wir uns anschließen. Ablehnen aber müssen wir die Auf-
fassung Kauffmanns, daß die Chatten bei der Bildung der neuen Volksgemeinschaft eine führende
Rolle gespielt haben.
Wir haben im vorhergehenden nachgewiesen, daß die alamannische Keramik ihre unmittel-
baren Vorbilder hat in der kaiserzeitlichen des mittleren und unteren Elbgebiets. Wenn nun diese
Keramik mit dem Abwandern der Germanen aus diesen Landstrichen verschwindet, aber mit den
Alamannen in Süddeutschland auftaucht, dann ist damit doch der Beweis erbracht, daß die Elb-
germanen und die Alamannen dasselbe Volk sind. Die Elbgermanen aber waren nach unseren schrift-
lichen Zeugnissen Sueben. Anscheinend haben sich auch Teile der suebischen Hermunduren, die
mit ihrer Masse in Thüringen saßen, diesem Südzug angeschlossen. Wir kennen ja die enge Ver-
Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit I. Veeek.
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UND GESCHICHTE.
Die Geschichte der Alamannen.
Über den Ursprung und die alte Heimat der Alamannen erfahren wir nichts aus unseren
schriftlichen Quellen. Erst im Jahre 213 taucht ihr Name auf, als sie einen Mainübergang ver-
suchten. Kaiser Caracalla warf sie zurück. „Er (Caracalla) besiegte die Alamannen, einen volk-
reichen Stamm, der sich durch seine tüchtige Reiterei auszeichnete“, so lautet die früheste Nach-
richt, welche von ihnen überliefert ist171).
Welche der germanischen Völkerschaften, deren Namen uns Tacitus nennt, verbergen sich
unter dem neuen Stammesnamen? Scharfsinnige Schlüsse unserer Historiker kommen zu folgendem
Ergebnis 172): Es ist nicht daran zu zweifeln, daß die Alamannen suebischen Bluts sind, denn immer
wieder erscheint in älteren wie in jüngeren Quellen der Name Sueben für Alamannen. Ein suebischer
Stamm kommt aber ganz besonders für die Bildung des alamannischen Stammesbundes in Frage,
die Semnonen. Nach Tacitus’ Zeugnis waren sie der mächtigste Stamm der Sueben an Volkszahl
und Ansehen. Aber während wir die anderen größeren Suebenstämme wie Marcomannen, Hermun-
duren, Quaden, Langobarden — die Zugehörigkeit der letzteren zu den Sueben ist zwar umstritten
— auch in den folgenden Jahrhunderten verfolgen können, verschwinden die Semnonen ganz aus
unseren Augen. 179 werden sie zum letztenmal erwähnt, als die Quaden zu ihnen auswandern
wollten 173). Damals saßen sie noch in ihren alten Wohnsitzen, der heutigen Mark Brandenburg.
Kurz darauf müssen sie dieselben aufgegeben haben und man schließt mit Recht, daß sie auf ihrem
Zug südwärts ihren Namen abgelegt und in dem Bund der Alamannen aufgegangen sind, deren Kern
sie bildeten. Denn daran muß festgehalten werden, daß nicht nur die Semnonen allein in den Ala-
mannen fortleben.
Kauffman deutet den neuen Volksnamen als „Männerverband“ (got. alamans). Er sieht in
dem Bunde eine Vereinigung „verschiedener suebischer Völkerschaften Mitteldeutschlands, welche
sich zur planmäßigen Durchführung eines großen kolonisatorischen Unternehmens zusammen-
getan haben“ 174). Dieser Deutung können wir uns anschließen. Ablehnen aber müssen wir die Auf-
fassung Kauffmanns, daß die Chatten bei der Bildung der neuen Volksgemeinschaft eine führende
Rolle gespielt haben.
Wir haben im vorhergehenden nachgewiesen, daß die alamannische Keramik ihre unmittel-
baren Vorbilder hat in der kaiserzeitlichen des mittleren und unteren Elbgebiets. Wenn nun diese
Keramik mit dem Abwandern der Germanen aus diesen Landstrichen verschwindet, aber mit den
Alamannen in Süddeutschland auftaucht, dann ist damit doch der Beweis erbracht, daß die Elb-
germanen und die Alamannen dasselbe Volk sind. Die Elbgermanen aber waren nach unseren schrift-
lichen Zeugnissen Sueben. Anscheinend haben sich auch Teile der suebischen Hermunduren, die
mit ihrer Masse in Thüringen saßen, diesem Südzug angeschlossen. Wir kennen ja die enge Ver-
Germ. Denkmäler d. Völkerwanderungszeit I. Veeek.
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