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Vignola
Le Vignole moderne / Der neue Vignola oder Elementar-Buch der Baukunst: Grundsätze der fünf Säulenordnung / Principes des cinq ordres — Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.1709#0050
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ANWEISUNG
ZU DEK SCHATTIRUNG ARCHITEKTONISCHER ZEICHNUNGEN
MIT ÏUSCHE.

JEis giebt zwey Arten, einen architektonischen Rifs zu schattiren; die erste geht von der Vor-
aussetzung aus, dafs die Sonne verdeckt sey; diefs war die Methode, welche die ähern Bau-
künstler befolgten ; die zweite nimmt an, dafs sie sichtbar sey, und 45 Grade hoch über dem
Horizonte stehe, d. h. in der Hohe, in der sie zwischen ß— 9 Uhr im Frühlinge Und Herbste
gesehen wird. Diese Methode, welche von allen neuern Architekten befolgt Wird, hat den Vor-
zug, dafs sie alle hervorspringende Theile in ihrer Wirklichkeit bemerkbar macht. So ist der
Vorsprung des Vorbau’s (Avant-corjis), dergleichen hier die beiden Piedestale a a der ersten Fig-.
Taf-. a bis sind, deutlich auf der Zeichnung zu sehen, vermittelst der Schatten, die sie werfen,
ohne dafs man den Grundrifs nöthig hat. Die beiden Arten von Eilastern b b haben einen un-
gleichen Sprung, der auf der Vertiefung, in der sich die Tafel mit der Inschrift befindet, gröfser
und auf dem Hinterbaue (Arriéré - corps)» oder den Nebenpfeilerri cc kleiner ist. Ist dieser
Grundsatz , dafs nämlich die Schatten nicht breiter seyn dürfen, als der Vorsprung der Körper,
einmal bekannt, so wird seine Anwendung auf alle vorkommende Fälle leicht. Was so eben
von den Körpern gesagt worden ist, die einen senkrechten Schatten Werfen, wie die Vorbaue,
die Säulen , die Pilaster, etc. das gilt ebenfalls von dem Vorsprunge aller Karniefse, Verzierun-
gen und Glieder, welche ihren Schatten wagrccht Werfen ; welches auf der ersten Tafel die punk-
tirten Linien ddddd, und auf der zweiten die mit dem Pinsel angegebenen Schatten zeigen.
(Diefc Zeichnung ist im Sonnenscheine getuscht.) Die punktirten Linien dd ddd, welche die
Entfernung der Schatten bezeichnen, heifsen Projectionslinien der Schatten. Ich habe sie
auf den Zeichnungen einer jeden Tafel dieses Werks angegeben.
Wenn man einen Rifs macht, den man schattiren will, so bestimmt man diese Linien,
iind verzeichnet sie ganz flüchtig mit der Bleyfeder, um sie auszulöschen, wenn die Zeichnung
schattirt ist. Man sehe die zwei Kupfertafeln al, all, die als zwei getuschte Zeichnungen an-
zusehen sind, wo die Schattirung in der Absicht ausgeführt ist» um als Modell für das Schattiren
einer von der Sonne erleuchteten Säulenordnung zu dienen. Die zweite Tafel dieses Werkes,
welche die fünf Säulenordnungen darstellt, ist ausdrücklich schattirt, um für die besondere
Schattirung jeder einzelnen derselben ein Muster abzugeben.
Ich habe die 36 Tafeln dieses Lehrbuchs nicht schattirt, weil das Studium der Archi-
tectur erfordert, dafs man mit Linienumrissen und Profilzeichnüngen den Anfang mache; d. h.
mit Zeichnung der Linien, welche die Flohe oder das Vcrhältnifs der verschiedenen in einer Säu-
lenordnung vorkommenden Glieder bezeichnen , und damit bis zur völligen Bekanntscft der Dé-
tails einer jeden fortfahre *). Dann erst geht man zum Schattiren über. Da dieses den Anfän-
gern nicht sogleich gelingt, da die Zeichnung, wenn sie falsch schattirt ist, bey Seite gelegt
werden mufs, und da eine Zeichnung in blofsen Umrissen, die man in einigen Stunden schatti-
ren kann, oft mehrere Tage erfordert, so haben wir besondere Abdrücke der meisten Kupfer-
tafeln dieses Buchs, auf feines Holländisches Papier, veranstaltet. So kann der Anfänger, dem
ein Versuch zu schattiren miolungen wäre , und der ihn nicht von neuem beginnen wollte, sich
jede Tafel, die ihm beliebt, in blofsen Umrissen gezeichnet, Verschaffen, um sich im Lavis zu
oben : er hat, wenn er eine Zeichnung verpfuscht, nicht seine Zeit, sondern nur einige Groschen
zu bedauern. Die so in blofsen Linien gezeichneten Tafeln, zum Behuf des Tuschirens, wer-
den für 1 thlr. 1-2 gr. das Dutzend verkauft. Die wenigen mit Pünktchen angegebenen Schat-
ten, welche die auf den Kupfern befindlichen Umrisse begleiten, um die Form der Glieder her-
auszuheben, verschwinden unter der Behandlung mit Tusche, oder dem Lavis. Jede der 36 Ta-
feln, ausdrücklich schattirt, um wie Taf. II. als Muster zu dienen, wird einzeln Zu 12 Groschen
verkauft.
Personen, Welche Rxetriplare zu haben wünschten, Wo die Zeichnungen mit Tusche schattirt wären,
können sich solche bey dem Herausgeber verschaffen. Der Preis dieser Exemplare ist 15 Thaler,
 
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